Auslöser ist Zolgensma. Das teuerste Medikament der Welt wirkt gegen den SMA getauften Muskelschwund, der für Kleinkinder häufig tödlich endet. Seit Mai ist Zolgensma in den USA für unter Zweijährige zugelassen. Das Versprechen: Eine einzige Spritze rettet das Leben. Die zuvor einzige Therapie bedeutet lebenslang Spritzen in das Rückenmark – alle vier Monate. Für 100.000 Euro pro Spritze. Kein Wunder, dass Eltern wie die des einjährigen Michael aus Ludwigsburg oder des acht Monate alten John aus Sebnitz Zolgensma anwenden lassen wollten.
Nur: In Europa ist es noch nicht zugelassen. So müssen die Kassen nicht zahlen. Da für die Kinder aber jeder Tag zählt, wurden Spendenaufrufe gestartet, die Öffentlichkeit nahm regen Anteil – die Kassen zahlten schließlich doch. Dass aber war den Kassenverbänden nicht geheuer. Sie schrieben an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der solle regeln, dass für ein nicht zugelassenes Medikament die Hersteller den Einsatz bezahlen. Das Ministerium sagt, man nehme das Thema "sehr ernst" und suche eine Lösung im Sinne der Patienten.
Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) fordert die Regierung zu schnellem Handeln auf. Es brauche eine Regelung, wie neue Therapien zügig in die Versorgung gelangen können. Ohne dass der Geldbeutel der Betroffenen entscheide. Für Michael Hennrich (CDU) ist das "eine schwierige Situation". Er sei grundsätzlich dafür, dass nur zugelassene Medikamente erstattet werden. Im Einzelfall aber müsse man einen anderen Weg finden, etwa durch Einbeziehung in Studien und spätere Erstattung bei Wirksamkeit. Ähnliche Härtefalllösungen können sich auch die Grüne Kordula Schulz-Asche und die Sozialdemokratin Sabine Dittmar vorstellen. Für Harald Weinberg (Linke) sollen die Präparate schnellstmöglich kommen – aber nicht für "Phantasiesummen". Man brauche staatliche Preisregulierung. "Sonst treiben diese Mondpreise die Krankenkassen finanziell in den Abgrund."
Spinale Muskelatrophie
Bei der Erbkrankheit spinale Muskelatrophie (SMA) handelt es sich um schnell voranschreitenden Muskelschwund. Dabei sterben Nervenzellen im Rückenmark, die die Muskelbewegungen steuern. Eines von 10 000 Neugeborenen ist betroffen. Mit Zolgensma (Novartis) bekommen die Patienten einmalig funktionsfähige Kopien des Gens verabreicht. hz