Wer Ludwigs Märchenschloss Neuschwanstein besuchen will, kommt an Füssen nicht vorbei. Denn die Stadt im Allgäu ist wie einst für die Handelskarawanen auch für die Touristenströme von heute ein perfekter Wegpunkt.
Mit Fremden können die Füssener gut umgehen, mit vielen und aus aller Herren Länder erst recht. Einst lag die Stadt am Endpunkt der Via Claudia Augusta, der von den Römern erbauten Alpenüberquerung, die Norditalien mit dem süddeutschen Raum verband. Dazu bot Füssen den einzigen Übergang über den Lech, jenen türkisfarbenen Wildfluss, der am Vorarlberg entspringt und hier Deutschland erreicht. Stapelrecht, Brückensteuer, Übernachtungsgeld - die Ratsherren waren einst umtriebig, Einnahmen zu generieren. Und die reisenden Händler aus Italien, die nördlich der Alpen ihre Waren verkaufen wollten, erwiesen sich Jahrhunderte lang als sprudelnde Quelle.
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Auch wenn der Ausbau des Brenners Füssens Bedeutung als Handelsknoten stark abgeschwächt hat, heute sind es die Touristen, die für volle Straßen und (vielleicht auch) volle Kassen sorgen. Das verdankt die höchstgelegene Stadt Bayerns einem ihrer Könige. Denn gleich ums Eck hat Ludwig II. seine Kindheit auf Hohenschwangau verbracht und in dessen Sichtweite bis 1884 Schloss Neuschwanstein errichten lassen. Jenes Märchenschloss, das der Regent jedoch keine 200 Tage insgesamt bewohnte, ist heute vor allem in Übersee, ob Amerika oder Asien, Sinnbild deutscher Geschichte.

3-D aus dem Mittelalter

Doch im Vergleich zum Hohen Schloss, das über Füssen thront, ist Ludwigs idealisierte Vorstellung einer Ritterburg geradezu ein Neubau. Bereits vor fast 1000 Jahren hat ein andere Ludwig mit dem Bau einer Feste begonnen, die dann kurz nach 1500 als Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Augsburg fertiggestellt wurde. Als eines der bedeutendsten Profanbauten deutscher Spätgotik lohnt der Weg auf den Berg allein schon wegen der einzigartigen Illusionsmalereien, die die Fassade zieren.
Täuschend echte 3-D-Ansichten, nicht aus dem Computer, sondern von Hand, mit natürlichen Farben vor mehr als 500 Jahren erstmals aufgetragen. Aber natürlich gibt es auch im Innern etwas zu sehen. Denn neben der städtischen Galerie beherbergt das historische Gemäuer die Filialgalerie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Von den Wehrgängen des Hohen Schlosses hat man zudem einen wunderbaren Blick auf die Altstadt von Füssen.
Der heilige Magnus ist allgegenwärtig im Kloster St. Mang. Einzigartig die Drachendarstellungen in einer Kirche. Im Hintergrund der Magnusstab im Kreuz.
Der heilige Magnus ist allgegenwärtig im Kloster St. Mang. Einzigartig die Drachendarstellungen in einer Kirche. Im Hintergrund der Magnusstab im Kreuz.
© Foto: Stefan Klug
Ganz besonders auf das Benediktinerkloster St. Mang direkt zu Füßen des Schlossberges. Hier wird’s dann noch älter. Denn die einstige Abtei gründet sich auf einer Zelle des heiligen Magnus. Der Einsiedler soll mithilfe einer brennenden Pechkugel den letzten Drachen der Gegend getötet haben. Und so finden sich in der Kirche St. Mang nicht nur der Magnusstab als Reliquie, sondern auch goldene Drachen zur Erinnerung an diese Leistung. Die einzigen Schuppentiere dieser Art in einem katholischen Gotteshaus übrigends...

Stadtmauer als Teil der Wohnung

Wer weiter der Geschichte Füssen folgen will, wandert einfach Richtung Osten am Ufer des Lech entlang. Dort findet sich dann, etwas versteckt am Hang, das Ende der Romantischen Straße. Gegründet 1950 sollte sie nach dem II. Weltkrieg Deutschland als Urlaubsland wieder attraktiv machen, umfasst landschaftlich reizvolle Gegenden in Süddeutschland und erstreckt sich über mehr als 400 Kilometer von Würzburg bis in den Allgäu. Besagtes Ende ist ein Tor mit einer Wandmalerei, eher symbolisch gemeint. Doch von hier aus ist es wiederum nicht weit zum Franziskaner-Kloster, das, anders als das der Benediktiner, noch in Betrieb ist. Davon nördlich findet sich der Alte Friedhof.
Die ältesten Gräber sind aus dem 16. Jahrhundert. Auch Domenico Quaglio ist hier bestattet, der maßgeblich der Umbau von Schloss Hohenschwangau leitete, in dem später der junge Ludwig aufwuchs. Dessen Vater, Maximilian II. hat dem Maler und Architekten zu Ehren ein Gedicht verfasst, das auf dem Grabstein Quaglios verewigt ist. Umgeben ist der Alte Friedhof von einem Teil der mittelalterlich Stadtmauer, die Bürger einst und nicht ganz legal zum Bestandteil ihrer Wohnungen machten. Deshalb finden sich dort heute Fenster ebenso wie der Wehrgang als Art Wintergarten genutzt wird.

