AfD-Parteichef Jörg Meuthen ist am Freitag, 28. Januar, aus der AfD ausgetreten und hat damit auch seinen Parteivorsitz mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Das bestätigte Meuthen gegenüber WDR, NDR und dem ARD-Hauptstadtstudio.
Meuthen sprach selbst von einer Niederlage im Machtkampf mit dem formal aufgelösten rechtsextremen Flügel der Partei um die Ausrichtung der AfD und verband seinen Austritt mit harter Kritik am Zustand seiner Partei: „Das Herz der Partei schlägt heute sehr weit rechts und es schlägt eigentlich permanent hoch.“ Er sei als Parteichef mit seinem Einsatz für einen anderen Weg gescheitert, sagte Meuthen. Teile der Partei stünden seiner Meinung nach „nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung“, sagte er. „Ich sehe da ganz klar totalitäre Anklänge“. Gerade in der Corona-Politik habe die AfD etwas Sektenartiges entwickelt. Allenfalls als ostdeutsche Regionalpartei sehe er noch eine Zukunft für die AfD.

Bleibt Meuthen Abgeordneter im Europaparlament?

Sein Mandat als Abgeordneter im Europaparlament in der rechtspopulistischen Fraktion „Identität und Demokratie“ will Meuthen behalten. Der 60-jährige wolle sich auch in Zukunft politisch betätigen und sei bereits in Gesprächen. Mit wem er spricht, wollte er auf Anfrage nicht sagen. Dies werde sich in Kürze klären.
Seit Donnerstag steht Meuthen auch politisch unter Druck: Wegen Ermittlungen in seiner Spendenaffäre soll im Europaparlament seine Immunität aufgehoben werden. In einem Interview mit WDR, NDR und dem ARD Hauptstadtstudio dementierte er, dass es einen Zusammenhang zu diesem Verfahren gebe. Seine Entscheidung sei schon vor längerer Zeit gefallen und das Ergebnis eines längeren Prozesses.
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Meuthen stand im Machtkampf mit Chrupalla und Weidel

Bereits im Herbst hatte Meuthen angekündigt, nicht mehr für den Parteivorsitz in der AfD zu kandidieren. Beobachter werteten dies bereits als Niederlage im Machtkampf gegen die Flügelvertreter und seine Widersacher im Parteivorstand, vor allem seinen Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Parteivize Alice Weidel. „Chrupalla, Weidel, Gauland, Höcke, Brandner nicht zu vergessen, die werden sich richtig freuen, dass der Meuthen nun endlich weg ist. Haben sie lange dran gearbeitet“, so Meuthen im Interview. Bezogen auf den Thüringer Landeschef Björn Höcke sehe er ganz klar wiederholte „nationalsozialistische Anleihen“, was jener stets bestritten hat.
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Berlin

AfD steht seit 2019 im Fokus des Verfassungsschutzes

Jörg Meuthen war 2013 in die AfD eingetreten und im Sommer 2015 nach dem Abgang des Parteimitgründers Bernd Lucke Bundessprecher geworden. Zunächst führte er die AfD an der Seite von Frauke Petry, dann mit Alexander Gauland und zuletzt mit Tino Chrupalla. Um sich die Macht zu sichern, hatte Meuthen früher selbst immer wieder mit dem Flügel taktiert. Vor zwei Jahren hatte er jedoch begonnen, sich gegen den vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Flügel und seine Vertreter zu wenden.
Seit 2019 prüft das Bundesamt für Verfassungsschutz, ob es die AfD als Ganzes als Verdachtsfall auf Rechtsextremismus beobachten soll. Im März verhandelt das Verwaltungsgericht Köln dazu mehrere Rechtsstreite zwischen Partei und Inlandsgeheimdienst. Dabei geht es auch um die Frage, ob die Behörde die Partei sowie Teilorganisationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen darf.