Wenn der frühere Torwart-"Titan" nun am 1. Januar 2020 als neues Vorstandsmitglied seine Arbeit beim deutschen Rekordmeister aufnimmt, wird er ein eigenes Büro beziehen.
Auf der Vorstandsetage arbeitet der 50-Jährige künftig Tür an Tür mit der Führungsriege um Karl-Heinz Rummenigge, den er Ende 2021 als Chef ablösen soll. Das hat noch Uli Hoeneß eingefädelt. "Oliver wird uns bereichern. Wir werden gut zusammenarbeiten", sagte Rummenigge.
Besuch im Trainingslager
Kahn legt los und die gesamte Bundesliga-Branche wird gespannt zuschauen. Der Bayern-Chef der Zukunft rückt in den Fokus der Öffentlichkeit. Er soll die Mannschaft bei einem mehrtägigen Besuch im Trainingslager in Katar kennenlernen. Am 19. Januar könnte der Rummel um Kahn einen ersten Höhepunkt erfahren, wenn die Bayern zum Rückrundenstart ausgerechnet gegen Hertha BSC und Jürgen Klinsmann antreten. Klinsmann, der nach Kahns Karriereende im Sommer 2008 Bayern-Trainer wurde. Vor allem aber der Klinsmann, der Kahn beim WM-Sommermärchen 2006 in Deutschland zum Torwart Nummer 2 hinter Jens Lehmann degradierte.
Der Aufsichtsrat stattete ihn noch unter der Führung von Hoeneß mit einem Fünfjahresvertrag aus – ein gewaltiger Vertrauensvorschuss. Kahns Rückkehr löst bei den Bayern-Fans Euphorie aus. Sie feierten ihren "Titan", der sich in seiner Zeit abseits des FC Bayern als Geschäftsmann und ZDF-Fußballexperte profilieren konnte, auf der Jahreshauptversammlung im November fast noch frenetischer als den scheidenden Präsidenten Hoeneß, der ihm vom Podium zurief. "Da hast du viel Arbeit, um diesen Vorschusslorbeeren gerecht zu werden."
Kahn hat sich, wie zu hören ist, akribisch vorbereitet. Von ihm selbst war wenig zu hören, nur, dass er die "neue Herausforderung" mit "Leidenschaft und Enthusiasmus" angehen wolle. Oliver Kahn – das war gelebtes Münchner "Mia san mia", auf und neben dem Platz. Kahn war das Feindbild in den gegnerischen Stadien, wo er aus den Fankurven mit Bananen beworfen wurde.
Bei einem Spiel in Freiburg eskalierte das 2000, als ihm ein jugendlicher Fan einen Golfball an den Kopf warf. Jetzt geht‘s nach fast zwölf Jahren Pause für ihn weiter beim FC Bayern, wenn auch in anderer Funktion. Kahn soll das neue Alphatier nach Hoeneß (67) und Rummenigge (64) werden. "Das ist keine Position, die man einfach von heute auf morgen bekleiden kann, indem man sagt: Servus, hier bin ich, wo ist mein Schreibtisch und jetzt fange ich an", äußerte er vor einiger Zeit. Der FC Bayern hat mehr als 1000 Mitarbeiter. Der Bundesliga-Krösus setzt 750 Millionen Euro im Jahr um. In München zählen nur Titel, national und in Europa, gepaart mit seriösem Wirtschaften. Hoeneß, Rummenigge und Neu-Präsident Hainer trauen Kahn den Spitzenjob zu.
Profi-Vita hilfreich
Kahn war Hoeneß’ Idee. Er hat dessen Werdegang nach der Profizeit verfolgt. Immer wieder trafen sich beide zu Gesprächen. "Irgendwann hat es bei mir Klick gemacht", schilderte Hoeneß. "Oliver kennt den Fußball, er kennt die Wirtschaft und er trägt die DNA des FC Bayern in sich."
Und er bringe etwas Unverzichtbares mit. "Wir brauchen in der Führungsposition einen, der ehemaliger Fußballspieler war." Eine Profi-Vita auf allerhöchstem Niveau sei "sehr hilfreich, wenn du mit einem Joshua Kimmich, mit einem Robert Lewandowski, mit einem Leroy Sané diskutierst", erläuterte Hoeneß.
Kahn soll sich in aller Ruhe einarbeiten. Er soll im Haus einzelne Abteilungen durchlaufen, die Auslandsbüros in New York und Shanghai besuchen, seine Expertise in sportlichen Fragen einbringen. Parallel wird er anfangs noch externe Verträge wie mit dem ZDF erfüllen.
14 Jahre lang die perfekte Symbiose
Im Sommer 1994 wechselte Oliver Kahn für 2,4 Millionen Euro vom Karlsruher SC nach München. Bis 2008 wurde er mit dem FC Bayern acht Mal Deutscher Meister, sechs Mal DFB-Pokalsieger und gewann 2001 die Champions League. "Ich bin mit dem Verein tief verbunden, er hat mein Leben sehr stark geprägt. Ich habe wahnsinnig viel erlebt, emotionale Momente, Höhen und Tiefen", sagte Kahn vor einiger Zeit.