Das Humboldt Forum würde gern überzeugen durch bahnbrechende Ausstellungen oder richtungsweisende Debatten. Doch das 680 Millionen Euro teure Zentrum für Kunst, Kultur und Wissenschaft hinter der historisierenden Schlossfassade kommt nicht raus aus den negativen Schlagzeilen.
Neuer Tiefpunkt für das Forum in Berlins Mitte: Von Großspender Ehrhardt Bödecker wurden antidemokratische Äußerungen bekannt. Nun soll die ihn ehrende Medaille vom teuren Gemäuer verschwinden.
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Geschichte und Aufarbeitung
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Die Familie des 2016 gestorbenen Bödecker bestätigte die Vorwürfe. Er sei bekannt gewesen „als streitbarer Konservativer und Preußen-Enthusiast mit zahlreichen Verdiensten“, schreiben Schwiegertochter Elvira Tasbach und Sohn Andreas Bödecker in einer Stellungnahme an die Stiftung Humboldt Forum. Die durch den Kasseler Professor für Architekturtheorie, Philipp Oswalt, bekannt gewordenen Äußerungen seien ihnen aber bisher unbekannt gewesen.

„Teils sogar rechtsextrem“

In Schriften und Vorträgen seien „Thesen und Formulierungen enthalten, die falsch und teils sogar rechtsextrem sind“, schreibt die Familie. Bödecker habe mitunter in „rechtsextremen Kreisen“ veröffentlicht. „Diese Erkenntnis ist schmerzlich und erfüllt uns mit großer Betroffenheit. Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus lehnen wir beide aus tiefer Überzeugung und mit Entschiedenheit ab“, betonen Elvira Tasbach und Andreas Bödecker.
Gleichzeitig verweisen sie auf Verdienste. „Wir wollen der Stiftung Humboldt Forum nicht zumuten, eine Abwägung zu treffen zwischen der anerkannten Lebensleistung eines Förderers und den von ihm an seinem Lebensabend geäußerten, inakzeptablen Thesen.“ Das Porträt-Medaillon im Foyer solle deswegen abgenommen werden.

Auch andere Spenden sollen geprüft werden

Das Humboldt Forum will nun auch andere Spenden überprüfen. „Aktuell liegen uns keine Anhaltspunkte für vergleichbare Äußerungen von anderen mit Porträtmedaillons gewürdigten Großspender*innen vor“, heißt es in einer Stellungnahme für die Deutsche Presse-Agentur. Im Interesse aller Spenderinnen und Spender „werden wir dem aber intern nachgehen“. Das Medaillon für Bödecker werde „umgehend“ abgenommen - womit auch ein Schreibfehler im Vornamen verschwindet, dort stand Erhardt statt korrekt Ehrhardt.
Das Zentrum konnte nach dem Willen des Bundestages nur entstehen, weil eine private Initiative für die umstrittene Rekonstruktion der Schlossfassade gut 100 Millionen Euro sammelte. Auch die nicht weniger kritisierte Kuppel mit - ursprünglich nicht vorgesehenem - Kreuz ist spendenfinanziert.
Wilhelm von Boddien, auch von der Politik viel gelobter oberster Spendensammler beim „Förderverein Berliner Schloss“, sieht es allerdings nicht als seine Aufgabe, nun andere Spenden zu überprüfen. „Ich bin kein Schnüffler“, sagte der 79-Jährige. Es gelte auch bei Spenden die Unschuldsvermutung. Allerdings habe er nicht alle Angebote angenommen. „Bei ganz offensichtlichen Fällen habe ich Spenden auch abgelehnt.“ www.humboldtforum.org/de