Wer bin ich und wie sehen mich andere - dieser Frage geht Karoline Herfurth episodenhaft durch alle Altersgruppen nach. Das Ergebnis nimmt sie mit dem Titel ihres neuesten Films dann auch schon vorweg. Wunderschön!

Mainstream und Wirklichkeit

Mit 25 zu alt, der Körper nicht mehr in Form - Julies Traum vom Modelleben endet, bevor er richtig begonnen hat. Schwägerin Sonja hingegen wäre überglücklich, könnte sie nach zwei Kindern sich noch annähernd solch eines Aussehens erfreuen. Mutter Frauke ist dies herzlich egal, wenn doch nur Ehemann Wolfi ihr etwas mehr Aufmerksamkeit schenken würde.
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Auch Sonjas bester Freundin ist das alles Schnuppe, sie lebt ohnehin in den Tag und schert sich nicht um Konventionen. Das versucht sie auch ihren Schülern beizubringen. Doch wer wie Leyla nicht ins Schema des Mainstreams passt und eine Mutter hat, die junge, schlanke Frauen wie Julie aussortiert, der versucht sich der öffentlichen Meinung anzupassen oder schließt sich vom Leben mit anderen komplett aus.

Idealbild vs. Realität

Als Regisseurin und eine der Hauptdarstellerinnen in Personalunion - zudem am Drehbuch beteiligt - darf sich Karoline Herfurth auf die Fahnen schreiben, maßgeblich an der sehr feinen Gegenwartsanalyse, die ihr neuer Film zweifellos darstellt, beteiligt gewesen zu sein. Fast die gesamte Bandbreite der weiblichen Möglichkeiten, mit dem durch Werbung und Social Media geprägten Idealbild in Konflikt zu geraten, deckt sie innerhalb eines Familien- und zugehörigen Freundeskreises ab. Dabei lüftet sie erst mit fortlaufender Handlung die Verflechtungen und sorgt somit auch für eine gewisse Spannung, warum ausgerechnet diese Figuren beteiligt sind.

Kein Geschlechterkampf

Nun kann Frau das Thema feministisch aufgeladen, wie von so mancher Aktivistin gern und oft und immer wieder vorgetragen, abarbeiten. Da bleiben dann noch diejenigen vor dem heimischen TV sitzen, die sich im dauernden Geschlechter- und Kulturkampf wähnen. Oder aber die Sache wird wie von Herfurth vorgeführt angegangen, indem Kritik mit einem guten Auge für feine Wahrheiten und einem guten Mix aus Emotionen und Humor verfeinert wird. Das spricht dann wohl nicht nur den großen Rest der Weiblichkeit an, sondern auch die Männer, die allerdings über weite Strecken nicht wirklich gut wegkommen.

Rollen, die passen

Das allerdings ist verschmerzbar. Denn das Zusehen bereitet geschlechtsunabhängig großes Vergnügen. Die Geschichte kratzt zwar immer ganz knapp am Klischee vorbei, vermeidet dabei allerdings Albern- oder Plattheiten. Selbst, dass zum Ende hin der Plot ein wenig auf Happy End gedreht wird, mag man Karoline Herfurth verzeihen, da diese selbst wie auch ihre Mitstreiterinnen eine hervorragende Vorstellung abliefern. Auch, weil einfach die Rollen perfekt passen.

Wunderschön

Genre: Drama; FSK: 12 Jahre; Verleih: WHV; Regie: Karoline Herfurth; Karoline Herfurth, Martina Gedeck, Nora Tschirner; D 2022