- Ende November haben die Ampel-parteien aus SPD, Grüne und FDP das Infektionsschutzgesetz überarbeitet
- Bund und Länder haben am 2. Dezember vereinbart, dass das Gesetz nochmals bearbeitet wird, um strengere Corona-Maßnahmen zu ermöglichen
- Heute hat der Bundestag das Gesetz beschlossen
- Nun muss der Bundesrat dem Antrag zustimmen
- Was ist mit der Änderung möglich in Sachen Gastronomie, Impfpflicht, Kurzarbeitergeld, und Testpflichten?
Der Bundestag hat Änderungen am Infektionsschutzgesetz zugestimmt und erstmals auch eine Corona-Impfpflicht beschlossen. Das Parlament verabschiedete am Freitag mit den Stimmen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sowie der Unterstützung der oppositionellen Union auch eine Ausweitung der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Er wollte am frühen Nachmittag zu einer Sondersitzung zusammenkommen.
Infektionsschutzgesetz neu am 10.12.2021: Gastronomie-Schließung möglich?
Das Robert Koch-Institut (RKI) riet im neuen Wochenbericht trotz des leichten Rückgangs der Neuinfektionen zu stärkeren Anstrengungen gegen die Pandemie. Die hohe Infektionsgefahr bleibe angesichts der großen Fallzahl weiter bestehen, hieß es. „Nur durch eine Intensivierung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen und rasche Erhöhung der Impfraten kann die Situation verbessert werden.“
Das neue Gesetz soll beides (wieder) ermöglichen. Ein Überblick:
- Spezial-Impfpflicht: Beschäftigte in Einrichtungen wie Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen müssen bis Mitte März 2022 Nachweise über vollen Impfschutz oder eine Genesung vorlegen - oder eine Arzt-Bescheinigung, dass sie nicht geimpft werden können. Neue Beschäftigte brauchen das ab dann von vornherein.
- Mehr Impfungen: Über Ärzte hinaus sollen befristet auch Apotheker, Tier- und Zahnärzte Menschen ab 12 Jahren impfen dürfen. Voraussetzung sollen eine Schulung und geeignete Räumlichkeiten oder Einbindungen in mobile Impfteams sein.
- Gastronomie: Die Schließung von Gastronomie ist wieder möglich, wenn die Lage in einem Land kritisch wird. Das gilt aber nicht für Fitnessstudios, Schwimmhallen oder Schulschließungen.
- Sport und Versammlungen: Versammlungen und können untersagt werden können, die keine geschützten Demonstrationen sind - besonders im Sport mit größerem Publikum.
- Regionale Maßnahmen: Einzelne Länder hatten kurz vor Ende der „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ am 25. November noch umfassendere härtere Maßnahmen beschlossen. Diese können bisher bis 15. Dezember in Kraft bleiben. Laut dem neuen Gesetz soll die Frist bis 19. März verlängert werden.
- Testpflichten: Für Beschäftigte und Besucher in Arztpraxen, Kliniken und Pflegeheimen wurden schon Testpflichten festgelegt. Das wurde jetzt präzisiert, dass Patienten und „Begleitpersonen, die die Einrichtung oder das Unternehmen nur für einen unerheblichen Zeitraum betreten“ nicht als Besucher gelten - also Eltern beim Kinderarzt oder Helfer bei Menschen mit Behinderung.
- Kliniken: Kliniken erhalten wieder Ausgleichszahlungen etwa für frei gehaltene Betten oder Belastungen durch Patientenverlegung.
- Kurzarbeitergeld: Ein Aufstocken des schon bis Ende März verlängerten Kurzarbeitergelds wird ermöglicht. Demnach sollen ab dem vierten Bezugsmonat 70 Prozent der Nettoentgeltdifferenz gezahlt werden - wenn ein Kind im Haushalt lebt, 77 Prozent. Ab dem siebten Bezugsmonat sind 80 und mit Kind 87 Prozent geplant. Dies soll für Beschäftigte gelten, die bis zum 31. März 2021 während der Pandemie einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld hatten. Außerdem sollen die Beschäftigten, die seit April 2021 erstmals in Kurzarbeit gegangen sind, für die Zeit von Januar bis März 2022 einen Anspruch auf die erhöhten Leistungssätze erhalten.
Bundestag Abstimmung heute: Wie ist der Zeitplan für das neue Gesetz?
Bis kurz vor 12 haben die Abgeordneten über den Entwurf beraten und abgestimmt. Ab 13 Uhr soll das beschlossene Gesetz dann in den Bundesrat, die Länderkammer, gehen. Wenn das Gesetz von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde, tritt es sofort in Kraft.
Lauterbach-Rede im Bundestag: Bußgelder für Impfverweigerer
Der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält Bußgelder für Impfverweigerer für unvermeidlich. Wenn jemand nicht zahle, "müssen die Bußgelder empfindlich erhöht werden", sagte Lauterbach dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" laut einer Vorabmeldung vom Freitag. Ins Gefängnis müsse dafür niemand. "Aber ich bin mir sicher, dass wir allein mit der Ankündigung der allgemeinen Impfpflicht schon sehr viele Menschen erreichen werden."
Lauterbach sprach sich außerdem für eine Impfpflicht für Erzieherinnen und Erzieher aus. "Nach allem, was wir bislang wissen, befällt die neue Omikron-Variante Kinder sehr viel stärker als die bisherigen Varianten", sagte er. Die Kinder infizierten sich häufiger und sie erkrankten auch schwerer. Deshalb werde auch die Kinderimpfung wichtiger.
Lauterbach geht davon aus, dass bei einem konsequenten Einsatz der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie Weihnachten gefeiert werden kann. Das sei ein Ziel der neuen Regelungen, sagte Lauterbach bei der abschließenden Beratung von erneuten Änderungen am Infektionsschutzgesetz am Freitag im Bundestag. Man müssen es schaffen, „dass zumindest das Weihnachtsfest und die Reisen zu den Menschen, die wir lieben“ sicher stattfinden könnten, sagte er. Wenn Schutzmaßnahmen konsequent eingehalten und kontrolliert würden, sei das möglich.
„Das oberste Ziel ist für uns der Schutz der Bevölkerung in dieser Gesundheitskrise“, definierte Lauterbach das Leitprinzip der neuen Bundesregierung. Die Herausforderung derzeit sei es, die Delta-Welle zu brechen und gleichzeitig die Omikron-Welle zu verhindern, sagte er mit Blick auf die Mutationen des Corona-Virus. Er schloss dabei nicht aus, dass es immer wieder auch neue Maßnahmen geben könne. Man müsse vorgehen wie ein Mediziner. „Hat sich der medizinische Befund verändert, dann müssen auch die therapeutischen Maßnahmen entsprechend angepasst werden“, sagte der Epidemiologe Lauterbach, der am Mittwoch das Amt des Bundesgesundheitsministers übernommen hatte.
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