Mit Eintracht Braunschweig hat Fußball-Trainer Daniel Meyer einen Zweitliga-Aufsteiger vor der Saison übernommen. Der Strausberger landete im DFB-Pokal mit dem Sieg über Bundesligist gleich einen Paukenschlag. Uwe Wuttke sprach mit dem 40-Jährigen über diesen Erfolg, den Zweitligastart am Sonnabend in Heidenheim und seine Ex-Clubs FC Strausberg und Energie Cottbus.

Ihre Mannschaft hat Hertha BSC im Pokal rausgeworfen. Die Stimmung könnte vor dem Saisonstart sicher nicht besser, oder?

Wir haben den Abend genossen, waren aber nicht überschwänglich, weil am nächsten Tag schon wieder ein Testspiel beim Halleschen FC anstand. In der Videoanalyse haben wir auch gezeigt, dass es Dinge gibt, die wir verbessern müssen. Jetzt sind wir sehr fokussiert auf den Saisonstart gegen Heidenheim.

Ist so ein Erfolg nicht kontraproduktiv, weil die Erwartungshaltung bei Fans und Umfeld gestiegen ist?

Das Gefühl habe ich nicht. Wir haben eine Mannschaft, die im Umbruch ist und sich finden muss. Wir haben sicher eine Menge Potenzial, aber das Team muss sich erst stabilisieren. Dass der Eine oder Andere auch von mehr träumt, ist okay. Auch wir wünschen uns eine erfolgreiche Saison. Aber es ist von allen Verantwortlichen im Club von Anfang an klar kommuniziert worden, dass wir die Klasse frühzeitig halten wollen. Das ist das oberste Ziel.

Youtube Eintracht Braunschweig stellt den neuen Trainer vor

Wie wichtig ist ein guter Start am Sonntag in Heidenheim?

Nach einem guten Start spielst du mit breiter Brust, dann entscheidest du enge Spiele für dich. Aber es kann auch anders gehen, dann musst du hart arbeiten. Wir werden uns irgendwo dazwischen bewegen. Und keiner fährt gerne nach Heidenheim, weil die Mannschaft heimstark und taktisch sehr diszipliniert ist. Da musst du immer alles abrufen. Aber nach Abgängen muss sich der FCH auch erst finden. Wir versuchen, das Spiel für uns zu entscheiden.

Sie haben mal gesagt, Sie wollen begeisterndem Fußball spielen lassen. Wie definieren Sie einen solchen?

Es gibt zwei Dinge, warum Fußball Volkssport Nummer 1 ist: Jeder will Tore schießen und jeder will den Ball haben. Das sind die zwei Eckpfeiler meiner Spielidee. Man spricht immer vom Ballbesitzfußball. Das ist aber ein sehr komplexes Thema. Gegen Hertha haben wir gute Ansätze gezeigt, im Positions- und Passspiel. Grundsätzlich geht es darum, viel Mut zu haben, Räume zu verteidigen und Torraumszenen zu kreieren. Neun Tore sind natürlich begeisternd für die Zuschauer, ich war das aber nicht in allen Phasen.

Mit Felix Kroos und Suleiman Abdullahi kamen zuletzt zwei Spieler vom 1. FC Union Berlin nach Braunschweig. Auch Benjamin Kessel und Martin Kobylanski haben eiserne Erfahrung. Gibt es da besonders gute Kontakte?

Es ist schon so, dass wir einen guten Draht zu Union haben. Strausberg ist nicht so weit weg von der alten Försterei. Ich habe einen guten Draht zum Sportdirektor und zur Mannschaft von Union. Suleiman hat ja vorher schon in Braunschweig gespielt. Da gibt es also noch eine andere Querverbindung. Bei Felix Kroos haben wir das Thema lange anmoderiert, hatten frühzeitig Kontakt. Als sich herauskristallisiert hat, dass es schwierig wird mit einer Vertragsverlängerung bei Union, hat sich die Möglichkeit für uns ergeben, ihn an die Hamburger Straße zu holen.

Was versprechen Sie sich von Felix Kroos?

Mit 29 Jahren und der Vielzahl absolvierter Bundesligaspiele kann er uns mit seiner Erfahrung besser machen. Wenn du die Chance hast, so einen Spieler zu bekommen, musst du zuschlagen.

Braunschweig ist ein Traditionsverein. Sie waren auch beim 1. FC Köln, in Aue und Cottbus. Haben Sie ein Faible für solche Vereine?

