„Heute Abend ist nach schwerer und langer Krankheit Michail Sergejewitsch Gorbatschow gestorben“, teilte das Zentrale klinische Krankenhaus (ZKB) der russischen Hauptstadt mit.
Der weltweit geschätzte Politiker galt als einer der Väter der Deutschen Einheit und als Wegbereiter für das Ende des Kalten Krieges. Besonders die Ostdeutschen verehren „Gorbi“, wie sie ihn nennen, bis heute als Staatsmann, der ihnen vor mehr als drei Jahrzehnten die Freiheit brachte.
Beispielloser Reformprozess
In den 1980er-Jahren hatte die Sowjetunion unter Gorbatschows Führung mit den USA wegweisende Verträge zur atomaren Abrüstung und Rüstungskontrolle geschlossen.
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In seiner Heimat hatte Gorbatschow als Generalsekretär der Kommunistischen Partei mit seiner Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) einen beispiellosen Reformprozess eingeleitet. Das brachte den Menschen in dem totalitären System bis dahin nie da gewesene Freiheiten.
1990 erhielt Gorbatschow für seine mutigen Reformen den Friedensnobelpreis. Der politische Prozess führte zu massiven Umbrüchen in allen Republiken des Sowjetstaates und letztlich zu einem Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums.
Kritische Sicht auf den Politiker im eigenen Land
Ein Großteil der russischen Bevölkerung sah den früheren Partei- und Staatschef stets als Totengräber der Sowjetunion - und als einen Politiker ohne Machtinstinkt. Gorbatschow trat als Präsident der Sowjetunion 1991 zurück, bevor sich der Staat wenig später selbst auflöste. Der neue starke Mann in Moskau wurde damals der russische Präsident Boris Jelzin (1931 bis 2007).
Bis zu seinem Tod hatte Gorbatschow sich um seine eigene politische Stiftung in Moskau verdient gemacht. Die Organisation setzt sich für demokratische Werte und eine Annäherung Russlands an den Westen ein.
Gorbatschow ist Autor zahlreicher Bücher
Gorbatschow schrieb zahlreiche Bücher – zuletzt unter anderem auch über seine Enttäuschung von den Deutschen und dem Westen. Konkret beklagte er dabei, dass neue Feindbilder gegen Russland gezeichnet würden. Zu den Feiern zum 30. Jahrestag des Mauerfalls im Herbst 2019 war er aus Gesundheitsgründen nicht gereist. Er musste in den vergangenen Jahren immer wieder im Krankenhaus behandelt werden.
Der Politiker war Miteigentümer der kremlkritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“, die immer wieder Missstände in Russland aufdeckt. Gorbatschow hatte in den vergangenen Jahren Kremlchef Wladimir Putin mehrfach aufgefordert, die Freiheit der Medien und Wahlen nicht weiter einzuschränken.
Der Staatsmann wird in Moskau auf dem Neujungfrauenfriedhof für Prominente beerdigt - neben seiner Frau Raissa.
Ministerpräsident Woidke würdigt Verdienste von Gorbatschow für Ostdeutschland
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die Verdienste des ehemaligen sowjetischen Staatschefs Michail Gorbatschow für ganz Ostdeutschland gewürdigt. „Gerade wir Ostdeutschen haben Michail Gorbatschow unendlich viel zu verdanken“, teilte Woidke am Mittwoch in Potsdam mit. „Er hat den Menschen in der DDR im historischen Herbst 1989 Mut gemacht, ihr Land neu zu denken und zu gestalten. Und er bewies mit seiner Zustimmung zur Deutschen Einheit, dass für ihn die Vision vom "Gemeinsamen Haus Europa" keine leere Floskel war, sondern Maxime seiner Politik.“
Der Brandenburger Regierungschef nannte Gorbatschow „eine der herausragenden politischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts“. „Sein Name wird für immer mit Vertrauen, Abrüstung und demokratischen Prinzipien in den internationalen Beziehungen verbunden bleiben“, sagte Woidke.
Gorbatschow besuchte Brandenburg mehrmals
Gorbatschow war mehrfach in Brandenburg: So pflanzte er 2005 anlässlich des Tages der Deutschen Einheit im Potsdamer Park Sanssouci einen Kirschbaum. Im Jahr 2009 war er bei der Eröffnung des Museums Villa Schöningen an der Glienicker Brücke dabei. Bereits 1986 besuchte er - noch als sowjetischer Staatschef - das Schloss Cecilienhof, den Ort des Potsdamer Abkommens.