Ein Freibad nur für Frauen ist vor den Toren Münchens Anlaufpunkt holder Weiblichkeit aus allen Kulturen. Ob Emanze oben ohne oder Feministin im Burkini - vor der Bademeisterin sind sie alle gleich.
Doch abseits vom Beckenrand geht es alles andere als friedlich zu. Denn jede Gruppierung pocht auf die eigene Kultur und zeigt wenig Verständnis für die andere. So sieht die deutsche Abteilung die Regeln besonders streng, während die türkische diese eher locker auslegt. Und nicht jede, die voll verschleiert oder im Ganzkörper-Anzug daherkommt, steht unter der Knute eines Mannes oder Gottes.
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So sind Missverständnissen und Vorurteilen Tür und Tor geöffnet. Als dann auch noch die Bademeisterin entnervt kündigt, droht der Kollaps. Denn es gibt nur einen Nachfolger für den zum Erhalt des Bades notwendigen Posten: Einen Mann. Der allerdings schreckt die zahlungskräftige Kundschaft aus dem Mittleren Osten ab. Am Ende aber muss frau sich zusammenraufen, soll nicht der Rest des Sommers ohne abkühlendes Nass ertragen werden.
Immer nah am Shitstorm
Für ihre neue Komödie hat sich Doris Dörrie ein heikles Thema auserkoren. Denn Kleidung, die auch Weltanschauungen verdeutlichen kann, wird nicht nur hierzulande heiß diskutiert. Das fiktive Freibad nur für Frauen ist somit der perfekte Schmelztiegel für Ansichten, die auf den ersten Blick als unvereinbar gelten. Und da man heutzutage auch bei aller Berücksichtigung künstlerischer Freiheit einen ordentlichen Shitstorm riskiert, wenn sich nur eine Seite benachteiligt fühlt, teilt die Regisseurin, die auch am Drehbuch beteiligt war, nach allen Seiten gleichmäßig aus.
Jedem Recht getan, ist allerdings eine Kunst, die niemand kann. Und so scheint am Ende keiner wirklich glücklich. Zwar geht die Geschichte anfangs die Problemfelder mutig an, doch im Verlaufe verwässert das alles ein wenig. Mit dem Auftauchen des Mannes schließlich erfolgt nicht die Explosion, sondern eher die Verwässerung. Nur eine selbstbewusste Muslima im Burkini umherlaufen zu lassen, die dann auch jedem erzählt, dass sie nicht gezwungen wird, sondern das Stück trägt, weil sie es will, ist nun nicht besonders mutig. Und auch die Schleierfrauen, die sich als Asylsuchende aus der Schweiz entpuppen, weil dort ein Burkaverbot herrscht, kommen nicht über den Onetimer hinaus.
Spaß am Klischee
Am Ende gibt es viel zum Schmunzeln, eher zwischen den Dialogzeilen und Einstellungen. Für den richtigen Biss aber hat es nicht gereicht. Dorrie häuft Klischees von und in Deutschland lebenden Kulturkreisen an, die so geballt sicher nicht immer zur Anwendung kommen. Insofern hält uns „Freibad“ einen Spiegel vor. Auf Schlussfolgerungen verzichtet die Komödie zum Glück, gibt aber natürlich einen positiven Ausblick dahingehend, dass wir alle, so unterschiedlich wir auch sein mögen, einträglich miteinander leben können. Trotz aller Reibereien.
Freibad
Genre: Komödie; FSK: 12 Jahre; Laufzeit: 103 Minuten; Verleih: Constantin; Regie: Doris Dorrie; Nilam Farooq, Andrea Sawatzki, Maria Happel; D 2022