Motor
Für das schwedische Flaggschiff XC90 sind zwei Benziner (250 PS/300 PS) sowie ein Diesel mit 235 PS erhältlich. Auch die sind schon etwas elektrisch - als sogenanntes Mild-Hybrid-System, mit einem Generator, einem 48-Volt-Bordnetz und einem Bremsenergie-Rückgewinnungs-System. Der Generator wandelt die beim Bremsen entstehende kinetische Energie in elektrische Energie um. Diese wird im Akku gespeichert und unterstützt den Verbrennungsmotor etwa beim Anfahren und Beschleunigen.
Allerdings hat Volvo als einziger Hersteller bisher für jedes Modell auch einen Plug-in Hybrid, also die Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor, die sich per Stecker aufladen lässt, als Motorisierung im Angebot. Neuerdings hören dabei bei den Schweden alle elektrischen und somit aufladbaren Modelle, egal ob Plug-in oder rein elektrisch, auf den Namen Recharge - entweder Recharge Plug-in Hybrid oder Recharge Pure Electric. Bisher kann man aber nur den XC40 als puren Stromer bestellen. Bis dahin gibt es für Freunde der Elektromobilität im XC90 den von uns gefahrenen Plug-in Hybrid. Der vereint einen Vierzylinder-2-Liter-Benziner mit 303 PS und einen Elektromotor mit 87 PS. Das ergibt grundsätzlich eine flotte Fuhre, in 5,8 Sekunden kann man von 0 auf Tempo 100 kommen. Beide Motoren harmonieren ganz wunderbar, auch die Acht-Gang-Automatik passt einwandfrei. Merkwürdig ist nur, wenn man mit einem so starken Auto auf der Autobahn beim Beschleunigen im wahrsten Sinne des Wortes ausgebremst wird - denn alle Volvo-Modelle werden jetzt bei 180 km/h als Höchstgeschwindigkeit abgeregelt. Die rein elektrische Spitze beträgt übrigens 125 km/h.
Volvo tut viel dafür, die Elektromobilität zu befördern. So kann man ein E-Mobil einschließlich Ladestation kaufen – die wird von Volvo montiert, einschließlich eventuell nötiger Verlegung von Stromleitungen. Zudem übernimmt das Unternehmen ein Jahr lang komplett die Stromkosten für die rein elektrisch zurückgelegten Kilometer eines Plug-In Hybrids. Weil es noch zu viele Fahrer eines Plug-In gebe, die zwar Umweltprämie und Steuervorteil mitnähmen, aber den Stecker nie auspackten und lieber Benzin verbrennen würden, lautet die Erklärung. Eine App zeichnet dazu die E-Kilometer auf.
Wir allerdings konnten unabhängig davon kostenlos Strom ziehen - die nächstgelegene Ladesäule steht im Kaufland. Vom Bund gefördert und vom Handelsriesen mit kostenlosem Strom versorgt - allerdings nur innerhalb der Öffnungszeiten des Marktes. Nach einem einstündigen Einkauf war die Batterie zur Hälfte geladen. Wer sehr vorsichtig fährt, soll im reinen Elektromodus bei voller Batterie 52 Kilometer kommen können. Zwischen 30 und 40 Kilometer sind realistischer.
Karosserie/Ausstattung
Das Volvo-Flaggschiff überzeugt Kunden weltweit. Kein Wunder, der aktuelle XC90 sieht großartig aus, außen wie innen. Und lässt zumindest auf den ersten Blick vergessen, dass es sich immerhin um einen 4,95 Meter langen und 1,78 Meter hohen Geländewagen handelt. Schnörkellos-modern steht der schwedische Riese da. Mit einer sehr selbstbewussten Front übrigens. Ganz großes Kino ist auch der Innenraum mit seinen drei Displays. Wobei der in der Mitte des Armaturenbretts angebrachte Touchscreen besonders überzeugt, weil er nicht nur fast so groß wie ein (aufrecht stehendes) Tablet ist, sondern auch hervorragend funktioniert. Und keine große Einarbeitung braucht. Eher normal in so einer Preisklasse sind das Head-up-Display und die digitalen Rundinstrumente.
Absolut überzeugend wirken auch die Materialauswahl und die Verarbeitung. Dazu kommen tolle Sitze, die es optional übrigens auch für bis zu sieben Insassen gibt. Als Siebensitzer stehen dann eher übersichtliche 262 Liter Kofferraum zur Verfügung, als Fünfsitzer dagegen gewaltige 640 Liter.
Wie sich das für einen Volvo gehört, ist die Sicherheitsausstattung gewaltig. Der Notbremsassistent aktiviert sich etwa auch in der Dunkelheit, wenn er Fußgänger oder Fahrradfahrer oder Wild erkennt. Gerät man bei Gegenverkehr auf die Gegenfahrbahn, lenkt das Auto automatisch zurück. Um nur einige Beispiele zu nennen. Ansonsten gibt es serienmäßig etwa WLAN-Hotspot, Infotainmentsystem, Navigation, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Fernlichtassistent, Tempomat, beheizbare Außenspiegel und elektrische Heckklappe.
Fahrwerk
Beim Fahrwerk kann man zwischen Blattfedern und Luftfederung wählen. Bei Letzterer, im Testwagen verbaut, lässt sich elektronisch die Härte verändern. Und auch die Bodenfreiheit kann man so noch von 24 auf 27 Zentimeter anheben. Trotzdem bleibt es dabei, dass der XC90 in erster Linie ein Reisemobil ist, mit dem sich bequem lange Strecken abspulen lassen, mit dem man sich aber notfalls auch ins Gelände wagen kann. Der Allradantrieb ist mittlerweile serienmäßig an Bord.
Wirtschaftlichkeit
Den Einstieg in einen XC90 gibt es laut Liste ab 63.946 Euro für den Diesel. Der von uns gefahrene Plug-in Hybrid beginnt bei 75.351 Euro. Aber dann muss noch längst nicht Schluss sein mit dem schwedischen Premiumniveau - mit allerlei netten Extras landete der Testwagen bei stolzen 96.767 Euro. Beim Verbrauch sind die offiziellen 2,9 Liter Super (65 g/km CO2) auf 100 Kilometer für den Plug-in natürlich sehr mit Vorsicht zu genießen - der tatsächliche Konsum hängt nämlich ganz davon ab, wie sehr man den Elektromotor nutzt. So kann man zwischen fünf und zehn Litern Super landen.
Fazit
Der XC90 überwältigt mit Design, Raum und Sicherheit. Das hat aber auch seinen skandinavischen Preis. Wer regelmäßig die Batterie auflädt und möglichst häufig den elektrischen Antrieb nutzt, wird mit einem für solch ein großes Gefährt niedrigen Kraftstoffverbrauch belohnt. Hajo Zenker