Historisches Ambiente, moderne Aktivitäten

Überhaupt ist die Verbindung von Historischem zum aktuellen Leben vor allem in der Altstadt allgegenwärtig. Da die Stadt im Mittelalter zwar durch Brände, aber nach dem Errichten von Steinhäusern nicht mehr durch Krieg zerstört wurde, kommt sich der Besucher zuweilen etwas unwirklich vor. Schmale Gassen, schiefe Häuser, alte Bezeichnungen, das alles sind nicht Kulissen, sondern teils sehr gut rekonstruierte Wirklichkeit. Hier kann man gut einen ganzen Tag und das bei jedem Wetter verbringen.
Geschichte trifft Gegenwart. Der Schrannenplatz im historischen Zentrum. Der Brunnen kam erst vor zehn Jahren hinzu.
Geschichte trifft Gegenwart. Der Schrannenplatz im historischen Zentrum. Der Brunnen kam erst vor zehn Jahren hinzu.
© Foto: Füssen Tourismus und Marketing/Andreas Hub
Einen weiteren sollte man unbedingt für die Umgebung einplanen. Mit dem E-Bike etwa auf eine Burgen- und Schlösser-Runde. Nach gut 42 Kilometern hat man das Schloss zu Hopferau, die Burgruinen Hohenfreyberg, Eisenberg und Falkenstein sowie die ehemalige Wehranlage Burgruine Vilsegg zu Gesicht bekommen. Der Rückweg führt dann über den Alpsee mit wunderbarem Blick auf Hohenschwangau und Neuschwanstein.

Der beste Blick auf Neuschwanstein

Für letztgenannte muss man dann wohl einen weiteren Tag reservieren. Und viel Zeit. Denn aus Füssen rein wie raus braucht es etwas, da wie einst die Via Claudia Augusta aus Italien heute die B16/17 die einzigen Zufahrten nach Hohenschwangau sind. Hier wimmelt es das ganze Jahr über von Touristen, die natürlich nach Neuschwanstein wollen. Dorthin kann man in ca. 40 Minuten bergauf laufen, eine Pferdekutsche nehmen - die aber nur die halbe Strecke fährt - oder den Bus. Der hält unmittelbar vor der Marienbrücke, dem Fotospot für das Märchenschloss schlechthin. Entsprechend voll kann es sein, lange Wartezeiten inklusive. Ein Besuch von Neuschwanstein indes muss besser geplant werden, spontane Führungen gibt es nicht. Gleiches gilt für Hohenschwangau.
Ludwigs Märchenschloss. Der Blick von der Marienbrücke ist der Fotospot schlechthin.
Ludwigs Märchenschloss. Der Blick von der Marienbrücke ist der Fotospot schlechthin.
© Foto: Stefan Klug
Wer beide Schlösser auf einmal seinem digitalen Gedächtnis zufügen möchte, macht eine Wanderung um oder eine Ruderboot-Tour auf dem Alpsee. Ein Panorama, das bei fast jedem Wetter unschlagbar ist - fast zu schön, um wahr zu sein. Und das ganze geht auch mit wenig Touristen, die meistens nur für einen Tag anreisen. Denn am Ostufer des Sees befindet sich mit dem AMERON Neuschwanstein Alpsee Resort & Spa eine Hotelanlage, die mit dem Liesl, dem Jägerhaus, der Alpenrose und dem 2019 errichteten Hotel-Neubau über Häuser verfügt, die von vielen Fenstern aus, egal ob Spa, Restaurant oder Zimmer, einen Blick auf eines der Schlösser bzw. den See und das zu jeder Tageszeit ermöglichen.

Füssen und Neuschwanstein

Füssen ist mit knapp über 800 Metern die höchstgelegene Stadt Bayerns, liegt im Allgäu am Lech nur wenige Kilometer von Österreich entfernt. Per Auto erreicht man die Stadt von München aus am besten über die A96 und dann die B17 über Landsberg am Lech. Dabei führt der Weg direkt an Schwangau vorbei. Von hier aus ist es nur noch ein kurzer Weg nach Hohenschwangau, dem Ausgangspunkt für Besichtigungstouren nach Schloss Hohenschwangau und Neuschwanstein.
Weitere Infos zu Stadt und Umgebung gibt es bei der Tourist Information Füssen, Kaiser-Maximilian-Platz 1