Meteorologisch gesehen war es ein ziemlich abwechslungsreicher Start des 1. FC Union Berlin in das zehntägige Trainingslager in Bramberg am Wildkogel. Als der Mannschaftbus der Eisernen am Montagnachmittag erstmals am Hotel „Das Bramberg“ vorfuhr, strahlte noch die Sonne über dem Oberpinzgau. Kurz danach begann es jedoch zu regnen.
Auch für die nächsten Tage sind Schauer, ein Temperatursturz auf 16 Grad und sogar eine Unwetterwarnung angekündigt. Urlaubsstimmung dürfte bei den Profis bis zum 2. August hier in Österreich trotz der traumhaften Landschaft zwischen den Kitzbüheler Alpen und dem Nationalpark Hohe Tauern in der 4000-Seelen-Gemeinde ohnehin nicht aufkommen. Jetzt beginnen die körperlichen und taktischen Feinarbeiten für die am 20. August mit dem Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 startende Saison 2023/24 in der Fußball-Bundesliga. Es ist eine ganz besondere Saison, denn die Köpenicker spielen erstmals in der Champions League.
Hohe Belastung für Fußball-Profis in den kommenden Tagen
Wie gesagt: Der Ausblick hier in Bramberg ist zwar toll – die Belastung für die Union-Profis wird in den nächsten Tagen aber hoch sein. Zweimal am Tag wird trainiert. Dazu kommen zwei Testspiele am Freitag gegen Pafos FC (16 Uhr in Saalfelden) und am Samstag gegen Udinese Calcio (15.30 Uhr in Lienz).
Kann man sich als Spieler trotz der hohen Belastung auf ein solches Trainingslager freuen? „Ich freue mich, dass ich mit den Jungs unterwegs bin. Aber man weiß natürlich, dass es ziemlich hart wird“, sagt Mittelfeldspieler Janik Haberer.
Für diese Härte sorgt nicht zuletzt Athletiktrainer Martin Krüger (43). Der gebürtige Schwedter ist seit 2016 für die körperliche Fitness der Union-Profis verantwortlich. Vor allem in der Saisonvorbereitung ist Krüger in seinem Element. Und er ist nicht nur Bayern-München-Fan, sondern auch ein Fan von klaren Ansagen. „Auf, auf, Männer, beeilt euch! Oder ihr müsst eben früher aufstehen“, rief Krüger am Dienstagvormitag bei den obligatorischen Dehnübung vor dem eigentlichen Trainingsstart jenen Spielern zu, die mit leichter Verspätung an ihrer Gymnastikmatte eintrafen.
Im Mittelpunkt steht in der aktuellen Phase der Saisonvorbereitung vor allem die sogenannte Spielausdauer. Gemeint ist damit die fußballtypische Mischung aus Zweikämpfen, Antritten, Vollsprints und kurzen Phasen der Erholung. Dass Union Berlin in der vergangenen Saison die wenigsten Verletzungen aller 18 Bundesligisten zu verzeichnen hatte, ist natürlich auch ein Verdient von Martin Krüger. Gibt es ein Erfolgsgeheimnis? „Das Wichtigste ist, dass man die Spieler zur Ehrlichkeit erzieht. Es bringt nichts, wenn sie angeschlagen die Trainingseinheit absolvieren und danach vier Wochen ausfallen. Sie sollen lieber einmal verzichten und am nächsten Tag wieder bei einhundert Prozent sein“, wünscht sich Krüger.
Flüche der Spieler gehören zum Geschäft
Er selbst blüht förmlich auf, wenn es im Training körperlich hart zur Sache geht. So wie zum Beispiel bei der sogenannte Hit-Übungseinheit am Dienstagnachmittag. Hit-Einheit bedeutet: Die Übungen zur Kräftigung der Muskulatur müssen mit hoher Intensität durchgeführt werden. Dass die Spieler ihren Athletiktrainer in solchen Momenten verfluchen, ist für Krüger Teil seines Geschäfts. „Ich liebe es irgendwie auch. Es ist ein Teil meiner Mentalität, mal der Arsch zu sein. Aber es ist ja nicht nur Quälerei. Die Spieler wissen, dass ich sie auf das nächste Level bringe, damit sie im Spiel immer einhundert Prozent geben können.“
Ach ja, der Spaß. Aus Sicht von Martin Krüger gehört trotz allem der Spaß in einem solchen Trainingslager dazu. Wobei er zu bedenken gibt: Spaß sei ohnehin in erster Linie eine Frage der inneren Einstellung, denn: „Es gibt Spieler, die quälen sich total gern. Damir Kreilach zum Beispiel, der hat das regelrecht genossen. Es gibt aber auch Spieler, die sind fauler. Sie wollen nicht so intensiv trainieren. Denen macht es natürlich weniger Spaß.“
Urs Fischer schaut sich die Dehnübungen seiner Spieler auch hier in Österreich meistens als aufmerksamer Beobachter an. Diesen Part der täglichen Trainingsarbeit überlässt er gern den Spezialisten im Trainerstab wie Martin Krüger. Grundsätzlich überwiegen aber auch für Fischer ganz klar der Spaß und die Freude in einem solchen Trainingslager. „Warum sollte ich mich nicht freuen?“, fragt der Coach aus der Schweiz eher rhetorisch: „Es ist zwar immer viel Arbeit, die Tage sind lang. Aber es macht Spaß, mal zehn Tage eng und intensiv zusammen zu sein.“
Und zwischen den einzelnen Übungseinheiten ist ganz sicher auch Zeit für den einen oder anderen Blick auf das beeindruckende Bergpanorama. Denn das macht garantiert richtig Spaß.