Der Name ist Programm. Mit dem Tour One stellt JBL nicht nur einen neuen Top-Kopfhörer vor, sondern vor allem einen, der seinen Einsatzbereich unterwegs finden soll. Am ehesten auf den Ohren vielreisender Geschäftsleute. Die sind nämlich die Zielgruppe der Amerikaner, nicht nur des gehobenen Preises wegen.

Ohne Kabel, aber mit App

Dass der OnEar Hörer true wireless daherkommt, also komplett ohne jede Kabelanbindung, versteht sich dabei von selbst. Schließlich will man sich in Bahn oder Flugzeug ebenso wenig in irgendwelche Strippen verheddern, wie im Coworking-Space oder auf einer Parkbank. Für eine stabile Versorgung zur Quelle, hier wohl meist das Smartphone, sorgt solider Bluetooth 5.0-Standard. Auf einen höher auflösenden Codec wie aptX-HD allerdings verzichten die Kalifornier, betonen aber zugleich die HiRes-Audiozertifizierung. Das ist zwar irgendwie ein Widerspruch, andererseits wird der passive Frequenzgang mit bis zu 40 kHz, der aktive immerhin bis 22 kHz angegeben. Das wird man wohl nur mittels der 3,5-MM-Klinke auskosten können, für die sich tatsächlich ein Eingang findet. Ganz ohne Kabel ist also dann irgendwie doch nicht.

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Bei den Bässen will man bis zu sehr trockenen 10 Hz in den Keller. Ob’s so tief runter geht, sei einmal dahingestellt. Fakt ist jedoch, dass der Tour One mit einem sehr schönen, prägnanten, aber unauffälligen Bass zu begeistern weiß. Zum Glück verzichtet JBL hier auf einen zusätzlichen Boost. Via Equalizer in der JBL-Headphone-App können die Frequenzen zwischen 32 und 16 000 Hz den persönlichen Vorlieben in zehn Positionen angepasst werden. Damit wird dann wohl auch das realistische Frequenzband abgebildet. Dabei kann der Tour One sowohl die Mitten, die für einen voluminösen Sound essentiell sind, wie auch die Höhen, die der Musik Finesse verleihen und für die meisten Backgroundeffekte zuständig sind.

Räumliche Bühne bei der Musik

Dazu lassen die 40-Millimeter-Treiber eine wunderschön räumliche Bühne entstehen. Hier wird abgebildet, was an Informationen in der gestreamten Datei enthalten ist. Will sagen, die Qualität bzw. Auflösung des Files bestimmt qualitativ in erster Linie, was es innerhalb der mit Memory-Schaum ausgepolsterten und mit Kunstleder bezogenen Ohrmuscheln zu hören gibt. Bei der kabellosen Übertragung müssen sich die amerikanischen Schallwandler nicht hinter den deutlich teureren DALI IO6 aus Dänemark verstecken.

Vier Mikros für ANC

Das gilt, so lange alle technischen Hilfsmittel ausgeschaltet sind, von denen der Tour One einige mitbringt. Dank vier eingebauter Mikrofone bieten die Lauscher echtes adaptives Noise-Cancelling. Es wird also in Echtzeit auf Umgebungsgeräusche reagiert und ein entsprechender Gegenschall eingespielt. Doch wie bei im Prinzip allen anderen Kopfhörern mit ANC geht dies immer ein wenig zu Lasten der Höhen. Wer darauf nicht den größten Wert legt, kann sich mit seinen OnEars fast komplett von der Außenwelt verabschieden. Alle anderen sollten qualitativ abwägen, was mehr den Musikgenuss beeinflusst.

SilentNow sorgt für angenehme Ruhe

Allerdings bietet JBL mittels des ANC noch ein Feature, das so ziemlich einmalig sein sollte und zudem wieder speziell auf die Zielgruppe der Reisenden zugeschnitten ist: SilentNow. Denn das Noice-Cancelling funktioniert auch ohne angeschlossene Quelle als Stand-Alone-Version. Ebenfalls über die App kann man so unterwegs sich per Musik in den Schlaf wiegen lassen. Die Hörer stoppen dann nach einer eingestellten Zeit den Sound und das ANC sorgt dafür, dass die Umgebungsgeräusche trotzdem draußen bleiben. Gerade in Flugzeugen oder der Bahn eine nützliche Schlafhilfe. Und damit niemand die Ankunft verpennt, wird die Musikzuspielung nach voreingestellter Pause wieder aufgenommen. Funktioniert natürlich auch ganz ohne Musik.

