Der Weg in eines der schönsten Dörfer Frankreichs führt über reichlich Serpentinen und löchrigen Asphalt. Da will der Reisende so recht nicht glauben, was ihn erwarten soll. Denn ein wenig wie im Märchen versteckt sich das Idyll hinter Bergen und in Tälern. Doch die zunehmende Zahl von Touristen zeugt davon, dass man richtig ist. Und die letzte Abfahrt schließlich entschädigt für die wenig comode Anreise. Wenn hinter den Bäumen die Dächer von Baume-les-Messieurs hervorscheinen und sich der Turm der altehrwürdigen Abtei aus dem 9. Jahrhundert zeigt, kann man erahnen, wie der Ort zu seiner Auszeichnung gekommen ist.

Kulisse wie in „Der Name der Rose“

Unten richtet sich der Blick jedoch ersteinmal wieder nach oben. Denn steil, gut 110 Meter hinauf, säumen die mächtigen Kreidefelsen das Areal. Der weiße Stein blitzt nur im oberen Drittel durch, drunter und oben drauf ist er dicht bewachsen. Drei versunkene Täler bilden den Cirque de Baume, der im Jura einst eine ebene Fläche mit den jetzigen Felsen bildete. Seit vielen hundert Jahren leben hier Menschen. Wenn die Tagesbesucher am späten Nachmittag wieder abreisen, kann man erahnen, wie das gewesen sein muss. Dann versinkt das Dorf in Stille, bilden die engen Gassen und geduckten Häuser eine Kulisse, wie sie für "Der Name der Rose" nicht besser geeignet wäre.
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Wer Nachtleben sucht ist hier sicherlich falsch. Doch Erholung und Abwechslung finden sich allemal. Denn der Hohe Jura, das Gebirgsmassiv, das eine natürliche Grenze zur nahen Schweiz bildet, ist bei Wanderern, Radfahrern, Campern und Badefreunden sehr beliebt und damit für Familien bestens geeignet. Mit über 40 Prozent verfügt Franche Comté - so die offizielle Bezeichnung der Region - über den größten Waldanteil Frankreichs und auch der Seenreichtum ist unübersehbar. Überhaupt spielt Wasser eine große Rolle. Nur zwei Kilometer von Baume-les-Messieurs entfernt entspringt in einem zu besichtigendem Grottenlabyrinth der Dard, ein kleiner Fluss, dem man durchs gesamte Tal folgen kann. Dann allerdings unter dem Namen Seille, in den er alsbald mündet. Gleich dort, wo das Wasser aus dem Berg tritt, bildet es eine Kaskade, die je nach Niederschlag der vergangenen Tage zu einem richtigen Wasserfall anschwellen kann. Ein solch sehenswerter liegt nicht zu weit vom Tal entfernt. Die Cascades du Hérisson werden aus sieben Wasserfällen gebildet, die sich insgesamt über mehrere hundert Meter Tiefe erstrecken. Ein extra angelegter Pfad ermöglicht, zwischen den Wasserfällen und Becken sowie Höhlen entlangzumarschieren.

Schönste Dörfer Frankreichs

Wer der Seille durch Baume-les-Messieurs folgt, wird unweigerlich auf den Campingplatz treffen, den das Flüsschen teilt. Die Idylle hier ist augenscheinlich nicht nur bei Holländern beliebt. Auch bei Schweizern, für die der Urlaub in die Nachbarregion die Urlaubskasse deutlich entlastet. "Alles viel günstiger hier", schwärmt ein Pärchen aus dem Berner Oberland nicht nur für die Natur. Deutsche hingegen sehe man eher selten bestätigen dann die Eidgenossen den Eindruck, den die anwesenden Autokennzeichen vermitteln. Das ändert sich auch nicht bei einer Fahrt weiter durchs Tal. Hat man in Baume-les-Messieurs mitunter den Eindruck, die Sonne schaffe es nur stundenweise bis nach unten, scheint am anderen Ende das Gegenteil der Fall. Weinberge, fast soweit das Auge reicht. Und hoch droben thront Chateau-Chalon. Wie schon Baume-les-Messieurs trägt auch dieses Juwel den Zusatz Les plus beaux villages de France. Also noch ein schönstes Dorf... Hier oben auf dem Felsen scheinen die Gassen ein wenig enger. Vegetation im Ort selbst ist selten, dafür der Ausblick in die grüne Umgebung einfach grandios. Und Chateau-Chalon steht für die berühmten Jura-Weine. Ein Muss also auch für Genießer und Kenner.

