Spätestens jetzt kann der Krieg in der Ukraine auch für Europa ernsthaft gefährlich werden. Denn am Freitag, 4.3.22 hat Russland das ukrainische Atomkraftwerk (AKW) Saporischschja angegriffen und anschließend besetzt. Es ist ein Feuer ausgebrochen, radioaktive Strahlung wurde ersten Meldung zufolge nicht freigesetzt. Das AKW Saporischschja ist das größte Kernkraftwerk Europas.
  • Wie viele Atomkraftwerke gibt es in der Ukraine?
  • Wie weit ist Saporischschja von Deutschland entfernt?
  • Und wie reagiert die Nato auf Russlands Attacke?
Wir geben euch einen Überblick.

Wie viele Atomkraftwerke gibt es in der Ukraine?

In der Ukraine stehen 15 Atomreaktoren an vier Standorten. Es gibt AKWs in:
  • Saporischschja (sechs Reaktoren)
  • Chmelnyzkyj (vier Reaktoren)
  • Riwne (vier Reaktoren)
  • Süd-Ukraine (drei Reaktoren)
Allein im AKW Saporischschja wird ein Viertel des Strombedarfs der Ukraine erzeugt. Wie Focus Online berichtet, sind die ukrainischen Kernkraftwerke schon sehr alt. Der älteste noch aktive Reaktor ging 1977 in Betrieb, der jüngste 1986.
1986 kam es auch zur Katastrophe im AKW Tschernobyl, bei der ein Reaktor explodierte. Daraufhin wurde das fünfte ukrainische AKW stillgelegt.

Feuer im AKW Saporischschja: Eine Gefahr für Deutschland?

Weil das Feuer im Atomkraftwerk inzwischen gelöscht und offenbar keine Strahlung freigesetzt wurde, besteht momentan keine unmittelbare Gefahr für Deutschland. Das könnte sich aber theoretisch ändern, zumal nicht alle Informationen aus der Ukraine unabhängig prüfbar sind. Als 1986 der Reaktor in Tschernobyl explodierte, entwich die radioaktive Strahlung durch die Luft teilweise nach Deutschland.
Das AKW Saporischschja ist mehr als 1500 Kilometer Luftlinie von Deutschland entfernt.

Angst vor Atomkrieg – so reagieren die Nato und Deutschland

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat den russischen Angriff auf das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja scharf verurteilt. Das zeige die "Rücksichtslosigkeit" Russlands in dem Krieg, sagte Stoltenberg am Freitag vor dem Sondertreffen der Nato-Außenminister in Brüssel. Er kritisierte auch die Angriffe auf ukrainische Zivilisten. Russland müsse seine Truppen unverzüglich abziehen, forderte Stoltenberg.
US-Außenminister Antony Blinken betonte, die Nato sei eine "Verteidigungsallianz" und suche keinen Konflikt mit Russland. "Wenn es aber zu einem Konflikt kommt, werden wir jeden Zentimeter des Nato-Gebiets verteidigen", sagte er in Brüssel.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im Ukraine-Krieg mit weiteren Sanktionen gedroht. "Über die drei scharfen Sanktionspakete hinaus, die wir bereits beschlossen haben, werden wir weitere Maßnahmen ergreifen, die gezielt in das Machtzentrum Putins treffen", kündigte Baerbock am Freitag vor Beratungen mit ihren Nato- und EU-Kollegen in Brüssel an. Im Gespräch sind nach Brüsseler Angaben Strafmaßnahmen gegen die russische Gas- und Ölindustrie.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock droht Russland mit weiteren Sanktionen.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock droht Russland mit weiteren Sanktionen.
© Foto: John Macdougall/dpa
Baerbock verurteilte zugleich den russischen Angriff auf das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja. Sie rief Putin auf, das internationale Recht zu achten: Die "Regeln gelten für alle, auch für den russischen Präsidenten, und das gilt insbesondere im nuklearen Bereich", betonte sie.

Friedrich Merz schließt Nato-Angriff nicht mehr aus

CDU-Chef Friedrich Merz hält einen Eingriff der Nato in den Ukraine-Krieg für möglich, wenn es gezielte Angriffe auf Atomkraftwerke geben sollte. „Es kann eine Situation geben, in der dann auch die Nato Entscheidungen treffen muss, Putin zu stoppen“, sagte Merz am Freitag dem Radiosender NDR Info. So weit sei es aber nicht, betonte er. Wenn allerdings Atomkraftwerke angegriffen würden, „wenn möglicherweise sogar die Reaktorblöcke getroffen werden sollten, dann sind wir unmittelbar bedroht von den Auswirkungen dieses Krieges“. In diesem Fall müsse die Nato darüber nachdenken, ob das auch ein Angriff auf das eigene Territorium sei.
Er gehe davon aus, dass in Regierungen, EU und Nato über dieses Szenario nachgedacht werde, sagte Merz. „Die Angriffe und die Art und Weise, wie dieser Krieg geführt wird, nehmen Formen an, die zum Nachdenken zwingen.“ Vor diesem Hintergrund halte er auch die Entscheidung für richtig, der Ukraine mit Waffen zu helfen.