Leicht dank viel Kunststoff

Auf Grund der Größe der Tour One ist er eher nicht fürs Bett geeignet, denn die Kopfhörer sind schon ausgewachsene OnEars, groß genug für große Köpfe und Ohren. Der ebenfalls mit Schaum und Kunstleder gepolsterte Metall-Bügel zwischen beiden Schallwandlern gibt genügend Druck für sicheren Halt, aber nie so viel, dass es bei längeren Sessions störend wirken würde. Kein Wunder, denn das Gesamtprodukt bringt keine 270 Gramm auf die Waage. Das passt zu Einsatzgebiet und Zielgruppe. Allerdings erkauft sich JBL die Leichtigkeit vor allem durch den Einsatz von Kunststoff. Da man die Hörer dazu komplett in Schwarz hält, könnte so mancher an mangelnder Wertigkeit im Aussehen mäkeln. Immerhin sind aber die Aufnahmeschalen der Halterung an den Muscheln mit Metall-Applikationen versehen.

Wenig Knöpfe, viele Funktionen

Der Tour One setzt mehr auf Understatement und innere Werte. Denn üppig viele Bedienelemente sucht der User ebenso vergebens. Ein/Aus, Laut/Leise und die ANC-Steuerung, das sind die haptisch ertastbaren Knöpfe. Dann gibt es noch ein berührungsempfindliches Feld für Gesten, das war’s. Via App lassen sich letzteres und das ANC-Steuerungselement noch frei belegen. Die aufgeräumten Oberflächen haben dann allerdings zur Folge, dass man bei den verschiedenen Modi der Rauschunterdrückung diese leider nicht direkt anwählen kann, sondern sich immer durchs Gesamtangebot drücken muss. Ansich kein Problem. Während das bei Ambient Aware eher nicht stört, ist es bei Talk Thru doch lästig. Denn letztgenannter Modus ermöglicht Gespräche gut zu verstehen, ohne dass die Musik unterbrochen werden muss. Ehe man da lange Knöpfe sucht und durchklickt, sind die Hörer schneller abgenommen. Denn auch dabei stoppt die Wiedergabe automatisch. Ambient Aware ist im Prinzip das Gegenteil von ANC, lässt die Umgebung deutlicher mit rein, da natürlich die gepolsterten Ohrmuscheln eine Art natürliches Noise Cancelling darstellen.

Gute Verständigung im Meeting

Wenn wir über Business-People sprechen, dann sind natürlich Telefonie und Meetings ein Thema. In beiden Bereichen schlägt sich der Kopfhörer hervorragend. Die Außenmikrofone, verbaut in den Hörmuscheln, nehmen die Stimme sehr gut auf. Zugleich wird sie im Sprachmodus dahingehend verstärkt, dass andere Umgebungsgeräusche gedimmt werden. Damit ist die Verständigung ohne Probleme. Gleiches gilt für die Hörqualität im Dialogmodus. Einzig der Umstand, dass man seine eigene Stimme nicht adäquat warhnehmen kann, lässt einen mitunter lauter sprechen als tatsächlich notwendig. Ein Stimmen-Monitoring wie bei Gaming-Headsets wäre hier das i-Tüpfelchen gewesen. Aber, mit der Weile gewöhnt sich der Nutzer an den Umstand und kann recht bald seine Lautstärke gut temperieren.

Akku mit Ausdauer satt

Apropos Sprache: Weil das damit so gut klappt, ist natürlich auch der Sprachassi mit an Bord, der die Bedienung des Smartphones so weit möglich hands free macht. Die Bedienung darf auf besagte Touch-Fläche oder die ANC-Steuerung gelegt werden. Damit bietet der Tour One alle Features, die von einem modernen Headset/Kopfhörer erwartet werden dürfen. Dazu gibt’s Ausdauer satt. Denn ohne die technischen Helferlein in Sachen Geräusche rein oder raus unterhält der JBL-Kopfhörer bis zu 50 Stunden. Und selbst bei Einsatz von allem, was zur Verfügung steht, macht der Akku erst nach rund der Hälfte dieser Zeit schlapp, ist dafür in zwei Stunden via USB-C wieder aufgeladsen.
Am Ende kostet der Tour One fast genau so viel Euro, was er in Gramm wiegt - knapp unter 270. Kein Schnäppchen, aber fürs Gesamtpaket ein angemessener Preis, in Sachen Soundqualität bei Musikwiedergabe eher sogar schon günstig.

Test-Fazit

Leicht, robust, vielseitig und ausdauernd, mit sehr guter Wiedergabequalität in Sachen Musik und mehr als ordentlicher Stimmen- und Sprachübertragung, bietet der Tour One viel Kopfhörer und Headset fürs Geld und in der Oberklasse. Wer auf Reisen keinen Beauty, sondern einen verlässlichen Partner sucht, der auch mal für Ruhe sorgt, ist mit dem JBL-OnEar auf der sicheren Seite.

JBL Tour One

Typ: OnEar Kopfhörer, true wireless
Frequenzgang: 10 Hz bis 22 kHz, 40kHz (passiv)
Verbindung. Bluetooth 5.0
Modi: Ambient Aware, TalkThru, SilentNow: Adaptive Noise Cancelling
Sprachassistent: Alexa, Google
Akku: 920 mAh, bis zu 50 Stunden
Gewicht: 268 Gramm
Preis: ca. 270 Euro