Obwohl der Stellungskrieg im Westen bereits große Opfer auf beiden Seiten gefordert hat, sind sich Paul und seine Klassenkameraden sicher, dass sie an der Front eine Wende einleiten werden. Nach markigen Worten des Direktors zu Kaiser, Gott und Vaterland rücken die 17-Jährigen ein. Ein Entschluss, den viele von ihnen in den Schützengräben West-Flanderns bereits kurze Zeit später bereuen. Paul erlebt, wie innerhalb weniger Wochen seine Klasse im „Feld der Ehre“ bleibt. Das Grauen wird Alltag, das Sterben Routine. Und so übersteht der junge Mann tatsächlich mehr als ein Jahr an der Front und hat mit Katc einen neuen und verlässlichen Freund gefunden. Und dann sieht es so aus, als würden sie den großen Krieg tatsächlich überleben können. Schon bald soll Frieden herrschen. Doch der befehlende General ruft zum letzten Angriff. Ein Sieg muss her, bevor die Waffen schweigen.
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Beruhend auf eigenen Erfahrungen und Berichten anderer erschuf Erich Maria Remarque 1928 eines der wichtigsten Werke gegen den Krieg. Bereits kurze Zeit später machte Lewis Milestone einen Film daraus, der 1930 mit zwei Oscars ausgezeichnet wurde. Bis auf eine Fernsehadaption in den späten 1970ern blieb der Stoff aber unangetastet.
Ausgerechnet ein Deutscher hat nun im Auftrag des Streaming-Giganten Netflix das Material einer modernen Aufarbeitung zugeführt. Edward Berger übernahm sowohl Drehbuch als auch Regie. Gerade bei ersterem gestattete sich der Filmemacher dabei einige künstlerische Freiheiten, die im Nachhinein und bei Lichte betrachtet wohl der aktuellen Situation in Europa geschuldet sein könnten.
Soldaten werden verheizt
Denn einerseits lässt die Story einige essenzielle Stellen der Vorlage weg und nimmt andererseits geschichtliche Vorgänge auf, die Remarque gar nicht berücksichtigt hatte. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bemühungen um Frieden des deutschen Gesandten Erzberger. Nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch. Während das Schlachten und Töten im Schlamm weitergehen, lassen es sich Unterhändler und Generalität in geheizten Stuben gutgehen, wird um Details gestritten, während minütlich Soldaten sterben. Und das bis zur buchstäblich letzten Minute. Dass im Krieg die einfachen Soldaten verheizt werden und die Beauftragenden teils gar persönlichen Zielen folgen, ist allerdings keine neue Erkenntnis. Und diese wurde an anderer Stelle auch schon subtiler ans Publikum gebracht.
Klare Bildsprache
Gleiches gilt für die Veranschaulichung des realen Krieges. Berger schont sein Publikum nicht, hält sich ebenso wenig lange mit der Vorrede auf. Dennoch dürften sich die Schockzustände in Grenzen halten. Schließlich kennt die Filmhistorie viele Kriegsfilme, die die Gräuel teils erschreckend realistisch dargestellt haben.
Insofern bewirkt eine Häufung nicht mehr, sondern mitunter das Gegenteil. Unstrittig ist jedoch, dass die Kamera von James Friend den Zuschauer nicht lediglich zum Betrachter macht. Er wird vielmehr mitten ins Geschehen hineingezogen. Friend hält darauf, arbeitet mit Close-ups und streut immer wieder geradezu idyllische Landschaftsaufnahmen mit ein. Dabei wirkt allein der inhaltliche Kontrast. Fürs Heimkino liegt der Film auch in höchster Auflösung als UHD vor. Deren sattes Schwarz verstärkt noch einmal den realistischen Bildeindruck.
Erschreckend authentisches Kriegsgeschehen
Ergänzt wird dieser durch einen erschreckend authentischen Sound. Hier ist weniger mehr. Und so verzichtet der Film fast komplett auf einen Score, nur vereinzelt kündigen Heavy-Metal-Klänge drohendes Unheil an. Die Umsetzung von Granat- und Kugelhagel oder Explosionen ebenso wie das Röcheln Sterbender lassen das Gesehene fast körperlich spürbar werden. In dieser gesamten Umsetzung markiert der Streifen neue Referenzen. Und wie beim Bild lebt auch der Ton von Kontrasten, hier das Kriegsgeheul, dort fast absolute Stille.
Technisch brillante Umsetzung auf UHD
Nach neun Nominierungen hat „Im Westen nichts Neues“ schließlich vier Oscars erhalten, als bester internationaler Film sowie fürs Bild, die Ausstattung und die Musik. Im anglo-amerikanischen Raum erfreut sich der Streifen durchweg sehr guter Bewertungen, während man hierzulande die schon erwähnte mitunter etwas plakative Darstellungsweise bemängelte.
Für die teilweise Zurückhaltung spricht auch, dass es ein eher kleinerer Verleiher ist, der den deutschen Oscar-Beitrag ins Kino brachte. Der ist vor allem technisch brillant umgesetzt und das ganz ohne crazy german money. Ob und inwieweit gerade die durch den Erzberger-Erzählstrang eingebrachte Wertung der aktuellen Entwicklung geschuldet ist oder zufällig gut zu dieser passt, mag dahingestellt bleiben. Tatsache ist jedoch, dass der filmische Krieg gerade zu rechten Zeit angesichts des realen in Europa zu kommen scheint.
Im Westen nichts Neues
Genre: Kriegsfilm; FSK: 16 Jahre; Laufzeit: 148 Minuten; Verleih: Capelight; Regie: Edward Berger; Felix Kammerer, Albrecht Schuch, Aaron Hilmer; D 2022