Man sieht es auf den ersten Blick: Oliver Ruhnert (51) wirkt in diesen Tagen ziemlich entspannt. Und ja – vielleicht auch ein wenig erleichtert, dass diese aufregende Winter-Transferperiode für den 1. FC Union Berlin nun beendet ist. „Ich bin mit unserem Kader insgesamt wirklich zufrieden“, sagt der Geschäftsführer Profifußball des Tabellenzweiten der Fußball-Bundesliga.
Oliver Ruhnert sitzt im blauen Pullover in einer der Logen im Stadion An der Alten Försterei und zieht eine Bilanz der zurückliegenden Transferperiode. Dass der Königstransfer Isco am letzten Tag doch noch gescheitert ist, spielt dabei natürlich eine zentrale Rolle.
Und, dass die Eisernen mit dem Kroaten Josip Juranovic (Celtic Glasgow) und Aissa Laidouni (Tunesien, Ferencvaros Budapest) gleich zwei Nationalspieler nach Köpenick gelotst haben. Dazu kommt Jerome Roussillon vom VfL Wolfsburg als dritter Neuzugang. Vor allem aber erklärt Ruhnert in der Medienrunde seine kleinen Erfolgsgeheimnisse auf dem Transfermarkt, die der Union-Manager selbst natürlich nie als Geheimnis bezeichnen würde.

Oliver Ruhnert und das richtige Timing

Beispiel Aissa Laidouni. Den Nationalspieler aus Tunesien hatte Union Berlin schon länger auf dem Schirm. „Manchmal passen die beiderseitigen Erwartungshaltungen zunächst nicht zusammen. Es werden Summen aufgerufen, wo wir eigentlich raus sind. Dann muss man auch Glück haben und es im richtigen Moment erneut probieren“, berichtet Ruhnert.
Das hört sich logisch an. Aber wie funktioniert das genau? Ruhnert: „Manchmal ergibt sich eine Situation, wo es dann doch klappt. Weil Spieler mit anderen Vereinen verhandeln, sich aber nicht einigen. Wenn also klar ist, dass der Spieler den Verein verlassen darf, hat man natürlich die maximalen Chancen. Man muss immer schauen, wo gibt es gerade welche Entwicklung.“

Oliver Ruhnert und das neue Selbstbewusstsein von Union Berlin

Der aktuelle sportliche Erfolg von Union Berlin wirkt sich natürlich auch auf die Transfertätigkeit der Eisernen aus. In diesem Winter hat sich das zum ersten Mal so richtig gezeigt. Platz 2 in der Bundesliga, Viertelfinale im DFB-Pokal und auch in der Europa League noch voll dabei – das lässt die Branche aufhorchen. „Wir haben Spieler bekommen, die vor einigen Jahren noch Nein zu Union Berlin gesagt hätten“, betont Ruhnert.
Die Suche nach neuen Spielern sei trotzdem „definitiv nicht einfacher geworden“, versichert Ruhnert. „Die Suche ist anders geworden, unser Fokus hat sich verändert. Wenn wir jetzt Spieler austauschen, dann reden wir über eine andere Qualität als vor drei Jahren.“ Zum Beispiel eben über Nationalspieler wie Juranovic und Laidouni.

Oliver Ruhnert und der Königstransfer

Es ist die wohl wichtigste Botschaft dieser Transferperiode: Union Berlin hat den Mumm und auch die Mittel, einen Königstransfer wie Isco anzupacken, auch wenn der Plan letztlich nicht aufging. Der fünfmalige Champions-League-Gewinner mit Real Madrid und ehemalige spanische Nationalspieler wäre eine echte Attraktion in der Bundesliga gewesen.
„Wenn solche Spieler über Union Berlin nachdenken, zeigt das unsere tolle Entwicklung in den vergangenen Jahren. Diese Spieler holen sich natürlich Erkundigungen ein. Es ist ein hohes Gut, dass wir als verlässlich gelten. Das freut einen selbstverständlich“, erklärt der Union-Geschäftsführer.
Als Isco kurz vor Weihnachten beim FC Sevilla seinen Vertrag auflöste, habe man den ersten Vorstoß unternommen – damals noch ohne Erfolg. Aber Ruhnert blieb dran. Etwa zehn Tage vor Transferschluss wurde die Sache dann heiß. „Unsere Idee war, dass Isco unser Spiel mit Ball noch kreativer hätte gestalten können, egal ob als Achter, Zehner oder zweite Spitze.“ Die Verpflichtung sei aber kein Muss gewesen, man habe sie intern eher als zusätzliche Option gesehen.

Oliver Ruhnert und die besonderen Neuzugänge

Einen Spieler wie Jerome Roussillon vom VfL Wolfsburg hatte außer Union Berlin im Winter kaum ein Verein auf der Liste. Immerhin kam Roussillon bei den Niedersachsen kaum zum Einsatz. Der Linksverteidiger verbrachte die meiste Zeit auf der Bank. Die Idee mit Roussillon fasst Ruhnert so zusammen: „Wir wollten jemand holen, der uns idealerweise sofort hilft. Zudem hat er im Grunde genommen keine Ablöse gekostet, spricht die deutsche Sprache und besitzt Bundesliga-Erfahrung. Wir sind überzeugt, dass er mit seinem Potenzial in unserem System Sinn macht.“

Oliver Ruhnert und die Lockerheit

Seit 15. Mai 2018 ist Oliver Ruhnert Geschäftsführer Profifußball und Leiter der Lizenzspielerabteilung bei Union Berlin. Gemeinsam mit Trainer Urs Fischer hat er die Mannschaft aufgebaut und Jahr für Jahr weiterentwickelt. Sein aktueller Zweijahres-Vertrag läuft bis 30. Juni. Eine Verlängerung scheint nur Formsache zu sein. Union Berlin und Oliver Ruhnert – das passt einfach. Und die größten Erfolge stehen womöglich noch bevor.
Mit der Frage, ob er womöglich auf dem Höhepunkt seines Schaffens irgendwann aufhören könnte, geht Ruhnert locker um. „Ich kokettiere nicht damit aufzuhören und ich fühle mich auch nicht amtsmüde. Ich lediglich gesagt, dass ich den Job nicht ewig machen werde und auch nicht brauche, um glücklich zu sein“, stellt Ruhnert klar.
Dennoch werde es auch für ihn irgendwann mal in einer anderen Richtung weitergehen. „Das Schöne ist: Wir können das selbstbestimmt machen. Eigentlich fliegen wir in diesem Job ja immer raus.“