Seit nunmehr fast 40 Jahren ist HiFi-Fans der Name DALI ein Begriff. Der steht für audiophile Lautsprecher verschiedener Größen und Anwendungsbereiche. Womit die Dänen bisher nicht dienen konnten, sind Kopfhörer. Das hat sich mit dem IO-6 geändert.

Sound ohne Kompromisse

Nicht dagegen, dass man an den mobilen Schallwandler die gleichen Ansprüche bei Entwicklung und Fertigung anlegte wie bei den stationären: Einen möglichst natürlichen und authentischen Klang zu erzeugen und Musik genau so zu reproduzieren, wie es der Künstler beabsichtigt. Keine leichte Aufgabe, schließlich bieten Kopfhörer - selbst in größeren Dimensionen - deutlich weniger Spielraum, sprich Platz, um hochwertige Technik unterzubringen und zugleich auch preislich in einem vertretbaren Rahmen zu bleiben.

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Nicht wenige Hersteller greifen daher gern auf softwareseitige Hilfsmittel zurück, um per App und Equalizer den Sound anzupassen. Nicht so bei DALI. Kein App, keine Klangverbesserung, keine Bedienungsanleitung. Denn auch die einfache Handhabung haben sich die Dänen auf die Fahnen geschrieben. Freilich, mit einem transparenten Aufkleber auf der rechten, der Bedienseite, der die wichtigsten Funktionen per Piktogramm erklärt, schummeln sie da ein wenig. Aber dieses Hilfsmittel braucht man nun wirklich nur beim Start.

Bewährtes Technik-Team

Dass man mit breiter Brust jedwede Einflussnahme des Users auf den Klang von vornherein ausschließt, kommt allerdings nicht von ungefähr. Denn für die in Dänemark entwickelten Lauscher stand das gleiche Technik-Team bereit, das auch für die Standlautsprecher verantwortlich zeichnet. Und bei denen gibt’s ja auch seit Jahren keine Möglichkeit mehr, wie einst über Bass und Treble am Verstärker, den Sound zu justieren. Es muss halt von Hause aus passen. Hier kommt es nicht selten vor, dass Hersteller über eine erhöhte Aussteuerung des Basses mehr Volumen erzeugen, als die Hörer eigentlich hergeben. Auch in dieser Hinsicht wird man bei den Dänen nicht fündig. Allerdings haben die auch spezielle 50 Millimeter-Treiber entwickelt, die mit einem optimierten Neodym-Magnetsystem arbeiten. Das soll möglichst geringe Verzerrungen, minimale Verfärbungen und eine fein abgestufte Dynamik über den gesamten Frequenzbereich gewährleisten.

Quelle entscheidet über Qualität

In der Praxis muss man den IO-6 dann bescheinigen, dass das Vorhaben der unverfälschten Musikwiedergabe durchweg gelungen ist. Der Träger hört, was die Quelle hergibt. Das ist, zugegeben, Segen und Fluch zugleich. Denn mit der Auswahl des Mediums und der Übertragungsart und Rate hat es der User qualitativ in der Hand. Wer sich mit Internetradio auf Basis von 64kb/s zufrieden gibt, darf klanglich keine Wunder erwarten. Für den sind die Hörer dann vielleicht nicht die wirklich richtige Wahl, auch preislich. Je höher aufgelöst, desto besser. Dank Bluetooth aptX HD eröffnen sich gute Möglichkeiten, Musik kabellos in CD-Qualität zu hören. Im Zusammenspiel mit dem Plattenspieler Cambridge Audio Alva TT, der diese BT-Variante beherrscht, war das Ergebnis im wahrsten Sinne des Worte sehr hörenswert. Selbst der viel beschworene Schmelz des Vinyls übertrug sich auf die gut dimensionierten und mit Memory-Schaum gepolsterten Ohrmuscheln.

