Im März 1934 begannen die Planungen, im Herbst 1936 war die gesamte Strecke vom Berliner Ring bis Stettin-Süd befahrbar. Was schon damals enorme Aufmerksamkeit fand, nötigt Spezialisten und Historikern besonders unter den heutigen Planungs- und Bauproblemen Respekt ab. "Man muss vor dieser handwerklichen Leistung den Hut ziehen", sagt Lars Kähler von der Arbeitsgemeinschaft Autobahngeschichte. Wie kaum ein anderer kennt sich der Autobahnmeister von Gramzow mit der Historie der Verkehrsachse aus.
Jetzt ist die A 11 genau 1001 Monate alt geworden. Im hoffnungslos überfüllten Pfarrhaus von Penkun zeigt Kähler dazu einen Bildervortrag mit einzigartigen Fotos und Dokumentationen. Auf der Leinwand zieht sich eine gigantische Baustelle quer durch die Landschaft, noch viel größer als die heutige Eugaltrasse. Menschen und Lorenbahnen bewegen mit einem gewaltigen Aufwand unvorstellbare Erdmassen, Kies und Baustoffe. Baugerüste aus Holz umrahmen in Hochgeschwindigkeit wachsende Betonbrücken. Überall herrscht noch Spaten- und Schubkarreneinsatz. Die ersten Bagger muten wie Ungetüme an.
Viele Fotos stammen von Heinz Weinreich, einem Bauleiter aus Penkun. Er hat "sein" Bauwerk geradezu penibel dokumentiert. Und so erlaubt das erhalten gebliebene Bilderalbum einen einzigartigen Blick auf eine der größten Baustellen dieser Zeit. Vom Mythos Reichsautobahn will der Gramzower Autobahnmeister Lars Kähler allerdings nichts wissen. Hitler habe weder die Autobahnen erfunden noch einen Führerschein gehabt. Die Zahl der am Bau beteiligten Arbeitskräfte sei propagandistisch überhöht worden.
Probleme mit Moorgebieten
Doch die A 11 ist reich an Eigenarten und Besonderheiten. Der nasse Untergrund sorgte schon in den 1930er-Jahren für Kopfzerbrechen. Vor diesem Problem stehen heutige Planer erneut, wenn an Moorgebieten Böschungen abrutschen. Der lange Stettiner Abschnitt war damals Teststrecke für moderne Standardbrücken. Nach ihrem Vorbild entstanden überall Bauwerke verschiedenster Typen. Aufgrund der extrem waldreichen Gegend erhielten Jäger und Förster sogar eigene besondere Überführungen, um von hüben nach drüben zu kommen. Oder sie mussten unter der Fahrbahn hindurch. Und wegen eines besonders prächtigen Baums an einer Stelle wurde der Mittelstreifen sogar aufgeweitet.
Die Oberbauleitung saß in Stettin. Ingenieure, Arbeiter und Techniker mussten entlang der Strecke mit Baracken auskommen. Zwischen den Standorten waren Laufjungen mit Fahrrädern unterwegs. Die Autobahnmeistereien entstanden erst viel später.
Originalunterlagen lassen sich bis heute nicht ausfindig machen. Ebensowenig Pläne oder Fotos. Lediglich im Angermünder Stadtarchiv, wo die alten Zeitungen dieser Jahre lückenlos bewahrt sind, findet Lars Kähler in tagelanger Recherchearbeit an freien Tagen detaillierte Informationen zum Autobahnbau.
Doch die Geschichte steckt noch im Boden. Als nach der Wende die ersten Abschnitte der während der DDR-Zeit heftig vernachlässigten Autobahn saniert werden, stoßen die Bagger plötzlich auf Seeminen – gleich mehrere an jeder Brücke. Mehr als 40 Jahre lang haben die gefährlichen Relikte des Zweiten Weltkriegs unter dem Beton gelegen. Doch viele gingen trotz des Sprengungsbefehls beim Rückzug der Wehrmacht nicht hoch. "Die Zünder lagen teilweise zwei Meter weit weg", berichtet Lars Kähler. "Der Volkssturm hat die angeordnete Zerstörung eindeutig sabotiert."
Größte Überraschung: Bei einer Routinekontrolle kam sogar ein kompletter Panzerturm aus dem Mittelstreifen heraus, in der Nachkriegszeit einfach zugeschüttet. Darin noch scharfe Munition.
Alte Strecke unter dem Asphalt
Von der Originalfahrbahn aus den 1930er-Jahren ist heute nichts mehr zu sehen. Die letzten noch komplett erhaltenen, aber kaum noch befahrbaren drei Kilometer bei Schmölln landeten nach 82 Jahren im Schredder. Doch unter dem Asphalt zwischen Pfingstberg und Berlin liegen noch unsanierte Bereiche, die in den nächsten Jahren grundhaft ausgebaut werden müssen. Besondere Schwierigkeit: Die A 11 ist im Bereich des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin zu schmal. Es fehlt der Standstreifen. Also werden Autofahrer in den nächsten Jahren weiter mit Staus und erheblichen Behinderungen rechnen müssen.
Als die "Strecke 54" einst errichtet wurde, ging man von einer Belastung von maximal 25 Tonnen aus. Der heutige Verkehr rechnet grundsätzlich mit mindestens 40 Tonnen. Das hat der Beton der Autobahnbauer dann doch nicht mehr verkraftet.