Die Historiker sind uneins, wo sich das irdische Paradies befunden haben könnte. Sie verorten es irgendwo im Mittleren Osten. Für Architektur-Fans hingegen ist die Bestimmung eher leicht. Ein Stück Garten Eden der Baukunst erreicht man über Gardone Riviera, am Westufer des Gardasees.
Die kleine Gemeinde kurz vor Salo ist der Allgemeinheit allerdings eher wegen ihrer Nähe zur Isola del Garda bekannt. Die ist nicht nur die größte Insel des wiederum größten Binnengewässers Italiens. Sie beherbergt zudem einen beeindruckenden Palazzo im neugotischen, venezianischen Stil. Wer diesen von der Ostseite her betrachtet und seinen Blick über die dahinterliegenden Berghänge schweifen lässt, entdeckt mit etwas Glück eine neuzeitliche Variante des Säulengangs. Und genau da findet sich ein Stück vom Architektur-Paradies.
Von weitem erkennt man allerdings nur die Front einer Villa, die von David Chipperfield Architects Berlin entworfen worden ist. Das moderne Äußere holt die Vergangenheit zurück, orientiert es sich doch an den traditionellen, für die Gegend so typischen Limonaias. Die Gewächshäuser für Zitronen prägten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts das Westufer des Gardasees. Das bauliche Chipperfield-Kunstwerk ist dabei nur eines von mehreren, das zu Eden Reserve Hotel & Villas gehört.
Denn neben dem Briten und seinem Berliner Büro haben sich auf dem rund 78000 Quadratmeter großen Gelände weitere Star-Architekten verwirklicht. Für Olivier Gerber macht das die Einzigartigkeit und Magie dieses Ortes aus. „Normalerweise sieht man am Gardasee mal ein Haus von Architekten dieser Liga, hier sind es gleich elf“, erklärt der Schweizer, der dem Eden Resort als General Manager vorsteht.
Ensemble der Stardesigner
Das Ensemble unterteilt sich dann in vier Gebäudetypen, die äußerlich grundverschieden, aber im Inneren auf gleich hohem Niveau ausgestattet sind. Kubisch, viel Glas und vor allem Weiß stehen dabei für Richard Meier. Vom Pritzker-Preisträger stammt eine für ihn so typische Villa, die sich dreietagig an den Hang schmiegt. Vom kombinierten Ess-Wohnraum im Obergeschoss gibt’s einen unglaublichen Blick auf den See.
Mark Marc setzt im Gegensatz zu Chipperfield am Gardasee auf einen eher futuristischen Stil, fühlt sich mit seinem Design aber auch den klassischen Riva-Booten verbunden. Präzision im Detail und Leichtigkeit bei den Formen prägen seine Villa Sphere Nord, deren Infinity-Pool direkt in den Lago di Garda überzugehen scheint. Und da wäre dann noch Matteo Thun. Der Südtiroler sollte auch am Scharmützelsee bei Bad Saarow ein Hotel bauen, was nicht realisiert wurde. Ein besonders schönes steht dafür hier an den Hängen zum Lago di Garda.
Konkurrenz zum Gardasee
Das Eden Reserve verdankt dem Ex-Creativ-Director der Kult-Uhrenmarke Swatch das Boutique Hotel im Zentrum der Anlage, das auch als Club House bezeichnet wird. Neun Zimmer und Suiten finden sich in dem Gebäude, dessen gläserne Fassade im Mosaik-Design mit den Farben von See und Landschaft um die Wette glitzert - sogar nachts, weil angeleuchtet. Während die Gäste in den beiden oberen Etagen nächtigen, finden sich im Erdgeschoss neben Rezeption und Spa auch Restaurant und Bar.
Mit geradezu unglaublicher Leichtigkeit ist es Thun hier gelungen, die doch so verschieden genutzten Bereiche ohne wirklich spürbare trennende Elemente ineinander übergehen zu lassen und sie mit der üppigen Außenterrasse zu verbinden. Da sich die Fassade in der vorangestellten Glasfront wiederholt, sieht das Ensemble aus der Ferne wie eine feste rechteckige Einheit aus, deren Tiefenstaffelung dann beim Betreten auf jedem Meter für neue Aha-Effekte sorgt. Für so manchen ist das Club House nicht von ungefähr eines der schönsten Boutique-Hotels überhaupt.