Steigerung per Kabel

Aber es geht noch mehr. Denn wer dann doch auf Kabel zurückgreift, kann die Grenzen der IOs ausloten. Entweder via USB-C und mit PCs als Quelle, oder - unter Zuhilfenahme eines Adapters - auch mit der 3,5-Millimeter-Klinke an richtigen Vor- bzw. Endverstärkern. Dort wurde die maximale Samplingrarate von 2,8 MHz einer SACD zugespielt, was einen sehr authentischen, wenngleich analytischen Sound zur Folge hatte. Hierbei stellte sich die Frage der Aufnahmequalität nochmals neu. Der IO als Wandler jedoch top.

ANC für die Privatsphäre

Allerdings ist der kabelgebundene nicht der ursprünglich gedachte Einsatzzweck. Der anspruchsvolle Unterwegshörer stand DALI wohl eher im Sinn. Und der kann selten auf eine perfekte Umgebung vertrauen. Daher kommen die IO-6 mit Active Noise Canceling daher. Das ist zwar angesichts der geschlossenen Bauweise und der tatsächlichen Over-Ear-Ausführung fast schon doppelt gemoppelt, kann aber sicher nicht schaden. Das ANC greift dabei auf die Mikrofone zurück, die auch für den Sprachassi und das Telefonieren genutzt werden können. Die Geräuschunterdrückung funktioniert ganz gut, hebt den Rauschpegel nur geringfügig an, ist aber letztlich nur dann zu empfehlen, wenn es außerhalb des geschützten Ohrraumes zu laut wird. Denn ohne ANC ist der Sound natürlich besser, vor allem für jene, die mehr Wert auf hohe Frequenzen denn auf Bässe legen. Neben An und Aus gibt es noch einen Transparentmodus, der für kurze Gespräche gedacht ist oder um schnell eine Ansage verstehen zu können, ohne die Kopfhörer abnehmen zu müssen. Nicht ganz optimal scheint, dass die drei ANC-Modi immer nacheinander geschaltet sind und man nicht direkt zugreifen kann. Das ist aber sicher auch einem einfachen Bedienkonzept geschuldet.

Ausdauernder Begleiter

Das ANC ist es auch, was die baugleichen IO-6 und IO-4 voneinander unterscheidet. Wer auf die Unterdrückung verzichten kann, erhält dafür mehr Akku-Leistung. Mit den von DALI versicherten 60 Stunden Dauerbetrieb erreichen die Kopfhörer einen echten Spitzenwert. Aber auch die 30 Stunden pro Ladung für die 6er sind immer noch top. Gleiches gilt in Sachen Passform. Die Ohrmuschel ist so dimensioniert, dass sie wohl die meisten, auch großen Ohren, ohne Probleme überdeckt, zugleich aber nie zu wuchtig erscheint. Die kunstbelederten Schaustoffauflagen liegen dank einer flexiblen Aufhängung am Bügel von allen Seiten gleichmäßig am Kopf, was jeglichen Druck perfekt verteilt. Lange Hörsessions sind also aus Sicht der Passform überhaupt kein Problem. Und auch der Bügel selbst, ebenfalls abgepolstert, übt genau so viel Druck aus, wie für einen festen Halt gerade notwendig ist.

Gefälliger Auftritt

Klang top, Sitz perfekt, und das Design? Nordeuropäer haben ein Händchen für schlichten Schick. Das gilt für die DALI-Lauscher ohne Abstriche. Neben den bisherigen zwei Varianten in schwarz und hellbraun, jeweils mit Akzenten gemischt, sind nun auch rein schwarze bzw. weiße Modelle verfügbar. Einzig die Membranoberflächen innen sind mit schwarz-roten Kontrasten versehen. Der Rest ist vor allem funktional und nimmt sich elegant zurück. Der Auftritt ebenso bestimmt wie auch gefällig, ohne dass in irgendeiner Weise geprotzt würde. Der Preis gehoben, aber mit knapp 400 Euro für den IO-6 sicher angemessen.

DALI IO-6

Prinzip: Geschlossener ohrumschließender Kopfhörer
Treiber: 50 mm Papierfasermembran
Frequenzbereich: 10 bis 20.000 Hz
Gewicht: 325 g
Konnektivität: Bluetooth 5.0 mit AAC, aptX und aptX HD; USB-C, 3,5 mm Stereo-Klinke
Akku: bis zu 30 Stunden Laufzeit; Ladezeit 2,5 Stunden, Ladung über USB-C