Ende Oktober 1937 begannen japanische Truppen, Shanghai einzunehmen. Den Auftakt der Kämpfe bildete ein viertägiges Scharmützel um das Sihang-Lager am Suzhou-Fluss. Pikant dabei: Auf der anderen Fluss-Seite befanden sich die ausländischen Sicherheitszonen. So schaute die Welt aus nächster Nähe dem Gemetzel zu.
Von Deserteuren zu Helden
Denn mit Beginn der Kämpfe befanden sich rund 800 Soldaten der Nationalen Revolutionsarmee im riesigen Gebäude, das nicht nur strategische Güter und Lebensmittel beherbergte, sondern unter dem auch ein riesiges Gaslager eingerichtet worden war. Eigentlich handelte es sich bei den Chinesen um tatsächliche oder vermeintliche Deserteure, die hier eingesperrt worden waren.
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Als die Japaner sich anschickten, vorzurücken, wurden die Soldaten vor die Wahl Standgericht oder Kampf gestellt. Die Überlebenschancen waren bei letzterem gar nicht mal so schlecht. Denn wegen der Nähe des ausländischen Territoriums gegenüber konnten die Angreifer keine schweren Waffen einsetzen. Dennoch war die Hälfte der Verteidiger nach vier Tagen tot.
Sterben für die Ehre
Wenn man der Verfilmung glauben darf, vor allem aus Gründen der Ehre und des Patriotismus. Denn die strategische Bedeutung des Warenhauses war eher gering und letztlich eroberten die Japaner im II. Chinesisch-Japanischen Krieg ohnehin Shanghai. Das sinnlose Sterben wird vor allem in der Schlussphase des Spektakels thematisiert. Hier stellen die Verteidiger einen Fahnenmast auf, um die Angreifer zu provozieren und halten die Flagge trotz unglaublicher Verluste aufrecht.
Der Tod beim Tee
Dieser Abschnitt stellt die skurrile Gesamtsituation gleichzeitig am grausamsten und beeindruckendsten dar. Während auf der einen Seite des Flusses sich Soldaten vom Dach als lebende Bomben auf die Angreifer stürzen, schauen von den Terrassen gegenüber die Welt-Medien und reiche Chinesen bei einer Tasse Tee dem Sterben zu. Fast so, als ob es sich um eine Sportveranstaltung handeln würde.
Erfolgreichster Film 2020
Pikant auch, dass die hier gezeigten Soldaten unter der Gesamtführung von Chiang Kai-shek standen und die gehisste Fahne die des heutigen Taiwans ist. Die Heroisierung des Films kann daher den Machthabern im heutigen Peking nur bedingt gefallen haben. Deren Landsleuten um so mehr. Denn die machten ihn zum erfolgreichsten Film des vergangenen Jahres. In China waren die Kinos zeitweise geöffnet.
Hollywood-Blockbustern ebenbürtig
Weder in Sachen Aufmachung noch Umsetzung muss sich die chinesische Produktion hinter großen Blockbustern aus Hollywood verstecken. Mit IMAX-Kameras gedreht, sehr ordentlich mit CGI-Effekten aufgepeppt, dazu stets ein in steingrau-kühlem Bild gehalten, beeindruckt das Spektakel visuell auf jeden Fall. Auch die besondere Atmosphäre auf beiden Seiten den Flusses kann inhaltlich punkten. Darüber hinaus gibt es jede Menge Action und Pathos, wie man es von vergleichbaren amerikanischen Produktionen kennt. Einzig wirklicher Kritikpunkt wäre die Länge. Zweieinhalb Stunden sind schon arg herausfordernd.
The 800
Genre: Kriegsfilm; FSK: 16 Jahre; Laufzeit: 149 Minuten; Verleih: Koch; Regie: Hu Guan; Zhi-zhong Huang, Zhang Junyi, Hao Ou; CHN 2020