Shuttle statt Auto
In den Genuss desselben zu kommen, verlangt allerdings ein wenig Ausdauer bei der Anfahrt. Denn das automatische Tor zum Garten Eden weit oben über Gardone Riviera zu finden, ähnelt ein wenig dem Bemühen eingangs erwähnter Historiker bei der genauen Bestimmung des irdischen Paradieses. GM Gerber und seinem Team ist das mitnichten verborgen geblieben. Und so darf das eigene Auto in der jeweiligen Tiefgarage, die es für jede Unterkunftsart gibt, für die Zeit des Aufenthaltes verbleiben.
Ein Shuttle-Service sorgt für den gewünschten Transport, ob nach Salo zum Dinner oder zum Bootsanleger für eine gemütliche Rundfahrt. Darüber hinaus bietet die Umgebung zahlreiche Outdoor-Aktivitäten auch über das Ende des Sommers hinaus. Nicht von ungefähr wird die Region „Riviera degli Ulivi“ – Olivenriviera, genannt. Die Ernte beginnt im Oktober und bringt so einige Oliven- und Erntefeste mit sich, die natürlich ebenso für die Touristen interessant sind.
Trattoria als Edelvariante
Die können allerdings gern den gesamten Tag hoch droben verbringen. Da auf der westlichen Seite des Gardasees Bademöglichkeiten vom Ufer aus ohnehin rar gesät sind, bieten sich die privaten Pools der Villen oder des Club Houses für eine unkomplizierte Abkühlung an. Dazu gibt es auf den Terrassen und Balkonen sowie im üppig bemessenen Lounge-Bereich des Spas reichlich Privatsphäre zum Ausspannen und Abschalten. Ein Snack zwischendurch wie auch das gepflegte Dinner am Abend im öffentlichen Restaurant La Celeste sind immer nur wenige Schritte entfernt. Wenn gewollt, steht aber der Roomservice bereit.
Wer selbst gern kocht, hat in den Villen, Apartments sowie einigen Suiten die Möglichkeit, sich zu verwirklichen, mitunter gar outdoor. Allerdings wäre es zu schade, nicht bei Chef Marco Carasi im La Celeste vorbeizuschauen. Der serviert in einer Fusion aus einfach und genial im wirklich gehobenen Trattoria-Stil. Ob nach oder vor dem Essen, das große Areal zu erkunden ist nicht nur für Architektur-Interssierte ein Muss. Denn mit dem renommierten Gartenarchitekten Enzo Enea war für die Außen- und Parkgestaltung ebenfalls ein anerkannter Experte zuständig. Und nicht zuletzt gibt es von fast jedem Punkt des Eden Reserve aus einen einzigartigen Blick auf den Lago di Garda.
Action, Sport und Kunst in Gehweite
Wen es doch nach draußen zieht, dem bietet sich die volle Breite von Outdoor-Aktivitäten. Ob Paragliding, Bootsausflüge, Mountainbiken, Klettern oder Wandern – für all das ist das Eden Reserve der ideale Ausgangspunkt. Und auch Kulturfans kommen nicht zu kurz: der botanische Garten von André Heller oder das eindrucksvolle Denkmal des italienischen Schriftstellers Gabriele D’Annunzio, das Vittoriale degli Italiani, liegen nur wenige Gehminuten vom Resort entfernt.
Schlussendlich befinden sich mehrere Golfplätze in unmittelbarer Umgebung. Allerdings, das kleine Paradies der Architektur ist leider nur ein temporäres. An den Hängen über Gardone Riviera sind Olivier Gerber und sein Team nur die Frühlings- und Sommermonate über anzutreffen. Von Ende Oktober bis April bleibt daher nur der sehnsuchtsvolle Blick vom See aus die Hügel hinauf.