Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, im Durchschnitt jeden zweiten Tag Regen und hell nur für einige Stunden rund um die Mittagszeit - im Winterhalbjahr klingt das wenig nach Sehnsuchtsort für ein verlängertes Wochenende. Und dennoch bietet sich Island genau dafür an. Und das gute Öko-Gewissen reist mit.
Kurztrip in den Norden
Etwas über drei Stunden braucht es von Berlin aus auf die größte Vulkaninsel der Welt. Da es in der Zeit zurückgeht, startete der Trip moderat kurz vor Mittag und auf Island bleibt dann immer noch genügend Helligkeit für einen ersten Eindruck. Die 60 Minuten eingerechnet, die der Bustransfers vom Airport Keflavik in die Hauptstadt Reykjavík benötigt. Über eine Verteilstation - Bus Hostel - geht es mit kleineren Bussen, die festen Routen folgen, in die Stadtteile zu den Hotels.
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Für den Ankunftstag empfiehlt sich Wellness, da es wegen einbrechender Dunkelheit kaum Sinn macht, noch Sightseeing in Angriff zu nehmen. Island ist bekannt für seine Geysire und heißen Quellen. Die Blue Lagoon der berühmteste dieser Orte. Doch der See aus Thermalwasser, einst als Abfallprodukt der Wärmeversorgung entstanden, ist nicht nur hoffnungslos überlaufen, sondern zudem auch teuer. Näher dran und mit Glück auch nicht überfüllt, schont die Sky Lagoon nicht zuletzt zumindest etwas den Geldbeutel.
Anders als das genannte Original, kommt das heiße Wasser im dortigen XXL-Infinity-Pool, um den herum reichlich Felslandschaft errichtet wurde, jedoch nicht aus dem Erdinnern, sondern wird lediglich geothermal erwärmt. Ein schlechtes Umwelt-Gewissen ob der großen und stets beheizten Wassermassen muss also niemand haben. Alles natürlich. So wie das Salz, das beim Siebengang-Sauna-Ritual gereicht wird. Mit dem findet der Besuch einen entspannenden Abschluss.
Mit Golden-Circle zu den Highlights
Etwas von der Wärme des Vortages sollte mitnehmen, wer sich dann an die Erkundung der isländischen Sehenswürdigkeiten macht. Dafür werden zwar auch 14-tägige Trackingreisen angeboten, einen beeindruckenden Überblick gibt aber schon die Golden-Circle-Tour, mittlerweile die beliebteste Route durch Südwest- und Südisland. Auf deren Weg befinden sich drei Stationen, die zum „must see“ der Insel gehören. Den Anfang macht der Þingvellir-Nationalpark. Keine Busstunde von der Hauptstadt entfernt ist er die einzige UNESCO-Welterbestätte des Landes.
Hier hinterließ die letzte Eiszeit nicht nur den größten See der Insel. Es gibt auch Geologie zum Anfassen, wenn man so will. Denn auf Island treffen die eurasische und die nordamerikanische Platte aufeinander. Und zwar überirdisch. Beide Platten entfernen sich jährlich rund zwei Zentimeter voneinander, wodurch über die Jahrtausende ein Riss entstand, der sich auch mit Wasser füllt. Diese Bruchstelle kann man nicht nur sehen, sondern teils auch belaufen und betauchen.
Heiße Wasser der Erde
Wiederum eine knappe Stunde später steht das Haukadalur-Tal auf dem Programm. Das dortige Geothermal-Gebiet gilt als die Mutter aller heißen Quellen, denn der Geysir gab ihnen ihren Namen. Da das Original selbst kaum noch aktiv ist, müssen Touristen mit Strokkur vorliebnehmen. Alles andere als eine billige Kopie schießt dieser etwas kleinere Geysir ca. alle fünf Minuten bis zu 100 Grad heißes Wasser bis zu 40 Meter in die Höhe. Drumherum blubbert und dampft es aus vielen Erdöffnungen, über denen sich von Pfützen bis hin zu kleinen Teichen Wasserflächen bilden.
Das ganze Gegenteil von heiß sind die Massen, die den Gullfoss Wasserfall hinunterstürzen. Denn der Hvítá-Fluss entspringt dem Gletscher Langjökull. Genau genommen handelt es sich um zwei Fälle. Denn im oberen Teil findet sich eine über 200 Meter breite und elf Meter hohe Kaskade. Zu der fast im rechten Winkel steht dann ein 21 Meter hoher Fall, dem eine bis zu 70 Meter tiefe und 2,5 Kilometer lange Schlucht folgt. Die nördliche Gullfoss Seite ist komplett touristisch erschlossen und ermöglicht, dem Spektakel so nah zu kommen, dass es echt nass wird.
Zurück nach Reykjavík dauert es nunmehr nicht ganz zwei Stunden. Da sollte noch Zeit sein, den berühmten Island-Pferden einen Besuch abzustatten. Die gedrungenen Vierbeiner sind keine Ponys und vor allem auch dafür berühmt, dass bei ihnen fünf Gangarten genetisch fixiert sind. Der Gullni hringurinn (Golden Circle) passt als Tagestour perfekt in die helle Zeit des isländischen Wintertages und kann für alle Frostbeulen auch mit dem Besuch einer kleineren Lagune kombiniert werden. Man fährt dann eben mit dem nächsten Bus wieder zurück in die Hauptstadt.