Unterwegs mit dem Esel

Zu Fuß, per Rad oder mit dem Auto - neben den klassischen Möglichkeiten, die Umgebung zu erkunden, gibt es noch eine weitere nicht so untypische. Den Esel. Mag sein, dass das historische Ursachen hat. Es hat aber vor allem psychologische. Denn der Esel ist eher für Lasten als für den Transport von Menschen geeignet. Er erweist sich aber als ungemein motivierendes Mittel, vor allem den wanderunwilligen Nachwuchs mit auf die Strecke zu nehmen. In La Pesse, eigentlich ein Wintersportort und einer der höchstgelegenen in Franche Comté, sind die langohrigen Vierbeiner die Sommerattraktion. Teils auch auf Straßen, vor allem aber querfeldein über Weiden und Hügel, schlängeln sich verschieden lange Touren durch die Einsamkeit. Wer dem Eselchen ab und an einen kurzen Ausflug zu leckeren Disteln gestattet, wird nicht von der angeblichen Sturheit der Gattung erfahren - dafür aber schöne Natur und grenzenlose Ruhe. Nicht einmal Wanderer kreuzen den Weg, wie man sie noch um Baume-les-Messieurs öfter trifft.

Spuren der Tour de France

Apropos treffen: Das berühmteste Radrennen der Welt führte auch 2016 durch Franche Comté. Die Spuren des Großereignisses sind entlang der Strecke allerorten noch zu sehen. Radskulpturen in allen Formen und Farben säumen den Straßenrand. Und animieren offensichtlich radelnde Zeitgenossen, es den berühmten Sportsleuten gleich zu tun. Zumindest sieht man, solange das Wetter gut ist, reichlich Radler in engen und bunten Anzügen. Sogar die wenig erbaulichen und steilen Straßen, die von Baume-les-Messieurs wegführen, werden immer wieder in Angriff genommen. Der Lohn für die Strapazen? Der Blick von oben ist immer noch grandios, da spielt es keine Rolle, in welche Richtung der Reisende unterwegs ist...

Das grüne Herz

Die Franche-Comté, das "grüne Herz Frankreichs", ist eine der wald- und wasserreichsten Regionen des Landes. Sie liegt im äußersten Osten nahe der Schweizer Grenze und umfasst die vier Unterregionen Territoire de Belfort, Haute-Saône, Doubs und Jura. Geprägt vom Juragebirge und den Südvogesen, beherbergt sie eines der vielfältigsten Wander- und Radwandergebiete Frankreichs, vom Jura-Massiv über das Flusstal des Doubs bis zur "Hochebene der tausend Weiher". In den jahrhundertealten Städten wie zum Beispiel Besançon, Belfort oder Luxeuil-les-Bains erwartet die Gäste eine reiche Palette an kulturellen Sehenswürdigkeiten. Die Zitadelle von Besançon, die Königliche Saline von Arc-et-Senans und die Grande Saline von Salins-les-Bains sind Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Weinliebhaber können in den Comtoiser Weinbergen das "Gold des Jura", den einzigartigen Vin Jaune, probieren. Eines der berühmtesten Produkte der Region ist der Comté-Käse, der ausschließlich in der Franche-Comté hergestellt wird. Den kulturellen und geschichtlichen Reichtum der Franche-Comté erleben Gäste in den größeren Städten Besançon, Belfort und Montbéliard.

Anreise

Mit der Bahn ist die Franche-Comté täglich von Paris, Lyon, Frankfurt/Main und Freiburg zu erreichen. Die nächstgelegenen Flughäfen sind Dole, Basel-Mulhouse-Freiburg, Lyon und Genf.