Die Zahl an E-Auto-Modellen nimmt stetig zu. Ab sofort wird das Angebot ergänzt um einen Stromer, der auf den abgefahrenen Namen Ora Funky Cat hört. Ora ist eine Marke des chinesischen Autoriesen Great Wall Motor. Und das muss man den Chinesen lassen, sie haben der Elektromobilität eine wirklich emotionale Form gegeben. Der 4,24 Meter lange Wagen mit den Kulleraugen sieht gar nicht irre, sondern echt knuffig aus, mit Designanklängen an Käfer und ursprünglichen Porsche, aber auch einem interessanten Heck mit durchlaufendem Leuchtband. Auch innen kann das Design überzeugen – genauso wie Materialwahl und Verarbeitung (das gilt übrigens unabhängig davon, welche Variante des Fahrzeugs man wählt). Das Platzangebot ist für ein Auto dieser Größe ordentlich, nur der Kofferraum ist mit 228 Litern zu klein geraten.

Überraschende Sprachsteuerung

Bemerkenswert an diesem Ora ist aber auch die verbaute Sprachsteuerung. Denn Sprachsteuerung heißt bei Ora nicht, mal schnell den Rundfunksender zu wechseln – auch das Schiebedach oder der Kofferraum lassen sich so etwa öffnen. Der Name des kleinen digitalen Kobolds, der die Anweisungen entgegennimmt, lässt sich übrigens frei wählen. Allerdings kann man es auch teilweise als Beschränkung der eigenen Freiheit empfinden, wenn das System ziemlich strikt darauf hinweist, dass man gefälligst die Augen auf die Straße richten solle – das Auto hat nämlich per Kamera das Gesicht des Fahrers fest im Blick. Überschreitet man die zulässige Höchstgeschwindigkeit, wird man auch umgehend darauf hingewiesen.
Das Ganze ist als selbstlernendes System ausgelegt, der Assistent soll also bald wissen und beachten, welche Musik man mag, wo sich die Lieblingspizzeria befindet oder ob man nach dem Feierabend immer einen Anruf bei der Ehefrau tätigt. Sieht man traurig aus, soll der Assistent auch schon mal einen Witz erzählen. Und Wikipedia-Einträge kann er auch zitieren. Nun ließ sich das alles bei ersten Testfahrten natürlich nicht komplett testen, dazu kannte mich der bei mir Chris getaufte Assistent denn doch noch zu wenig. Beeindruckend ist es aber schon. Wer da Datenschutzbedenken hegt, bekommt von dem Importeur, der seit langem Mitsubishi-Modelle nach Deutschland holt und nun auch Ora einführt, zu hören, dass die Server für all das nicht in China, sondern in Frankfurt/Main stehen.

Langsames Laden

Oras Funky Cat rollt stets mit 171 PS, Frontantrieb und einer Spitzengeschwindigkeit von 160 km/h an. Allerdings gibt es zwei verschiedene Batterien. Die eine soll für 310 Kilometer reichen und startet bei 38.990 Euro. Für mindestens 44.490 Euro gibt es offiziell 420 Kilometer. Wobei sich schnell herausstellt, dass die tatsächliche Reichweite natürlich am individuellen Fahrstil hängt, wir kamen mit der größeren Batterie auf 350 Kilometer.
Arbeiten sollte Ora noch an der Ladegeschwindigkeit. Eine Dreiviertelstunde für das Laden von 15 Prozent auf 80 Prozent an der Schnellladesäule ist heutzutage vergleichsweise lange. Und wie fährt sich der Wagen? Gut. Eher komfortabel und mit nicht so brachialer Beschleunigung wie bei anderen Stromern (Spurt von 0 auf Tempo 100 in gut acht Sekunden), aber trotzdem munter und sicher. Stichwort Sicherheit: Nach den katastrophalen Ergebnissen, die vor einigen Jahren chinesische Autos bei Crashtests in Europa lieferten, legt Ora Wert auf die Feststellung, gerade mit Bestnote beim Euro NCAP Crashtest abgeschnitten zu haben.
Wie sehr es in China technologisch vorangegangen ist, sieht man auch daran, dass Funky Cat bereits auf der Plattform steht, die auch BMW für den neuen Elektro-Mini nutzen wird (leichte Designanklänge an Mini-Schalter im Innenraum müssen da wohl nicht verwundern). Ab Werk hat der Ora unter anderem bereits LED-Scheinwerfer, 18-Zoll-Leichtmetallfelgen, Klimaautomatik, Navigation, 360-Grad-Rundumsichtkamera, Totwinkelwarner, Starten ohne Startknopf und Fernlichtassistent an Bord.

Kein Schnäppchen

Alles in allem hat es Ora geschafft, ein wirklich besonderes Elektroauto auf die Reifen zu stellen, welches es verdient hat, von Menschen, die nach einem Stromer Ausschau halten und eigentlich andere Marken im Visier hatten, ausprobiert zu werden. Mit Schnäppchenpreisen will man bei Ora nicht punkten, sondern mit Technologie, Design, Qualität. Und auch mit der Lieferzeit – die soll nämlich lediglich zwei bis vier Wochen betragen. Davon können Kunden anderer E-Auto-Hersteller nur träumen. Kein Wunder, dass der Importeur schon einmal in China angefragt hat, ob man nicht auch mehr als die eigentlich für 2023 eingeplanten 6000 Exemplare bekommen könnte. Man kann. Mal sehen, ob die Kunden auf diese Elektro-Katze wirklich abfahren.