Das macht schon besonders viel Spaß. Ein Club, der eine gute Fankultur hat und für ein paar Dinge steht -das macht mehr Freude. Das Umfeld und die Emotionen, die in einem solchen Verein herrschen, geben einen zusätzlichen Kick. Man macht das auch dafür, in einem vollen Stadion zu spielen und die entsprechende Unterstützung zu erhalten. Man kann sich das nicht immer aussuchen, aber wenn man die Wahl hat, dann lieber zu einem Traditionsverein.

Haben Sie inzwischen die Stadt kennengelernt?

Ja schon. Ich habe inzwischen eine Wohnung bezogen und die Innenstadt gefällt mir gut. Ich denke, alle Neuen sind gut angekommen und die Lebensqualität ist hier sehr hoch.

Nach dem Ende in Aue hatten Sie länger nichts mit dem Profifußball zu tun. Wie verbringt ein Trainer diese Phase?

Ich hatte ja eine Sondersituation, weil ich einen Todesfall in der Familie hatte. Das hat länger nachgehallt. Irgendwann hast du den Kopf wieder frei. Da habe ich in der Vor-Corona-Zeit viele Spiele gesehen, war häufig bei Union und habe mir auch woanders einen Überblick verschafft. Davor habe ich acht Jahre ein Nomadenleben geführt, war kaum zu Hause. Also habe ich die Zeit in Strausberg mit meiner Familie genossen und konnte die Akkus wieder aufladen.

Wie würden Sie sich als Trainertypen einschätzen, eher emotional oder mehr in sich gekehrt?

Ich sehe mich eher kontrolliert emotional (lacht). Ich versuche, meine Emotionen bei Pflichtspiel zu kontrollieren, Ruhe auszustrahlen und gebe nur wichtige Informationen weiter. Auch wenn es in mir drin manchmal anders aussieht. Ansonsten coache ich schon lautstark und bestimmend , um unsere Grundelemente den Spielern näher zu bringen.

In wieweit verfolgen Sie Ihre ehemaligen Clubs in Strausberg oder Cottbus?

In Strausberg bin ich regelmäßig, habe auch noch Kontakt zum Club. Ich war beim Neujahrstreffen, habe den neuen Trainer (Oliver Richter) kennengelernt und mich mit ihm ausgetauscht. Ich habe auch mitbekommen, dass das Landespokalspiel gegen Schöneiche wegen eines Coronafalls ausgefallen ist, das sie in Quarantäne sind. Es ist mein Heimatverein. Klar, dass ich da auf dem aktuellen Stand bin.

Und bei Energie, wo ja Trainer Sebastian Abt schon entlassen wurde …

Ich verfolge das schon, habe lange mit dem Trainer Sebastian Abt telefoniert und ihm versucht, Mut zuzusprechen. Er hat akribisch gearbeitet und war der Inbegriff der lokalen Lösung. Ich fand es schade, dass man so schnell die Notbremse gezogen hat. Man hätten offensiver kommunizieren können, dass man mit dem vorhandenen überschaubaren Budget, nur durchschnittliche Transfers tätigen konnte. Das hätte für eine angemessene Erwartungshaltung gesorgt. Am Ende war wieder der Trainer das schwächste Glied in der Kette.

Und nun hat Cottbus mit Dirk Lottner wieder einen bekannteren Namen als Trainer…

Man hat nach der Ära Pele Wollitz einen Paradigmenwechsel vollzogen und dann steht man es beim ersten Gegenwind nicht durch. Ich hätte mir gewünscht, dass es mit Sebastian Abt funktioniert hätte. Ich hoffe, dass Dirk Lottner den Club wieder in die Spur bringt.

Trainerkarriere in Strausberg gestartet

Daniel Meyer ist am 10. September 1979 in Halle/Saale geboren. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Auch seine beiden Brüder André und Ben sind im Fußball als Trainer und Spieler beim Regionalligisten Berliner AK unterwegs.
Seine Trainerlaufbahn begann Daniel Meyer, der das 1. und 2. Staatsexamen der Rechtswissenschaft erfolgreich abgelegt hat, aber bereits 2002 als Coach beim FC Strausberg. 2011 wechselte er in die Jugendabteilung von Energie Cottbus. 2015 erwarb er in Köln die Lizenz zum Fußballlehrer. Nach einem Intermezzo beim Halleschen FC (2015) wurde er Trainer der Reserve und A-Jugend das 1. FC Köln, ehe er 2018 mit Zweitligist Erzgebirge Aue sein erstes Profiteam betreute. Das Engagement beendete er wegen eines Trauerfalls in der Familie. Seit Juli 2020 ist er nun Coach von Zweitliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig.