Denn nach dieser Präsidentenwahl, deren erste Runde am Sonntag stattfand, wird es in Polen drei Jahre lang keine Wahl geben. Die Verlängerung der Amtszeit von Andrzej Duda – jenes treuen PiS-Soldaten, den Kaczynski vor fünf Jahren ins formal höchste Staatsamt hievte – wäre die Voraussetzung dafür gewesen, um zumindest bis zur nächsten Parlamentswahl 2023 schalten und walten zu können.
Doch plötzlich hat sich die Situa-tion verändert: Mit dem bisherigen Oberbürgermeister der Hauptstadt Warschau, Rafal Trzaskowski, ist ein Politiker in Sicht, der das PiS-System zwar nicht gleich aus den Angeln heben, aber doch gehörig ins Wackeln bringen könnte. Als neues Staatsoberhaupt würde er wohl kaum  – wie das in Polen seit 2015 üblich ist – treu und brav umstrittene PiS-Gesetze unterschreiben. Sondern auch sein Veto einlegen, welches wiederum nur von einer Zweidrittel-Mehrheit im Parlament zu überstimmen wäre.
Anders gesagt: In Polen könnte das Wechselspiel verschiedener politischer Parteien zurückkehren, in dem um Mehrheiten und Kompromisse gekämpft werden muss, und das man landläufig als  "Demokratie" bezeichnet. Über nichts weniger als die Frage, ob demokratische Verhältnisse in ihr Land zurückkehren, werden die polnischen Wähler bei der Stichwahl in knapp zwei Wochen also entscheiden können.
Ein Sieg des liberalen Trzaskowski wäre auch ein Zeichen für das liberale Europa. Würde es doch bedeuten, dass auch in Staaten, die sich in Richtung Nationalismus entwickelt haben, eine Umkehr möglich ist.
Die entscheidende Frage ist freilich, ob eine Mehrheit der Polen dies genauso sieht. Denn die PiS-Partei hat sich die Zuneigung großer Bevölkerungsteile mit der Verteilung von Sozialgeschenken gekauft. Dass dieses Werben – etwa mit einem durchaus beachtlichen Kindergeld – auf fruchtbaren Boden fallen konnte, lag auch daran, dass sich die frühere Regierungspartei "Bürgerplattform" für die Sorgen der einfachen Menschen wenig interessierte. Dass der jetzige Hoffnungsträger Trzaskowski vor Jahren als Minister unter Donald Tusk für die Erhöhung des Renteneintrittsalters von 60 auf 65 Jahre stimmte – eine Regelung, die die PiS wieder rückgängig machte – wurde ihm in diesem Wahlkampf schon Dutzende Male vorgehalten. Und in den kommenden Tagen wird dies mit Sicherheit noch häufig geschehen.
Fakt ist auch, dass die PiS in den kommenden zwei Wochen sämtliche – auch unfaire – Register ziehen wird, um ihren schon als sicher geglaubten Sieg bei der Präsidentenwahl zu erreichen.  Momentan wackelt das PiS-System also lediglich ein wenig. Zum Einsturz bringen können es nur die polnischen Wähler selber.