Der 1. FC Union Berlin schwebt auf der Europapokal-Erfolgswelle. Nach dem historischen Einzug ins Achtelfinale der Europa League gegen Ajax Amsterdam träumen die Fans der „Eisernen“ schon vom Viertelfinale.
Der am Freitag zugeloste Gegner Royale Union Saint-Gilloise aus Belgien ist zwar sicher kein Traumlos in dem Wettbewerb, in dem auch noch Arsenal London oder Juventus Turin vertreten sind. Doch gegen die Belgier spielen die Berliner zumindest auf Augenhöhe – die Chance auf das Weiterkommen ist vorhanden. Und somit winken dem 1. FC Union weitere Einnahmen in Millionenhöhe.

Topspiel beim FC Bayern München

Vorerst sind in Berlin-Köpenick aber alle Augen auf das Topspiel in der Fußball-Bundesliga am Sonntagabend beim FC Bayern München gerichtet. Für den 1. FC Union Berlin ist diese Begegnung mit dem punktgleichen Tabellenführer die Sahnehaube auf traumhafte Fußballwochen. Für den Rekordmeister aus München indes eine wegweisende Partie. Gemeinsam mit Trainer Julian Nagelsmann schwor sich der FC Bayern bei einem Teamabend auf vorentscheidende Tage ein.
Geschäftsführer Oliver Ruhnert vom Fußball-Bundesligisten Union Berlin hat vor dem Spitzenspiel am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) bei Rekordmeister Bayern München gewarnt. „Es gibt schon angenehmere Konstellationen im Fußball als diese“, sagte Ruhnert bei Sky: „Gegen einen ausgeruhten FC Bayern München, der noch dazu nach einer Niederlage etwas gut machen möchte.“
Die Münchner hatten vergangene Woche 2:3 bei Borussia Mönchengladbach verloren. „Aber die Spielansetzer haben bestimmt bei dieser Partie im Vorfeld gedacht: Naja, da spielt der Erste gegen den Vierzehnten, okay, können wir ruhig mal so machen“, sagte Ruhnert.
Für den Fußball sei es „schön, für alle Beteiligten ist es auch schön. Wir hätten uns sicherlich gewünscht, dass man etwas gleichere Spielansetzungen gehabt hätte, ist jetzt nicht so, wir werden das Spiel am Sonntag spielen“, so Ruhnert: „Für uns ist es ganz ungewohnt, ganz neu, zu einem Spitzenspiel nach München zu fahren, und dann gucken wir mal, ob das so ist.“
Kapitän Manuel Neuer kam lächelnd ohne Krücken, und auch Schiedsrichter-Schreck Julian Nagelsmann schien wieder guter Laune. Beim geselligen Teamabend im Forsthaus Wörnbrunn schwor sich der FC Bayern auf die Titeljagd ein. Das Motto: Im Topspiel der Gegensätze gegen Union Berlin am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) will der deutsche Fußball-Rekordmeister eine Serie starten und die lodernde Lunte am Pulverfass „FC Hollywood“ fürs Erste austreten.
Der verletzte Neuer meldete sich im Scherz sogar bereit für den Kracher gegen den Emporkömmling. Es gehe ihm „sehr gut, danke“, rief er den Reportern am Freitagabend zu, „in zwei Tagen kommt ja auch Union“. Dann, das hatte Vorstandschef Oliver Kahn unter der Woche noch einmal angemahnt, müssten die Stars „zeigen, dass sie Bayern München sind“. Das Duell mit dem Emporkömmling sei „die perfekte Bühne, um allen zu beweisen: Keiner weiß besser als der FC Bayern, was in so einer Situation zu tun ist.“

Angespannte Lage vor dem Spiel gegen Union Berlin

Denn die Lage ist angespannt. Nach nur neun Punkten aus sechs Spielen haben Union und Borussia Dortmund gleichgezogen mit dem Serienmeister. Dazu gibt es immer wieder Störgeräusche wie die aufsehenerregenden Neuer-Interviews, den Zirkus um „Gucci-Gnabry“, den riesigen Wirbel um die Schiedsrichter-Schelte von Nagelsmann oder die neuerlichen Schlagzeilen um den mal wieder undisziplinierten Leroy Sane.
All das, vor allem aber der Trubel um seine verbale Entgleisung („weichgespültes Pack“) scheint bei Nagelsmann Spuren hinterlassen zu haben. Vor dem Treffen am Abend hatte er sich in der obligatorischen Medienrunde als reuiger Sünder präsentiert. „Ich muss mich in gewissen Situationen zügeln“, sagte er selbstkritisch, „und meine Emotionen in andere Bahnen lenken.“
Das beste Rezept für entspanntere Tage: Siege. „Die Formel ist so einfach wie komplex“, führte Nagelsmann aus: „Wenn du gewinnst, ist Ruhe – wenn nicht, ist keine Ruhe. Also sollten wir gewinnen.“ Gegen Union, dann in Stuttgart und schließlich im so wichtigen Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Paris St. Germain.
Boss Kahn nannte die Voraussetzungen dafür: „Totale Bereitschaft, Gier, Wille und zugleich eine gewisse Leichtigkeit. Bringen wir das auf den Platz, sind wir nicht zu schlagen.“

Startelfgarantie für Thomas Müller

Beim Teamabend im Münchner Nobelvorort Grünwald schworen sich die Stars auf diese Tugenden ein. Zunächst in einer kleineren Runde der Kapitäne um Neuer, Joshua Kimmich und Thomas Müller, dem Nagelsmann für das Union-Spiel eine Startelfgarantie gab. Dann als Mannschaft mit Trainer Nagelsmann an der Spitze.
Sane kam (mit Kingsley Coman) – wie fast schon üblich – als Letzter. Vor dem Gladbach-Spiel (2:3) hatte der Nationalspieler schon die Bus-Abfahrt verpasst und im Privatwagen zum Abflug nachkommen müssen. Sportliche Konsequenzen habe das keine, sagte Nagelsmann, „alles andere besprechen wir intern“.
„Lang gesprochen“ habe er auch mit seiner „Vertrauensperson“ Müller nach der allzu frühen Auswechslung in Gladbach. Zumindest dieser Krisenherd scheint vorerst erkaltet. Positiv zudem: Nach monatelanger Pause kehrt Sadio Mane in den Kader zurück. (mit sid)