"Life in motion" - also ein Leben in ständiger Bewegung ist das Credo der 2010 gegründete Company. Und ein Blick auf deren Portfolio verrät, die Nordländer waren fleißig. Mehr als ein Dutzend Kreationen in einer Dekade. Respekt. Seit Ende vergangenen Jahres nun ist "Paris" zu haben, ein echter InEar-Kopfhörer und ein echter true wireless dazu. Bei dem fallen auf den ersten Blick vor allem zwei Dinge auf. Zum einen gleicht der "Franzose" seinem Vorgänger, der nach dem Firmensitz "Stockholm" benannt wurde. Und beide sehen konstruktiv zudem gewissen Apfel-Produkten relativ ähnlich. Aber wie gesagt, nur der erste Blick. Denn im Detail sind die Veränderungen zwischen Schweden und Frankreich dann doch gravierend, nicht nur, was den Aufbau betrifft, sondern auch den Nutzwert für den User. Urbanista hat sich wie auch die Amerikaner dafür entschieden, einen Teil der Technik in einen schmalen Steg zu verbauen, der doch recht gut sichtbar und knapp über das Ohrläppchen nach unten hinausragt. Da alles jedoch sehr schmal, um nicht zu sagen, filigran gehalten ist, wirkt das Gesamtbildfast noch zurückhaltender als bei Varianten, die sich auf den Knopf im Ohr beschränken, diesen dann aber voluminöser gestalten müssen. Neben dem optischen oder ästhetischen Unterschied kommt aber noch ein rein praktischer dazu. Denn die größere Gesamtfläche ermöglicht eine viel bessere Schwerpunktverteilung in den Gehörgang hinein, was wiederum einen entscheidenden Vorteil hat: Passform und Sitz. Will sagen, egal, welche Position der Träger einnimmt, Paris bewegt sich nicht im Ohr. Damit wird gleichbleibender Klang in nahezu allen Lebenssituationen garantiert. Gerade bei den Knopfvarianten gibt es da Probleme in der Horizontalen. Urbanista hat die Passform so weit getrieben, dass "Paris" als ideales Gegenstück zur Ohrmuschel daherkommt und Außengeräusche somit nicht den Weg nach innen finden. Die Schweden nennen das "passive noise cancelling" was ja dann wohl das Gegenstück zur technisch aufwendigeren und teuren "activ"-Variante der Konkurrenz sein sollte. Dennoch kommt nie, auch bei längeren Tragesessions, ein Gefühl von Druck oder unbequemen Sitz auf. Das Design scheint nahezu perfekt. Ohne Frage, "Paris" ist der bestsitzende InEar in unserem bisherigen Testfeld. Und mit vier Gramm pro Seite auch der leichteste.

Kabellos laden

Mit einer Ladung geben die Schallwandler bis zu fünf Stunden Musik am Stück wieder. Weitere 15 stecken im Transport- und Ladecase. Letzteres kann im übrigen per USB-C nachgefüllt werden oder selbst wireless. Auch das ein Novum. Apropos Verpackung. Hier passt ebenso alles. Von der angenehmen Haptik der weicheren Kunststoffummantelung bis hin zur Aufnahmeschale für die Hörer. Da wackelt nichts und Verwechslungen sind ebenso unmöglich. Denn Urbanista hat wie erwähnt eine außergewöhnlich gutes Design entworfen, so dass die Stöpsel nur im richtigen Ohr sitzen. Und das merkt dann auch wirklich jeder. Daher gibt es auch keine Seiten-Kennzeichnung mehr.
Doch was nutzten schickes Design und toller Sitz, wenn’s nicht klingt. "Paris"-Besitzer brauchen sich in diesen Punkt keine Gedanken zu machen. Zwar müssen wir beim theoretischen Teil passen, denn genauere Details zu Aufbau, Impedanz oder Leistung liegen nicht vor. Doch der reine Höreindruck sagt ohnehin mehr als gedruckte Worte. Fakt ist, die Leichtgewichte erschaffen eine wirklich breite Bühne. Die Abbildung ist homogen, Instrumente, Stimmen und Effekte auch im Background sind hervorragend ortbar und in den Details sehr gut aufgelöst. Selbst bei lauterer Umgebung, was wiederum für das "passive noise cancelling" spricht. Der Frequenzgang ist sehr groß, vor allem nach oben. Wenn es in den Keller geht wird offensichtlich etwas nachgeholfen. Das fällt allerdings nur bei bassbetonten Genres wie HipHop auf. Da scheinen die Basedrums ein wenig nachzufedern. Aber das muss ja nicht von Nachteil sein. Ansonsten aber kommt der Punch schön trocken und authentisch rüber. Wer ein wenig mit der Datenrate experimentiert, wird feststellen, dass "Paris" besser klingt, je mehr Informationen zur Verfügung gestellt werden. Das wiederum bedeutet, dass der Sound nicht oder so gut wie nicht künstlich aufgepeppt wird.

Touch Control braucht Eingewöhnung

Gibt’s also gar nichts zu meckern? Jein? Zur Gesamt-Designlösung gehört, dass die Lauscher ohne Knöpfe als Hardware-Variante daherkommen. Sämtliche Bedienung erfolgt per "touch control", also einfache Berührung. Ein oder zweimal auf einer bestimmten Seite sorgen für Start, Stop, Titelsprung, Lautstärke oder den Aufruf des Sprachassis vom Smartphone. Denn natürlich lässt sich das Handy auch mit Stimme via den schicken Schweden steuern. Da die Berührungskontrolle jedoch ohne jegliches haptisches Feedback auskommt und der Platz für die Kontrollbefehle an der Oberfläche arg begrenzt ist, sind vor allem in der Eingewöhnungsphase manche Befehle nur umständlich zu geben bzw. Verwechslungen durchaus möglich. Diesen Kompromiss, Design vor Nutzwert, muss man eingehen. Aber letztlich ist alles nur eine Frage der Einarbeitung.
Vollkommen easy dagegen geht das Pairing vonstatten. Zwar sollte man unbedingt das Manual lesen, denn auch hier macht Urbanista einen eher ungewöhnlichen Schlenker, doch am Ende finden sich Quelle und Lautsprecher ohne Probleme. Einmal erkannt, koppeln sie sich künftig vollkommen selbstständig und halten die Verbindung via Bluetooth 5.0 stabil und deutlich über eine Range von zehn Metern hinaus.
In vier verschiedenen Farben kann "Paris" erstrahlen, das Case eingeschlossen. Wer partout die Verwechslung mit den Apple-Stöpseln vermeiden will, wählt eher nicht weiß. Schwarz und Olive sind da für die Herren interessant, Rosé eher für die weibliche Kundschaft. Egal wie, für unter 100 Euro sind die InEars zumindest preislich ein Schnäppchen. In Sachen Design wie auch Wiedergabe hingegen darf man sie getrost einige Klassen darüber einordnen.
www.urbanista.com/de/paris