"Wo kam die Familie her und wann", sagt Antje Scholz, die die Stoffstücke bestickt und zum "Tuch der Heimaten" zusammengesetzt hat. Denn davon gibt es viele: Schon immer kamen und kommen Menschen ins Oderbruch. Von Norden, Osten, Süden und Westen. Freiwillig oder als Vertriebene. Im Gepäck: Ihre Erinnerungen.
Installation in Wort und Schrift
Und um die geht es in der Installation von Antje Scholz und Julius Breitenfeld, die am Sonnabend im Rahmen des zweiten Programmtages des Oderbruch-Museums im Rahmen des Projektes "Altranft zwischen Krieg und Frieden" eröffnet wurde. Darin sind Text und Ton verwoben und erzählen davon, was den Befragten Heimat und Verlust bedeuten. Bedrückende, anrührende Geschichten aus dem Leben der Oderbrücher.
Die Idee entstand, berichtet Julius Breitenfeld, der die Interviews führte, durch eine Fluchtgeschichte, die ihn sehr berührte und nicht mehr losließ. "Das Oderbruch ist voll von diesen Geschichten", so der junge Mann. Einige Eindrücke von Krieg, Flucht, alter und neuer Heimat hat er nun konserviert. Und auch die gegenwärtigen Fluchtgeschichten nicht außer Acht gelassen. "Die Geschichten erzählen von Tod und Verlust. Damals wie heute", so Breitenfeld im Gespräch mit dieser Zeitung.
Gut 200 Jahre, nachdem Menschen auf Werben des Preußenkönigs Friedrich II. ins Oderbruch gezogen waren, um hier heimisch zu werden, endete 1945 der Zweite Weltkrieg. Viele Menschen flüchteten vor der Roten Armee oder wurden aus ihrer heimatlichen Landschaft vertrieben. Gleichzeitig gelangten viele ins Oderbruch; nicht wenige von ihnen wurden hier wieder heimisch", heißt es zur Installation von Brigitte Faber-Schmidt von Kulturland Brandenburg. "Aber darüber, was dieses Wieder-heimisch-Werden ihnen abverlangt hat liegt ein Tuch des Schweigens. 2001 brach in Syrien der Bürgerkrieg aus und zwang bis heute Millionen Menschen zur Flucht. Schutzsuchende treibt es bis heute ins Oderbruch. Erneut stehen Menschen vor der Frage, ob sie hier heimisch werden können."
Noch bis zum Saisonende sind sie in der Kirche in Altranft zu sehen und zu hören. "Vielleicht kann es auch wandern und wachsen", sagt Antje Scholz. "Das wäre eine schöne Idee."
Ursprünglich entstand der Gedanke einer solchen Ausstellung im Rahmen des Heimatfestivals, das jedoch durch die Corona-Krise verschoben werden musste. Auch die Interviews konnten nun erst nach dem Lockdown entstehen. Dafür sind sie nun trotz Corona-Regeln zu erleben, dafür bietet die Kirche ausreichend Platz. Und auch die zweite am Wochenende präsentierte Ausstellung "Putin in Altranft" mit gezeichneten Anekdoten kann an der frischen Luft im Schlosspark besichtigt werden.
Themenjahr "Krieg und Frieden"
Beide Schauen stehen im Zusammenhang mit dem Themenjahr "Krieg und Frieden. 1945 und die Folgen in Brandenburg  Kulturland Brandenburg 2020". Dabei nimmt es die zeithistorische Phase von 1945 bis heute in den Blick und widmet sich den individuellen Lebensschicksalen, den Hinterlassenschaften des Krieges und dem durch die politischen Neuordnungen bedingten gesellschaftlichen Wandel in der brandenburgischen Geschichte. "Das Themenjahr regt damit zur lebendigen Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit an", heißt es dazu von Kulturland Brandenburg.