Die Landschaft wird zur Bühne, die Anwohner zu Mitspielern. Das Konzept vom theater 89 aus der Uckermark ist einzigartig und sensationell erfolgreich. Dabei wagt sich die kleine freie Bühne an große Inszenierungen seltener Repertoires, die allesamt zu unwiederbringlichen künstlerischen Unikaten werden.
Nichts überdauert, nichts wiederholt sich. Nach dem erfolgreichen Drei-Jahres-Projekt „Der Heiden von Kummerow“ nach dem Roman von Ehm Welk in dessen Geburtsort Biesenbrow bei Angermünde bespielt das theater 89 nun gleich eine ganze Region: das Land entlang der Oder, hüben und drüben, deutsch und polnisch.

Großes Open-Air-Spektakel an der Oder

Es ist wieder ein mehrteiliges Open-Air-Spektakel in Brandenburger Landschaften, das sich über mehrere Jahre zieht. Im Mittelpunkt steht ein alter Oder-Lastkahn und dessen illustre Besatzung, von der minderjährigen Kapitänin über arbeitslose Artisten bis zum Zirkuspony - eine Arche der Hoffnung, ein „Kahn der fröhlichen Leute“.

Schauspiel nach dem Roman von Jochen Klepper

Hans-Joachim Frank, Regisseur und künstlerischer Leiter des theaters 89, hat den gleichnamigen Roman von Jochen Klepper (1903-1942) als Stoff für ein ungewöhnliches Bühnenprojekt verwendet.
Es setzt die Geschichte an realen Orten entlang der Oder neu in Szene und verwebt sie mit lebendigen historischen und aktuellen Geschichten und Erfahrungen der Menschen auf deutscher und polnischer Seite. Heraus kommt dabei viel mehr, als ein reines Theater- oder Bühnenstück.

Theater und Begegnungen am Fluss

Es sind faszinierende Oder-Land-Beschreibungen mit Schauspiel, Lesungen, Musik, Naturentdeckungen, Begegnungen und Gesprächen, die schon durch die jeweils ganz verschiedenen Aufführungsorte, deren Landschaft und Bewohner, jedes Mal einzigartig und neu ist. Wer das Spektakel beispielsweise schon in Aurith oder im polnischen Urad, in Ratzdorf, Fürstenberg bei Eisenhüttenstadt oder in Lebus (Oder-Spree) erlebt hat, erfährt nun in Stolpe (Uckermark) die Geschichte wieder in ganz anderer, neuer Perspektive.
„Immer geht es auch um die Landschaft, die Natur und um die Menschen vor Ort, die die Geschichte wandelbar und einzigartig machen“, betont Hans-Joachim Frank.

Kultur kommt in die Brandenburger Fläche

Das gehört zum Selbstverständnis und Profil des Ensembles theater 89. Es widmet nicht nur selten gespielten, unbekannten oder teils vergessenen Autoren neue Aufmerksamkeit, sondern will damit auch Kultur aus den großen Städten raus aufs Brandenburger Land, in die Landschaft bringen. „Kultur ballt sich noch zu sehr an bestimmten wenigen Orten, Potsdam, Frankfurt oder Cottbus. Wir wollen Kultur, Theater in die Fläche bringen und fördern, ländliche Regionen in Brandenburg erschließen und bespielen und so deren Reiz, deren Geschichte sichtbar und erlebbar machen“, erklärt Hans-Joachim Frank.
Mit dem dreijährigen Heiden-von-Kummerow-Projekt an Originalschauplätzen in Biesenbrow bei Angermünde hat das theater 89 mit seiner Idee Neuland betreten, einen Meilenstein der Theaterkunst gesetzt und sich vor allem unvergesslich in die Herzen der Zuschauer und Dorfbewohner gespielt.
Mit dem Theater in historischen Stadtkernen setzt das Ensemble sein Open-Air-Konzept vor wechselnden echten historischen Kleinstadtkulissen fort.

