Steigende Preise durch die hohe Inflation: Die Bundesregierung will die Bevölkerung angesichts der aktuellen Lage entlasten. Schon im Frühjahr wurde ein Paket geschnürt, zu dem unter anderem die Energipauschale und das 9-Euro-Ticket gehörten. Jetzt hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) ein weiteres Entlastungspaket vorgestellt, bei dem es unter anderem über Steuern geht.
- Grundfreibetrag wird erhöht: Was bedeutet das?
- Kalte Progression: Was ist das?
- Kinderfreibetrag wird erhöht: Für wen gilt das?
- Rechner mit Beispielen
Kalte Progression: Was ist das und wie wirkt sie sich aus?
Grund für die Steuerentlastungen von Lindner ist die sogenannte kalte Progression. Die kalte Progression tritt ein, wenn es eine Inflation gibt und zugleich die progressive Einkommenssteuer greift. In Deutschland haben wir eine progressive Einkommenssteuer, also: Wer mehr verdient, wird höher besteuert. Konkret unterliegt jeder zusätzlich verdiente Euro einem höheren Steuersatz. Wer 100 Euro verdient und eine Lohnerhöhung von einem Euro bekommt – auf diesen Euro gibt es dann einen höheren Steuersatz. Die Einkommenssteuer steigt also progressiv an, bis man 45 Prozent erreicht hat. Das ist der aktuell höchste Einkommenssteuersatz in Deutschland.
Normalerweise werden die Löhne der Arbeitnehmer mit der Zeit angepasst, um die reguläre Inflation auszugleichen oder sogar zu übersteigen. Allerdings haben wir aktuell eine Inflationsrate von fast 8 Prozent – und die Löhne steigen in diesem Maße nicht mit. In dieser Situation kommt es zur kalten Progression: die Löhne steigen etwas an, dadurch zahlt der Arbeitnehmer mehr Steuern - und hat wegen der hohen Inflation nicht mehr Geld in der Tasche, im schlimmsten Fall sogar noch weniger.
Lindner erklärte, bei den aktuell vorgestellten Gesetzesplänen gehe es nicht um eine zusätzliche Entlastung der Bürger, sondern um die Vermeidung einer zusätzlichen Belastung infolge der Inflation: „Hier geht es um den Verzicht auf Steuererhöhung“, sagte der FDP-Politiker. Wenn der Bund nicht handele, drohe 48 Millionen Menschen durch die kalte Progression eine heimliche Steuererhöhung.
Steuerfreibetrag wird erhöht: Was bedeutet das?
Um gegen die kalte Progression und die „heimliche Steuererhöhung“ anzukämpfen hat Lindner eine Reihe von steuerlichen Entlastungsmaßnahmen vorgestellt. Dazu gehört unter anderem die Erhöhung des Grundfreibetrags. Der Grundfreibetrag soll das Existenzminimum abdecken: Darauf werden keine Steuern bezahlt. Heißt, wer nur das Existenzminimum im Jahr verdient, zahlt keine Steuern. Aktuell liegt der Grundfreibetrag bei 10.347 Euro. 2023 soll er um 285 Euro steigen. Das heißt: Wer nächstes Jahr weniger als 10.633 Euro verdient, muss keine Steuern zahlen. Und 2024 steigt der Betrag nochmal auf 10.933 Euro. Damit soll hier die Inflation ausgeglichen werden.
Kinderfreibetrag wird erhöht: Für wen gilt das?
Eltern haben neben dem Grundfreibetrag, der für alle Erwachsenen gilt noch den Kinderfreibetrag. Das soll das Existenzminirum für Kinder abdecken, also auch hier: Bis zu der Grenze müssen die Eltern keine Steuern zahlen. 2021 betrug der Kinderfreibetrag 2.730 Euro pro Elternteil. Schon dieses Jahr, also 2022, soll der Betrag steigen auf 2.810 Euro. Und 2023 steigt er erneut auf 2.880 Euro, 2024 auf 2.994 Euro. Noch dazu soll das Kindergeld ansteigen, um Eltern zu entlasten.
Entlastungen 2023: Rechner nach Gehalt
Kritik an den Plänen der Regierung hat es schon gegeben, weil die Änderungen nicht denjenigen am meisten hilft, die am wenigsten Geld haben. Höhere Einkommen werden stärker entlastet – weil sie auch höhere Steuern zahlen.
Entlastungen 2023 für Singles
Nach Berechnungen des Nürnberger Steuerprofessors Frank Hechtner sehen die Entlastungen 2023 für Singles wie folgt aus (Gehalt in Brutto):
- Gehalt: 1.000 Euro/Monat: keine Entlastung
- Gehalt: 1.500 Euro/Monat: 67 Euro Entlastung
- Gehalt: 2.000 Euro/Monat: 109 Euro Entlastung
- Gehalt: 2.500 Euro/Monat: 133 Euro Entlastung
- Gehalt: 3.000 Euro/Monat: 161 Euro Entlastung
- Gehalt: 3.500 Euro/Monat: 195 Euro Entlastung
- Gehalt: 4.000 Euro/Monat: 236 Euro Entlastung
- Gehalt: 4.500 Euro/Monat: 281 Euro Entlastung
- Gehalt: 5.000 Euro/Monat: 334 Euro Entlastung
- Gehalt: 5.500 Euro/Monat: 398 Euro Entlastung
- Gehalt: 10.000 Euro/Monat: 505 Euro Entlastung
- Gehalt: 25.000 Euro/Monat: 504 Euro Entlastung
Entlastungen 2023 für Eltern mit 2 Kindern
Nach Berechnungen des Nürnberger Steuerprofessors Frank Hechtner sehen die Entlastungen 2023 für Ehepartner mit Kindern wie folgt aus:
- Gehalt 1. Ehepartner: 1.000 Euro; Gehalt 2. Ehepartner: 0 Euro: 192 Euro Entlastung
- Gehalt 1. Ehepartner: 1.500 Euro; Gehalt 2. Ehepartner: 1.000 Euro: 280 Euro Entlastung
- Gehalt 1. Ehepartner: 2.000 Euro; Gehalt 2. Ehepartner: 1.000 Euro: 328 Euro Entlastung
- Gehalt 1. Ehepartner: 3.500 Euro; Gehalt 2. Ehepartner: 1.000 Euro: 434 Euro Entlastung
- Gehalt 1. Ehepartner: 10.000 Euro; Gehalt 2. Ehepartner: 1.000 Euro: 788 Euro Entlastung
- Gehalt 1. Ehepartner: 3.500 Euro; Gehalt 2. Ehepartner: 3.000 Euro: 516 Euro Entlastung
- Gehalt 1. Ehepartner: 5.000 Euro; Gehalt 2. Ehepartner: 4.000 Euro: 504 Euro Entlastung