Den Genesis G70 gibt es in seinem Heimatland Korea bereits seit fünf Jahren. Nach Europa kam er im letzten Jahr – inklusive erstem Facelift.
Als Shooting Brake versucht der Koreaner in der Mittelklasse-Kombiriege Fuß zu fassen und trifft hier auf Konkurrenten wie den BMW 3er Touring, die Mercedes C-Klasse mit dem T-Modell oder den Audi A4 Avant. Aber auch der VW Arteon Shooting Brake und der Konzernbruder Kia ProCeed stellen ernstzunehmende Konkurrenten dar.

Motor

Motorisiert wird der G70 durch einen zwei Liter großen Turbobenziner. Der Reihenvierzylinder leistet 245 PS sowie 353 Newtonmeter maximales Drehmoment. Neben diesem Antrieb gibt es den gleichen Motor auch mit 197 PS sowie einen 2.2-Liter-Turbodiesel mit 200 PS. Ein V6-Turbobenziner mit 370 PS bleibt Europa leider fern. Übrigens, all diese Motoren fanden auch im Kia Stinger ihren Einsatzort.

Karosserie/Ausstattung

Optisch zeigt Genesis, die Nobelmarke von Hyundai, mit diesem Shooting Brake einen bildschönen Kombi, der ausnahmslos allen anderen aktuellen Modellen den Rang abläuft. Die Designsprache erinnert auffallend stark an Bentley und das ist auch kein Wunder, denn der amtierende Chefdesigner Luc Donckerwolke arbeitete vorher für die britische Nobelmarke. Die ausgeprägte Wabenstruktur an der Front, die zweiteiligen Scheinwerfer und Lichtsignaturen, welche auch am Heck so praktiziert werden und eine überaus elegante Seitenlinie mit schrägen Heckabschluss – feiner hätte man einen Shooting Brake wohl kaum designen können. Die ovalen Endrohrblenden sind echt und nehmen die wahren Mündungen der Abgasanlage auf – das ist fast als selten zu bezeichnen.
Im Innenraum erwartet die Insassen ein hochwertig anmutendes Interieur mit sorgfältig ausgewählten Materialien und einer tadellosen Verarbeitung. Die Instrumententafel erscheint nicht so topmodern wie in anderen Genesis-Modellen, was nicht allein der Struktur, sondern auch dem im Vergleich recht klein ausgefallenen Zentralbildschirm und dem riesigen Wahlhebel geschuldet ist. Letzterer erinnert eher an einen Schubhebel einer Passagierjets und ist in Zeiten von „Shift by Wire“ – Getriebesteuerungen werden dabei elektronisch befehligt – wirklich Old School, aber auch irgendwie wieder cool.
Die vorderen Sitze bieten viel Platz und Seitenhalt, wobei die Seitenwangen je nach Fahrweise adaptiv als Zange fungieren können. Im Fondbereich siegt Design über Funktion. Passagiere müssen hier eine eingeschränkte Kopf- und Beinfreiheit in Kauf nehmen, wenn sie deutlich größer als 1,70 Meter sind.
Auch beim Kofferraum gibt es Einschränkungen, auch wenn die Angabe von 465 bis 1535 Liter keinen Grund zur Sorge geben sollte. Doch die schräge Heckklappe verhindert die bestmögliche Ausnutzung ebendieses Laderaums und noch einschränkender wirkt die viel zu enge Ladeöffnung, weswegen sperriges Ladegut eher selten den Weg ins Ladeabteil finden kann. Schade.
Dafür kann sich die Ausstattung des Genesis G70 Shooting Brake selbst in der einfachsten Variante – die man nicht ohne Grund „Premium“ nennt – wirklich sehen lassen. Das Infotainment mit 10.1-Zoll-Bildschirm inklusive Navi, DAB+, permanenter Internetverbindung & Co ist immer an Bord des Kombis. Bi-LED-Scheinwerfer, elektrische Sitze und ein Abstandstempomat sowie Totwinkelwarner, Frontkollisionsassistent und Spurfolgeassistent gehören ebenfalls zur Serienausstattung. Voll klimatisierte Sitze, eine Lenkradheizung, eine elektrische Heckklappe mit Gestensteuerung sind nur einige Optionen, die in den höheren Ausstattungspaketen inklusive sind.

