"Ich hatte schon seit einiger Zeit die Idee, ins Ausland zu gehen", sagt die 41-Jährige, die in Storkow 2014 ihre erste Pfarrstelle nach dem zweiten theologischen Staatsexamen antrat. Bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gebe es eine Liste offener Stellen in deutschsprachigen Gemeinden im Ausland. Auch für Paris, Hongkong und Abu Dhabi habe es Angebote gegeben. "Kanada konnten wir uns gut vorstellen", sagt sie. Ihre Kinder könnten sich dort mit ihrem Schul-Englisch als Grundlage schneller zurechtfinden als anderswo. "Ich selber hätte auch Afrika interessant gefunden. Aber das wäre mir für die Kinder zu unsicher gewesen."
Schneechaos vor Gottesdienst
Bereits im vergangenen August reichte Judith Kierschke ihre Bewerbung um die Stelle in Ottawa ein. Sie kam in die nähere Auswahl, fuhr zum Vorstellungsgespräch in die EKD-Zentrale nach Hannover und durfte schließlich im Januar als eine von zwei verbliebenen Kandidaten die Reise nach Kanada antreten. Ein Wochenende verbrachte sie mit ihrem Mann dort, in der Kirche der Martin-Luther-Gemeinde hielt sie einen Probe-Gottesdienst – einmal auf Deutsch, einmal auf Englisch. "Die Gemeinde hat auch englischsprachige Mitglieder", erläutert sie. Dann hatten, wie es auch in Deutschland gehandhabt wird, die Gemeindemitglieder zu entscheiden. Judith Kierschke setzte sich gegen ihren verbliebenen Mitbewerber durch – allen widrigen Umständen zum Trotz. "Vor meinem Probe-Gottesdienst gab es ein Schneechaos und Eisregen", erzählt die Pfarrerin. Entgegen ihren Befürchtungen hätten sich dann aber zum Gottesdienst auf Englisch etwa 30 Besucher eingefunden, zu dem auf Deutsch sogar mehr als 50. Aufregung gab es auch, als bei der Ankunft am Flughafen der Koffer mit ihrem Talar fehlte; er traf dann aber noch rechtzeitig ein.
Nun hat Judith Kierschke bereits mit den Vorbereitungen für ihre neue Aufgabe begonnen. Sie ist dabei, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. "Ich gucke jetzt ganz viele englische Serien und lese Bücher auf Englisch", erzählt sie. Ihre bisherige Stelle in Storkow werde im kirchlichen Amtsblatt der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz ausgeschrieben. "Ich hoffe, dass schnell ein Nachfolger gefunden wird", sagt sie. Sie selber habe sich in Storkow immer sehr wohl gefühlt. Umso mehr freue sie sich auf die Höhepunkte, die in Storkow noch vor ihr stünden.
"Ostern, die Jubelkonfirmation, die Konfirmation, bei der auch meine Tochter Emma dabei ist, und das Tauf- und Sommerfest am See, das gleichzeitig mein Abschiedsgottesdienst wird", zählt sie auf. Am 14. Juni findet er statt, nicht in der Altstadtkirche, sondern auf dem Gelände des CVJM am Storkower See in Wolfswinkel.
Bis dahin dürfte auch eine Reise-Möglichkeit nach Kanada für Labrador Happy gefunden sein. "Wahrscheinlich fliegt er mit einer Frachtmaschine", sagt Judith Kierschke. Dass er mitkommt, stehe jedenfalls fest, genauso wie die beiden Katzen Filine und Hermine. "Sie gehören dazu", sagt die Pfarrerin.