Gaukler-Tradition mit hohem Anspruch

Das mehrteilige Oder-Land-Spektakel „Der Kahn der fröhlichen Leute“ ist wieder ein opulentes Werk in Gaukler-Tradition mit hohem künstlerischem Anspruch, das mit der Landschaft spielt und das den Atem des Landstriches und die Mentalität seiner Bewohner authentisch und mit augenzwinkerndem Humor nachempfindet. „Wir sind viel unterwegs und suchen interessante Orte in Brandenburg, die uns für unsere Projekte inspirieren“, ergänzt Uta Wilde, Geschäftsführerin des theaters 89.

Nationalparkdorf Stolpe wird zum Schauplatz

Bei ihren Streifzügen durchs Land sind es auch Begegnungen mit den Menschen vor Ort, die die Theaterleute faszinieren und zu neuen Ideen beflügeln. So ist jede Inszenierung auch ein kollektiver Prozess, in den Erfahrungen, Wissen, Temperament oder manchmal auch Requisiten und Statisten aus den Spielorten einfließen.
Auf ihrer Tour entlang der Oder stießen Hans-Joachim Frank und Uta Wilde unweigerlich auf Stolpe, das kleine Nationalparkdorf bei Angermünde mit einer großen Geschichte in einer atemberaubenden Landschaft.

„Grützpott“ wird Theater-Bühne

Die Faszination dieses Ortes im wilden Odertal will das Theater-Team nun auf besondere Weise erlebbar machen. Unterstützt und beraten wurden sie dabei von der Stadt Angermünde und dem hier heimischen Natur- und Landschaftsführer Roland Schulz. Hier legt der Kahn der fröhlichen Leute am Freitag, dem 14. April 2023, an. Symbolisch. Denn Schauplatz des Spektakels ist nicht direkt die Oder, sondern der sich davor erhebene Burgberg mit dem legendären „Grützpott“, ein mittelalterlicher Burgturm mit bis zu sechs Meter dicken Mauern.
Er wird an diesem Tag auch geöffnet sein.

Atemberaubender Blick vom Burgturm

Von den hohen Wallanlagen und der begehbaren Aussichtsplattform auf dem Turm bietet sich ein spektakulärer Blick über die Nationalparklandschaft mit dem Dorf Stolpe und der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße zu Füßen sowie dem Oderstrom und der Hügelkette auf polnischer Seite im Hintergrund. Hier schlägt das Theater-Ensemble mit deutschen und polnischen Mitwirkenden am Freitag seine Bühne auf. Es gehört zum Szenario des theaters 89, diese Landschaft mit dem Schauspiel, Live-Musik, deutschen und polnischen Volksliedern sowie Leseszenen aus dem Roman „Der Kahn der fröhlichen Leute“ von Jochen Klepper berührend neu erlebbar zu machen und hautnah am Publikum zu sein.

Selbstmord aus Furcht vor den Nazis

Der 1933 erschienene Oder-Roman war das erste Werk des heute nahezu vergessenen Schriftstellers. Kleppers tragische persönliche Geschichte spiegelt dagegen auch ein Stück der wechselvollen deutsch-polnischen Historie wieder. Kleppers deutsch-jüdische Familie beging 1942 aus Angst vor den Nazis Selbstmord.
Sein „Kahn der fröhlichen Leute“ wurde 1949 von der DEFA verfilmt. Nun „schippert“ er endlich wieder mit fröhlicher Besetzung die Oder hinab als neues Kulturspektakel im Oder-Land.

Veranstaltung am 14. April 2023 in Stolpe

Beim Glas Wein oder Bier und kleinen Speisen kann man den einmaligen Abend auf dem Burgberg in Stolpe mit Gesprächen aus- und die Eindrücke von Kultur und Landschaft nachklingen lassen, bevor der Kahn weiter die Oder Richtung Norden schippert. Wo er demnächst anlegen wird, ist noch offen.
Die Veranstaltung in Stolpe am 14. April 2023 beginnt um 18 Uhr. Karten sind unter Telefon 039852 498151, per E-Mail unter [email protected] sowie an der Abendkasse erhältlich. Kinder und Jugendliche haben freien Eintritt. Vom Parkplatz Schöneberger Straße 7 in Stolpe führt ein dreiminütiger Fußweg zum Turm.
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