Fahrverhalten

Der Test-Kombi besaß einen Allradantrieb, daher gab es kaum Sorge über etwaige Traktionsdefizite. Der Motor liefert das maximale Drehmoment bereits ab 1500 Touren, doch irgendwie fühlt sich das nicht so an. Die Kraftentfaltung erinenrt eher an einen Saugmotor: sehr linear über den gesamten Drehzahlbereich verteilt. Kein typischer Turbopunch von unten, aber auch kein Quengeln am oberen Drehzahlende.
Das ist insgesamt etwas gewöhnungsbedürftig und der zugegeben für einen Vierzylinder gut klingende Motor muss entsprechend drehzahltechnisch bei Laune gehalten werden. Klangtechnisch wurde per Sound nachgeholfen, sodass der Verbrenner vor allem beim Beschleunigen sehr kernig klingt. Die 8-Gang-Automatik schaltet sanft und gut passend – solange man nicht ordentlich Leistung abruft. Dann verfällt der Wandler in eine hektische Schaltcharakteristik, sucht verwirrt nach dem passenden Gang und verliert dabei seine Contenance. Abhilfe verschafft hierbei das manuelle Schalten über die Schaltwippen.
Gibt man dem Kombi die Sporen, vergehen nach dem Standstart 6,9 Sekunden bis Tempo 100 und die Höchstgeschwindigkeit ist bei 235 km/h erreicht. Das Fahrwerk lässt sich dank der vier Fahrmodi gut anpassen und zeigte im Test einen souveränen Auftritt. Im Sport- oder Sport-Plus-Modus lässt sich der G70 sehr dynamisch bewegen, meistert Kurven fast genauso agil wie ein BMW und lässt jeden Lastwechsel ungeniert hinter sich. Wählt man dagegen die anderen beiden Fahrprogramme, wird der Koreaner zum Langstreckentaxi, welches sich kommod über viele hundert Kilometer am Stück bewegen lässt, während die Federung alle Verwerfungen gut kompensieren kann.
Die Lenkung überzeugte uns mit ihrer Leichtgängigkeit und ihrer Präzision sowie der permanent willigen Rückmeldebereitschaft. Gleiches Lob verdiente sich auch die Bremsanlage, die gut dosierbar auch nach mehreren „Ankerwürfen“ keine Schwächen zeigen wollte.

Wirtschaftlichkeit

Der Verbrauch ist nicht unbedingt die Glanzseite des getesteten G70. Die Werksangabe von 9,3 Liter auf 100 Kilometer haben wir um einen halben Liter überschritten: 9,8 Liter Gesamtdurchschnitt, ermittelt als Drittelmix, war unser Ergebnis. Bei sportlicher Fahrweise steigt der Spritkonsum auf deutlich zweistellige Werte. Doch wer akribische Disziplin in Form von defensiver Fahrweise übt, kommt auch auf 6,4 Liter – wie wir auf unserer Sparrunde.
Der Preis für einen G70 startet bei 41.480 Euro mit 197-PS-Benziner und Heckantrieb als Shooting Brake. Neben dieser Einstiegsvariante „Premium“ werden noch Luxury und „Sport“ angeboten. Diese gibt’s auch mit Allradantrieb und den anderen bereits benannten Motoren. Im Vergleich zur deutschen Konkurrenz fallen die Preise fast moderat aus, selbst beim Ausreizen der noch wenigen Optionen, bleibt man mit dem Topmodell knapp unter 60.000 Euro. In dieser Leistungsklasse ist dies beim Wettbewerb kaum machbar.

Fazit

Der Genesis G70 Shooting Brake ist zweifellos ein sich stark abgrenzender Kombi, der in seiner Schönheit viele Blicke auf sich ziehen kann – das können wir klar bestätigen. Seine Ausstattung plus Verarbeitung sind sehr gut, die Antriebstechnik wirkt etwas überholt, auch wenn sie außer beim Verbrauch kaum Anlass für Kritik bietet. Mildhybridtechnik könnte hier durchaus Abhilfe schaffen.
Das Platzangebot insbesondere im Fond und Kofferraum hinken dem Wettbewerb aus Deutschland hinterher, das ist dann wohl der Preis für so viel Schönheit. Apropos Preis: Der schlägt die Konkurrenz wiederum deutlich – hier kann man viel Premium fahren, für das man bei deutschen Marken noch gern fünfstellige Beträge drauflegen muss.