Brandenburger kennen Bayreuth vielleicht als Hochburg der Oper wegen der jährlich stattfindenden Wagner-Festspiele. Den meisten Nordlichtern jedoch ist der Regierungssitz Oberfrankens wohl eher als eine Station auf der A9 Richtung Süden ein Begriff. Dabei hat die Stadt so viel zu bieten, was sie nicht nur zum perfekten Stopover auf dem Weg in den Urlaub macht, sondern gar als Ziel für ein paar Tage Sightseeing.

Vom Wahnfried zum Festspielhaus

Sicher, Bayreuth ist die Stadt der „W“s. Und das erste gebührt dem Komponisten Richard Wagner, der hier die meiste Zeit seiner letzten elf Lebensjahre verbracht hat. Ihm verdankt man den weltweiten musikalischen Ruhm, der jährlich aufs Neue durch die Festspiele im 1876 eigens dafür errichteten Haus gemehrt wird. Doch das Gebäude auf dem Grünen Hügel, dort, wo der Ring des Nibelungen seine Premiere feierte, ist nur während des Festivals im Juli und August zugänglich, gleichwohl dort das ganze Jahr über gearbeitet und geprobt wird.
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Erste Anlaufstation für Opern-Fans wird so „Wahnfried“, das ehemalige Wohnhaus des Komponisten am Rande des Hofgartens, sein. Auch wenn das Gebäude zum einen teils Ausdruck des überbordenden Selbstbewusstseins Wagners, nah am Größenwahn, und andererseits Beleg dafür ist, dass Bauherren schon vor rund 150 Jahren in den Wahnsinn getrieben wurden - Namensgeber war wohl ein Ort im Hessischen. Und deshalb wurde es nicht „Ärgersheim“ benannt, wie es der Komponist erst wollte. Seit 1976 beherbergt die Villa, auf deren Rückseite sich auch des Künstlers Grab befindet, das Richard-Wagner-Museum.

Wilhelmine allerorten

Kulturhistorisch vielleicht noch bedeutender als der Opernschöpfer indes war ein anderes „W“. Denn Friederike Sophie Wilhelmine von Preußen, Tochter des Soldatenkönigs und ältere Schwester vom „Alten Fritzen“, prägte als Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth das spätbarocke Bild der Stadt. Sie ließ die ihr geschenkte Eremitage - eine große Parkanlage - umbauen. So finden sich dort neben Wasserspielen und einer Grotte auch künstliche Ruinen als Theater. Zudem war sie am Bau des Neuen Schlosses mitten in der Stadt maßgeblich beteiligt. Als Juwel ihrer Bautätigkeit allerdings gilt das 2012 von der UNESCO zum Welterbe erhobenen Markgräfliche Opernhaus.
UNESCO Welterbe. Das Markgräfliche Opernhaus, errichtet auf Initiative von Wilhelmine.
UNESCO Welterbe. Das Markgräfliche Opernhaus, errichtet auf Initiative von Wilhelmine.
© Foto: Lagarde
Seit seiner Renovierung 2018 erstrahlt es wieder im alten Glanz. So steht Wilhelmine für eine regionale Stilrichtung europäischer Kunst, dem Bayreuther Rokoko. Schlussendlich wird dieses Gebäude heute noch schlicht als Opernhaus betitelt, während die Wagner-Spielstätte mit dem Festspielhaus vorliebnehmen muss. Wilhelmine wirft übrigens noch ein interessantes Licht auf die Geschichte der heute knapp 75 000 Einwohner zählende Stadt. Denn die gehörte tatsächlich bis 1810 zum Königreich Preußen, wurde dann von Napoleon an Bayern verkauft.

Welterbe und Wahrzeichen

Weltkulturerbe wäre also ein weiteres „W“, das für Bayreuth steht. Unweit des Opernhauses hat man daher der Wilhelmine an den Schlossterrassen ein Denkmal errichtet. Hier sitzt sie, mit einem Buch auf dem Schoß und schaut versonnen auf die Opernstraße, hinter der eingefriedet der Rote Main teils unterirdisch verläuft. Im Rücken der Markgräfin liegt selbige dann begraben, in der Schlosskirche. Deren achteckiger Turm ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Besonders die Kombination aus enger Wendeltreppe in der Mitte und einer darum geführten Straße, die den Warentransport nach oben möglich machte, sind ein architektonisches Alleinstellungsmerkmal. Durch eine schmale Gasse geht es weiter zum Ehrenhof und der Besucher steht vor dem Alten Schloss. Das diente nach dem Umzug der Markgrafen von Brandenburg-Bayreuth seit Mitte des 18. Jahrhunderts als Behördensitz und ist heute Finanzamt.

