Billy F Gibbons, einer der zwei ZZ-Top-Bärte, hat es wieder getan. Abseits der Delta-Blues-Pfade des Texas-Trios ist der Frontmann erneut solo unterwegs. Auf den ersten Blick mag man dabei vor allem die Unterschiede zum sonstigen Tun suchen. Das Plattencover zumindest ist es nicht. Ein Hot-Rod, wie er schon in Videos der Band aus Houston in den 1980ern aufgetaucht ist. Und auch der Titel „Hardware“ scheint in seiner Schlichtheit durchaus passend zum grundsoliden Rockschaffen des mittlerweile 70-jährigen.

Studio am Wüstenrand

Gräbt man jedoch etwas tiefer machen sich schnell Erkenntnisse breit. So soll „Hardware“ an den vor zwei Jahren verstorbenen Ton-Ingenieur Joe Hardy erinnern. Und das es überhaupt zum Album gekommen ist, sei - natürlich - Corona zuzuschreiben. Nicht etwa inhaltlich, sondern generell. Denn Schlagzeuger Matt Sorum, der auch schon an Gibbons anderen Solo-Projekten mitgearbeitet hatte, entdeckte am Rande des Joshua Tree Nationalparks in Kalifornien ein Tonstudio, in das sich die beiden zusammen mit Gitarristen Austin Banks zurückzogen. Hier, 200 Kilometer von Los Angeles, in der Nähe von Palm Springs, mitten in der Wüste, konnten sie laut und ungestüm Krach machen. Dabei habe sich die Atmosphäre der besonderen Landschaft auf das Tun ausgewirkt, lässt Gibbons verlauten.

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Zumindest ist „Hardware“ ein ziemlich vielschichtiges Album geworden. Deutlich temporeicher als die beiden Vorgänger und nicht mehr ausschließlich Tex-Mex orientiert. Der Bundesstaat, die Wüste, aber auch die naheliegenden Surferstrände, all das findet sich in den zwölf Songs wieder. Bei denen geht es von grundsolidem Rock über die ZZ-Top-bekannten Blues-Variantionen bis hin zum Surfer-Sound. Gibbons & Co sind dabei hörbar bemüht, bekannte Stile ein wenig neu zu interpretieren. Das führt dazu, dass der Hörer sich schnell heimisch fühlt, ohne gelangweilt zu werden. Hat man schonmal gehört, aber eben anders. Das mag manchem nicht besonders innovativ erscheinen, aber die Leute wollen halt Gibbons hören weil er wie Gibbons klingt.

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Apropos: Nicht nur der Frontmann, auch sein Gefolge, der Sound wie zudem die Videos - bei denen man sich auch mal wie in einem Russ Meyer Film vorkommt - beschwören ja gewissermaßen immer irgendwo die gute alte Zeit. Insofern liegt richtig, wer zum Vinyl greift. Denn hier geht ein wenig die Analyse verloren, die das Digitale bietet, verschmelzen die Instrumente noch einen Tick mehr zur Gesamtheit, ohne dass man auf Dynamik und Klarheit verzichten müsste. Ja, selbst der eine oder andere Knackser gehört dahin, wo er ist, um das Erlebnis komplett zu machen. Der Longplayer fängt somit alles ein, Wüste, Meer, Gegenwart, Vergangenheit. Nostalgisch? Ja, warum nicht?

Billy F Gibbons „Hardware“

Universal Music