Auch auf dem Krematorium-Friedhof gedenken am heutigen Totensonntag zahlreiche Brandenburger ihrer verstorbenen Angehörigen, Freunde und Bekannten. Dort, am Nordabhang des Marienbergs in der damaligen Fohrder Straße, sollte anno 1924 Geschichte besonderer Art geschrieben werden. Denn der von OB Walther Ausländer geführte Magistrat beabsichtigte, im damals fast 1.000-jährigen Brandenburg den Weg für ein Novum zu ebnen.
So bestätigten die Ratsherren endgültig vorgenanntes Gelände als Bauplatz für ein Krematorium nebst kommunalem Hauptfriedhof. „Ein derartiges Vorhaben“, so damals Stadtbaurat Ing. Moritz Wolf, „würde den neuzeitlichen Gedanken Rechnung tragen, indem man es gleichermaßen als öffentliche Gartenanlage parkartig ausgestaltet“. Zuvor jedoch gab es jahrelange Debatten, Vorschläge und Entwürfe, ehe letztlich ein sechs Morgen großes, noch erweiterungsfähiges Gelände des Marienbergs bereitgestellt wurde.
Ende der Inflation begünstige Krematorium-Entstehen
Nun begünstigte das Ende der Inflation den damaligen Beschluss. Ein Darlehen (40 000 Mark / Gold) vom Berliner Bestattungsverein und der Gemeinschaft der hiesigen Freidenker erwies sich zudem als äußerst vorteilhaft. Nachdem die Kommune am 22. April bzw. 7. Mai 1925 „grünes Licht“ gegeben hatte, begannen kurz darauf endlich die aufwendigen Arbeiten nach Entwürfen der Architekten Wolf (als Stadtbaurat) und Fritz Kerll. Und jener Moritz Wolf schrieb: „Das große Werk (...) gereicht den Toten zur Ehr` und dient den Lebenden zur Erholung“. Diese Anlage entstand als eine der ersten ihrer Art in Deutschland.
Der „eiszeitliche“ Marienberg eignete sich gut für den terrassenförmigen Aufbau des Friedhofs mit vielerlei Gehölzgruppen, Stabfeldern sowie platzartigen Erweiterungen. Während das imposante Gebäudeensemble samt seiner Arkaden an eine klösterliche Anlage erinnert, lässt wohl die Feierhalle mit ihrem Staffelgiebel und der stilisierten Fensterrose eher eine mittelalterliche Kirche „wach werden“.
Besondere Architektur und Landschaftsplanung
Ganz dem Vorbild spätgotischer Zellengewölbe ist die Aussegnungshalle nachempfunden. Bis heute völlig erhalten blieb die vom hiesigen Bildhauer Albert Caasmann ausgeführte expressionistische Innenausstattung. Für das Friedhofsgelände wurde der von Gartenbaudirektor Martin Keiser gemeinsam mit Moritz Wolf geschaffene Entwurf umgesetzt. Nach der Einweihung am 17. Oktober 1926 ließ man dort als erste Urne die des allerdings zuvor in Berlin kremierten Brandenburger Oberbürgermeisters Walther Ausländer ein. Ebenfalls seine letzte Ruhe fand dort u.a. der Sozialdemokrat und hiesige Ehrenbürger Otto Sidow (1927). Nach beiden sind Straßen benannt.
Später kamen ein Ehrenmal für die Opfer des Nationalsozialismus (1947), Gedenktafeln für Arbeitsdeportierte aus Frankreich, Italien und der Tschechoslowakei sowie bald nach der Revolution von 1989 nun endlich auch Erinnerungsorte für gefallene Wehrmachtssoldaten, Zivilpersonen und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten hinzu.