Hoch droben in den französischen Pyrenäen ist der II. Weltkrieg weit weg. Hier lebt man in den Tag hinein wie schon Generationen zuvor. Bis die Wehrmacht einmarschiert, um die Grenze nach Spanien zu sichern.

Gutes Verhältnis zu Deutschen

Das erscheint vielen Dorfbewohnern auf den ersten Blick unverständlich. Denn weiter als auf die Hochalmen, auf denen die Schafe den Sommer verbringen, geht hier ohnehin niemand mehr. Hirtenjunge Jo weiß es besser. Denn er hat den mysteriösen Fremden einst im Wald getroffen und erfahren, dass das der Sohn der alten Witwe in einem abgelegenen Tal ist. Hierher schleust man aus ganz Frankreich jüdische Kinder, um sie über die Berge nach Spanien zu bringen. Doch das verhindern die Wehrmacht-Patrouillien nun.

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Dabei kommt man mit den Deutschen ganz gut aus. Sie sind freundlich und lassen die Dorfbewohner eigentlich in Ruhe. Jo hat sich gar mit dem älteren Gebirgsjäger angefreundet und geht mit diesem immer mal wieder Adler beobachten. Dann stiehlt die Résistance Sprengstoff aus dem Vorrat der Fremden und jagt eine Brücke in die Luft. Schlagartig verändert sich alles. Und da es im Grenzverkehr seit Monaten kein Durchkommen gab, befinden sich mittlerweile mehr als ein halbes Dutzend Kinder in der Obhut der Witwe. Allein kann das deren Sohn nicht mehr schaffen, das ganze Dorf ist gefragt und bringt sich damit in Gefahr.

Kindlicher Blick

Mehr als 7000 Kinder wurden während der deutschen Besetzung über die Berge in Sicherheit gebracht. Und bestimmt war das Verhältnis von Okkupanten und Einheimischen nicht immer so erträglich, wie in diesem fiktiven Beispiel vorgeführt. Ben Cookson verfällt in seinem einfühlsamen Drama nicht in plumpe Schwarz-Weiß-Malerei, kennzeichnet aber dennoch ganz konkret Täter und Opfer. Anhand der Person von Jo wird der kindliche Blick auf die Lage in den Vordergrund gestellt. Und da ist Angst ebenso wie Neugier und Abenteuerlust vorhanden. Selbst freundschaftliche Anflüge zu einem Deutschen, der auch sein Vater sein könnte, sind kein Tabu.

Die menschliche Seite

Cookson und sein Kameramann fangen die Stimmung der Berge und des Dorfes meist in melancholischen und stets etwas weichgezeichneten Bildern ein. Die Stimmung ist dabei weniger dramatisch, als man beim Thema erwartet. Zumal auch nicht die Kinder im Mittelpunkt stehen, sondern der Junge, wie er die Zeit erlebt. Als alter Mann spricht er zudem die Kommentare aus dem Off, was zumindest sicherstellt, dass Jo ungeschoren aus der Sache rauskommt. Auch wenn dadurch etwas Spannung verloren geht, hat der Film keine Längen und nähert sich in jeder Beziehung von der menschlichen Seite her der Thematik.

Nur ein einziges Leben

Genre: Drama; FSK: 12 Jahre; Laufzeit: 109 Minuten; Verleih: Eurovideo; Regie: Ben Cookson; Noah Schnapp, Jean Reno, Thomas Kretschmann; GB/B 2020