Einst war Michael Milo ein erfolgreicher Rodeo-Reiter. Die sind bekanntermaßen Volkshelden in Texas. Doch ein schwerer Unfall zerstörte nicht nur die Karriere. Er ließ Milo auch persönlich tief fallen. Howard Polk fing ihn seinerzeit auf. Nun ist es an der Zeit beim ehemaligen Boss, von Michael eine Gegenleistung einzufordern.

Gefallener Rodeo-Held

Der soll nach Mexiko rüber, um den unehelichen Sohn von Polk zum Vater zu holen. Nicht allein familiäre Bande sind allerdings der Grund dafür. Mit der Mutter des mittlerweile Teenagers betreibt Howard einige Immobiliengeschäfte und erhofft sich, mit Rafo in seinem Haus, eine bessere Beteiligung aushandeln zu können. Für Milo ist das alles nur ein Job, eine letzte Chance wenn man so will.

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Die Einstellung ändert sich, als er dem Jungen das erste Mal gegenüber steht. Denn obwohl aus gut situiertem Hause droht der Fünfzehnjährige in die Gosse abzurutschen, verdient sich neben kleinen Gaunereien Geld beim Hahnenkampf. Das ist der Mutter eigentlich egal bis sie erfährt, dass da wieder jemand kommt, der Rafo in die Staaten bringen soll. So wird das anfangs einfache Unterfangen zu einem Roadtrip, bei dem der Junge wie auch der Alte noch jede Menge lernen können.

Einsamer Cowboy

Lonely Cowboy ist eine Rolle, die wie geschaffen scheint für Clint Eastwood. Schließlich ist er der letzte aus einer Reihe von Hollywood-Kämpen, die diese Schaffensperiode noch erlebt haben. Nur, Eastwood ist mittlerweile 91. Das hielt „Dirty Harry“ nicht davon ab, den mehr als 30 Jahre alten Stoff zu verfilmen und sich selbst vor die Kamera zu stellen. Neu erfinden musste sich die Mime dabei nicht. Gespielt wird der Einzelgänger, der sein Ziel konsequent verfolgt und gern andere nicht nur an seinen Lebensweisheiten teilhaben lässt, sondern selbst ebenso etwas mitnimmt. Das ist ehrlich und grundsympathisch.

Ehrlich, sympathisch, diskussionswürdig

Die Rolle des Milo war aber sicher nicht für einen Hochbetagten geschrieben worden. Und Eastwood hat keine ersichtlichen Schritte unternommen, die Handlung seinem Alter anzupassen. Ob er so tatsächlich tagelang im Pickup unterwegs ist, auf harten Kirchenbänken schläft, einem Teenager das Reiten beibringt oder von halb so alten Frauen angehimmelt wird, ist zumindest diskussionswürdig. Ganz sicher aber prügelt er sich nicht mit irgendwelchen Handlangern vor Kneipen herum.

Letztes Mal vor und hinter der Kamera

Man gönnt es Clint von ganzem Herzen, noch einmal all das zu zeigen, was seine Rollen in den letzten 65 Jahren ausgemacht haben. Gleichwohl, glaubwürdig ist es nicht. Wir sehen einen alten Mann, der sichtlich Mühe hat, zu gehen oder seine Worte mit entsprechender Mimik zu unterlegen. Wir sehen wohl Clint Eastwood ein letztes Mal vor und hinter der Kamera. „Cry Macho“ dürfte sein Abschied vom aktiven Filmgeschäft sein.

Cry Macho

Genre: Drama; FSK: 12 Jahre; Laufzeit: 104 Minuten; Verleih: WHV; Regie: Clint Eastwood; Clint Eastwood, Eduardo Minett, Dwight Yoakam; USA 2021