Sie triumphierte 1936 in Garmisch-Partenkirchen und Hitler ließ es sich nicht nehmen, der norwegischen Blondine persönlich das dritte Olympiagold im Eiskunstlauf der Frauen um den Hals zu hängen. Doch für Sonja Henie war das nicht etwa der Höhepunkt, sondern eigentlich erst der richtige Beginn ihrer Karriere.

Erst Olympia, dann Hollywood

Sportlich gesehen hatte sie mit ihren Olympiasiegen und zehn Weltmeisterschaftstitel bereits den Gipfel erreicht. Doch nun kam der kommerzielle Teil. Noch am bayerischen Eisrand machte ein pfiffiger Geschäftsmann der Nordeuropäerin einen Vorschlag. Sie solle in die USA kommen und in Eisrevuen das Publikum verzaubern. Da der Investor sowohl die Organisation wie auch das Risiko zu übernehmen versprach, sagte Henie zu.

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Eine richtige Entscheidung. Denn die Geschäftsidee machte Sonja auf einen Schlag berühmt und in kurzer Zeit auch ziemlich reich. Schließlich sprang Hollywood auf den Zug auf, was Popularität und Bankkonto zusätzlich zugute kam. Nicht jedoch dem Ego des Eislaufstars. Denn der gab sich einem ungezügelten Leben hin, verschliss Liebhaber am laufenden Band und gönnte sich reichlich Alkohol. Als Sonjas Vater plötzlich verstirbt, der bis dahin der Anker ihres Lebens war, verliert sie komplett den Halt. Und sie will partout nicht einsehen, dass auch ihre Karriere irgendwann einmal zu Ende geht.

Karriere-Höhen und Tiefen

Die erfolgreichste Eiskunstläuferin aller Zeiten war - nein, nicht Katarina Witt, sondern die heutzutage eher unbekannte Sonja Henie. Dreimal Olympiagold, zehn WM-Titel und sechsfache Kontinentalmeisterin. Dazu gefeierter Hollywood-Star und in den 1930er Jahre eine der reichsten Frauen auf dem Globus. Anne Sewitsky nimmt sich des wohl glamourösesten Teils des Henie-Lebens an und startet ihr Biopic mit dem Gewinn des 3. Olympiatitels. Von da an geht es rasant bergauf, doch der interessanteste Teil des Filmes besteht natürlich aus der Bergabfahrt.

Sex, Drugs & Rock’n’Roll

Denn Sonja ist ein schwieriger Mensch. Das Rampenlicht teilt sie ungern mit anderen und will natürlich nicht wahrhaben, dass ihr Stern im sinken begriffen ist. Zudem macht ihr die Alkoholsucht zu schaffen, die sie selbst bis aufs Eis begleitet. Auch ihr ausschweifendes Liebesleben sorgt für Negativ-Schlagzeilen. Und nicht zuletzt traut sie ihrem engsten Umkreis nicht wirklich über den Weg. Zu Recht, wie sich zeigen sollte. Sewitsky vermag die zerrissene Persönlichkeit nachvollziehbar in Szene zu setzten. Und Ine Marie Wilmann beherrscht durchaus schauspielerisch die Palette vom gefeierten Eisstern bis hin zur gefallenen Diva. Da es dem Setting rund um eine gutbetuchte Hollywood-Ikone ein wenig an Abwechslung fehlt, peppt die Regisseurin das Geschehen mit Hilfe des Scores auf. Dabei finden vor allem heutige Rock- und Popnummern Verwendung, was dem Ganzen einen besonderen Anstrich verleiht.
Wird uns Sonja in Erinnerung bleiben? Eher nicht. Zu sehr ähnelt ihr Schicksal anderen Diven im Rampenlicht, zu wenig spielt sie heutzutage eine Rolle. Dennoch ist der filmische Ausflug in die Geschichte einer fraglos großen Sportlerin unterhaltsam und insofern lehrreich, als dass wir nun wissen, auf wen die immer noch populären Eisshows zurückzuführen sind.

Sonja - The white Swan

Genre: Biopic; FSK: 16 Jahre; Laufzeit: 113 Minuten; Regie: Anne Sewitsky; Ine Marie Wilmann, Valene Kane, Eldar Skar; N 2018