Abwechslungsreiche Kulinarik
Nach dem Tag in buchstäblich frischer Natur wäre nun die Gelegenheit, die Gastrolandschaft Reykjavíks zu erkunden. Mit 135 000 Einwohnern beherbergt die nördlichste Hauptstadt der Welt nicht nur mehr als ein Drittel aller Isländer, sie rühmt sich auch einer anspruchsvollen Restaurant- und Barlandschaft. Zeiten, in denen noch fermentierter Hai serviert wurde, sind lange vorbei. Die moderne isländische Küche setzt auf regionale Produkte, auch Rentier und Pferd, aber vor allem Fisch und Lamm sowie frisches Gemüse. Die Chefs erweisen sich dabei als kreativ und kombinationsfreudig. Im „Monkey‘s“ Downtown Reykjavik etwa wird peruanisch mit japanisch fusioniert und mit Trüffeln abgeschmeckt. Dazu gibt es ein Interieur zwischen Schiffskabine und Urwald. Deutlich reduzierter, aber nicht bei den Speisen, geht es da bei Hedinn Kitchen & Bar zu. Denn das Restaurant befindet sich in einem ehemaligen Stahlwerk, aus dem mittlerweile das „Grandi by Center Hotels“ entstanden ist. Wen tagsüber der Hunger oder nur Appetit übermannt, der muss bei Brauð & Co vorbeischauen. Die Auswahl der Bäckerei an Zimtschnecken wurde von TripAdvisor geschmacklich zur besten der Welt gekürt. Den Abend ausklingen lässt man am besten in einer der vielen Bars bei einem Gin Tonic, gemacht aus Gletscherwasser. Doch Vorsicht, das Preisniveau ist hoch, wie überall bei Alkohol in Nordeuropa.
Reykjavik zwischen nordisch und extravagant
Reykjavik selbst ist relativ schnell erkundet. Es gibt ein kompaktes Zentrum, das sich aus einer Mischung traditioneller nordischer und funktioneller bis extravaganter Architektur zusammensetzt. Die Harpa Konzerthalle ist ein Beispiel für letzteres. Sieht ein wenig aus wie die kleine Schwester der Elbphilharmonie in Hamburg, mit einer von Kristallen verkleideten Fassade, die nachts verschiedenfarbig leuchtet. Auch die Hallgrímskirkja fällt auf. Nicht nur, weil die Kirche das zweithöchste Gebäude des Landes ist, sondern auch, weil deren expressionistischer Stil die für Island so typischen Basaltsäulen immer wieder aufnimmt. Fotomotiv in der Innenstadt ist zudem immer wieder die Regenbogenstraße in der Sichtachse zur Kirche. Dieser Teil der Fußgängerzone wurde 2015 im Rahmen des Gay-Pride-Festival farblich umgestaltet, um auch ein Zeichen für Toleranz zu setzen.
Mit Glück Wale und Nordlichter
Im Gegensatz zu den genannten immer verfügbaren Highlights eines Island-Besuches sind zwei weitere ein wenig Glückssache. In der Hafenregion von Reykiavik finden sich zahlreiche Anbieter für Whale-Watching-Touren. Doch niemand von denen gibt Garantien. Und so ist auf den Plakaten und Tickets immer von Wahlen und Delfinen die Rede, die man sehen könnte. Saison für die eine oder andere Art der Meeressäuger ist zwar ständig, und Begegnungen mit Delfinen und Schweinswalen häufig, wirklich eine große Fluke jedoch werden nur wenige zu Gesicht bekommen. Da stehen die Chancen auf Nordlichter schon besser - wenn das Wetter mitspielt. Im Gegensatz zu den dreistündigen Waltouren, wo ein Blickkontakt Zufall bleibt, ist im Winterhalbjahr Island wohl der beste Spot, das Aurora borealis zu Gesicht zu bekommen. Auch diese Touren dauern rund drei Stunden, finden aber nur statt, wenn es keine dichten Wolken gibt. Insofern sollte man sich das vielleicht nicht für den letzten Abend aufheben, um ggf. noch eine weitere Chance zu haben.
Kurzversion Stopover
Wenn nichts geht, bleibt vielleicht noch die Chance auf dem Weg zum Flughafen erleuchtet zu werden. Denn der Rückflug nach Berlin startet im Gegensatz zur Anreise vor dem eigentlichen Aufstehen. Das liegt darin begründet, dass die Airlines Reykjavik als Drehkreuz für ihre Nordamerika-Verbindungen nutzen, von wo aus man naturgemäß über Nacht anreist. Insofern eignet sich Island, wenn nicht für ein verlängertes Wochenende, dann vielleicht für einen Stopover von oder nach Amerika. Hin und zurück wäre dann sogar das volle nordische Inselerlebnis unterzubringen.
Direkt ab Berlin
Die isländische Low-Cost-Airline Play fliegt viermal die Woche (derzeit noch) exklusiv von Berlin nach Reykjavik. Ab Mai 2023 kommen dann noch drei wöchentliche Flüge ab Hamburg hinzu. Play nutzt wie auch Icelandair Reykjavik als Drehkreuz für Flugverbindungen in die USA. Website