Vom Weihnachts- zum Wintermarkt

Von dort nur ein paar Schritte entfernt gelangt man auf die Maximilianstraße und ab Ende Oktober mitten in den Wintermarkt, dem nächsten W der Stadt. Nicht erst in der Adventszeit gibt‘s Mandeln, Glühwein oder Bratwurst im Freien. Deshalb wurde auch das „Weihnachts“ durch „Winter“ ersetzt, zeitlich ein ziemlich dehnbarer Begriff. Und so können sich Einheimische und Gäste bis in den Januar hinein sogar an zwei dieser Märkte erfreuen. Denn am westlichen Ende der Fußgängerzone nahe dem Neptunbrunnen finden sich weitere Stände. Dazwischen einiges Grün, Geschäfte, Bars, Restaurants und Gelegenheiten zum Verweilen.
Die Stadtkirche erinnert als evangelisches Gotteshaus an die Zeit, in der Bayreuth zu Brandenburg gehörte.
Die Stadtkirche erinnert als evangelisches Gotteshaus an die Zeit, in der Bayreuth zu Brandenburg gehörte.
© Foto: Schirner

Erinnerungen an Brandenburg

Wer die gern als Filmlocation verwendete Sophienstraße Richtung Süden bis zum Ende hin läuft, wird an der Ecke Kanzleistraße auf die beeindruckende Stadtkirche Heilig Dreifaltigkeit stoßen. Die ist, anders als die Schlosskirche, evangelisch und somit ein Bezug auf die Zeit, als Bayreuth noch brandenburgisch war. Einmal weiter südlich ums lange Ecke, landet man schließlich in der Ludwigstraße, benannt nicht etwa nach dem Mäzen Wagners, dem Märchenkönig, sondern nach dessen Großvater Ludwig I, dem wir u.a. das Oktoberfest zu verdanken haben. Die Ludwigstraße passiert den Residenzplatz, auf dessen nördlicher Seite sich der Regierungssitz von Oberfranken befindet und gegenüber sich das neue Schloss anschließt. Davor ist der achteckige Markgrafenbrunnen ein unbedingte Muss für jeden Besucher. In der Mitte des barocken Bauwerkes thront Markgraf Christian Ernst, während jede Himmelsrichtung einem zur Entstehungszeit 1705 bekannten Kontinent vorbehalten ist.
Neues Schloss am Residenzplatz.
Neues Schloss am Residenzplatz.
© Foto: Schirner
Durchs neue Schloss schließlich gelangt man dann in den Hofgarten, in dessen Mittelachse sich ein Kanal befindet. Der wird begleitet von einer Mailbahn-Allee, Laubengängen, Heckenquartieren, Inseln und Brücken. Im 18. Jahrhundert erfolgte ein Umbau, sodass er mehr englischen Gärten entsprach. Ungefähr in der Mitte dann stößt der Spaziergänger wieder auf das Grab von Richard Wagner, damit schließt sich der Kreis eines Rundganges durch die historische Innenstadt Bayreuths.

Wellness und Genuss

Weil so ein langer und erlebnisreicher Stadtrundgang durstig macht, gibt's noch ein weiteres „W“ - fürs Weissbier. Maisel‘s gehört zu den bekanntesten in Deutschland und wird in Bayreuth gebraut. Wer alles über das hiesige Weizengetränk erfahren möchte, besucht am besten die Bier-Erlebnis-Welt. Hier geht‘s ums Brauen, um die Geschichte und die Gegenwart in Form von rund 100 Craftbieren, von denen 20 im angeschlossenen Gastronomiebereich aus dem Fass gezapft werden. Überhaupt ist die Region in Sachen Bier Weltmarktführer. Nirgends sonst auf dem Globus ist die Dichte an Brauereien gemessen an der Einwohnerzahl höher als rund um Bayreuth. Nicht weniger als 1000 verschiedene Sorten vom Pils und Märzen über verschiedenste Weizenbiere bis hin zum besonderen Rauchbier oder Bock landen in den Tanks.
Erlebnis Bier. Das Craftbier wird mit einem eigenen Festival gefeiert.
Erlebnis Bier. Das Craftbier wird mit einem eigenen Festival gefeiert.
© Foto: Maisel
Und da auch die Konzentration von 500 Bäckereien und Konditoreien sowie von 700 Metzgerbetrieben die Genussregion Oberfranken ausmacht, hat sich die Stadt noch ein „W“ verdient - für Wohlfühlen. Last but not least gibt‘s ein abschließendes „W“ für Wellness. Und hier müssen Brandenburger ganz besonders tapfer sein. Denn neben dem Stadtbad mit dem baulichen Charme der 1920er Jahre verwöhnt Bayreuth gleich bei der Eremitage auf 1000 Quadratmeter Wasserfläche noch mit der Lohengrin Therme. Und im Sommer kommt dann noch das Kreuzsteinbad im freien dazu. Solch eine Bäderdichte suchte man im ehemaligen preußischen Mutterland vergebens.

Bayreuth

Bayreuth ist der Regierungssitz für Oberfranken und gehört zum Freistaat Bayern. Die Stadt mit knapp 75 000 Einwohnern liegt keine Fahrstunde nördlich von Nürnberg auf der A 9 und ist über diese von Berlin bzw. über die A13, A4 und A 72 über Dresden, Chemnitz, Hof von Ostbrandenburg aus zu erreichen.