Die Franz-Ziegler-Straße dürfte wohl den allermeisten Brandenburgern ein Begriff sein. Doch wer war eigentlich ihr Namensgeber? In der Reihe der Oberbürgermeister unserer Stadt nimmt dieser Mann bis heute eine bedeutende Stellung ein. Allzeit lagen ihm deren Wohl und Wehe am Herzen, zeigte er sich doch immer überaus besorgt und engagiert.
Kindheit und Jugend von Franz Ziegler
Im kleinen Dorf Warchau bei Wusterwitz hatte Franz Ziegler am 3. Februar 1803 als 13. Kind des dortigen Pastors das Licht der Welt erblickt. Später besuchte der wissbegierige Junge das Saldernsche Gymnasium, das sich damals auf dem Gotthardt-Kirchplatz befand. In einer Überlieferung ist zu lesen, dass der zehn Jahre junge Franz als Quartaner neben seinen Mitschülern zu Felddienstübungen und Schanzarbeiten unweit des Gördenwaldes eingesetzt wurde. Wegen seiner daraufhin lautstarken Empörung gegenüber dem Prorektor sei er von diesem kurzerhand zur Strafe in den Silograben (Brielower Straße) getaucht worden, ohne ihn, wie es weiter hieß, „dadurch sonderlich gebessert zu haben...“
Beginn einer politischen Karriere
An der Universität Halle (Saale) studierte Ziegler später etliche Jahre Rechtswissenschaften, unternahm Reisen nach England, Frankreich und in die Schweiz. 1828 begann er als Assessor in Brandenburg, wo er am Gericht bald seine Fähigkeiten unter Beweis stellte. Inzwischen Mitglied des Stadtparlaments, erhielt der aufstrebende junge Mann noch weitaus mehr Einblick in die kommunale Verwaltung. Mit der war es bislang nicht zum Besten bestellt. Seine politische Karriere begann Franz Ziegler mit 37 Jahren, als man ihn 1840 zum Oberbürgermeister wählte. Zuvor hatte König Friedrich Wilhelm IV. seine zu jener Zeit noch notwendige Zustimmung erteilt. Franz Mehring (1846 - 1919, Publizist, Politiker/SPD und führender marxistischer Historiker) soll später davon gesprochen haben, „dass dieser Ziegler als ausgezeichneter Organisator möglicherweise das größte Verwaltungstalent gewesen sei, was der preußische Staat zu jener Zeit besaß.“
Errungenschaften des umtriebigen Oberbürgermeisters
Der umtriebige Brandenburger OB entwickelte eine rege Tätigkeit zum Wohl seiner Mitbürger. So sind die von ihm initiierte Gründung eines Krankenhauses (1840/42 mit 70 Betten) auf dem Altstädtischen Markt 1 wie auch die eingerichtete Kleinkinder-Bewahranstalt für 125 Mädchen bzw. Jungen beredtes Zeugnis. Zugleich gelang es ihm, erstmals eine Baugenossenschaft zu bilden. Weiteres Novum: Fortan wurde vom Einkommen der Stadt die kommunale Armenpflege finanziert.
In dem Zusammenhang sorgte Ziegler mit einer Zwangsarbeitsanstalt - inklusive strenger Bestrafung jener, die keiner ordentlichen Tätigkeit nachgingen -, relativ schnell wieder für ein ordentliches Straßenbild. Dazu trug gleichermaßen die nun deutlich gestraffte Polizeigewalt bei.
Zum anderen erließ der OB alsbald Vorschriften, um den Ablauf in den Dienstbereichen des Magistrats sowie in der Gemeindeverwaltung klar zu definieren und pünktlich zu gewährleisten. Ein neu geordnetes Kassen- bzw. Rechnungswesen samt reformierter Einkommenssteuer - bis hin zur erstmals von einem Stadtoberhaupt eingeführten progressiven Besteuerung -, gehörten gleichermaßen zur „Handschrift“ des umsichtigen Franz Ziegler.
Ein Mann des Volkes
Doch speziell diese Praktiken brachten ihm etliche Feindschaften ein, was letztlich sogar zur Denunziation seitens mehrerer Stadtverordneter führte. Teilweisen Erfolg zeitigten unterdessen die Bemühungen, dass „sein“ Brandenburg die 1816 verlorene Kreisfreiheit zurück erhielt. Ihm war es überdies zu verdanken, wenn der Schulunterricht alsbald einheitlicher gestaltet werden konnte. Dass Ziegler im wahrsten Sinne des Wortes ein Mann des Volkes war, zeigt uns seine Äußerung: „Ich höre gern den geringen Mann und bewundere ihn, wie er sich mutig durch die Sorgen des Lebens hindurch windet“. Besonders engagiert war der OB, als es um die Bahnanbindung für unsere Heimatstadt ging. Schließlich machte dann 1846 der erste Probezug der Potsdam-Magdeburger-Eisenbahn auf dem neuen Bahnhof in Brandenburg halt.
Ziegler gehörte seinerzeit dem Komitee der eigens zum Bau dieser Verbindung gegründeten Gesellschaft an. Dort bewies er ebenfalls Engagement und Weitsicht.
Das Ende einer politischen Karriere
Jedoch im Revolutionsjahr 1848 zog es ihn in die „große Politik“. In die Preußische Nationalversammlung, aber auch in die Zweite Kammer als Volksvertreter entsandt, votierte er ein Jahr später ebenfalls für den Beschluss zur Verweigerung der Steuern. Als diese Vorlage vom „ersten Mann“ der Havelstadt im Brandenburger Anzeiger veröffentlicht werden sollte, wurde er kurzerhand am 2. September 1849 wegen Hochverrats und Aufruhrs gar seines Amtes enthoben. Er musste für längere Zeit eine Festungshaft in den Kasematten Magdeburgs verbüßen. Zwei Jahre danach endlich wieder in Freiheit, übernahm der Gemaßregelte kein öffentliches Amt mehr. Weitere Demütigungen sollten folgen.
BRAWO berichtet dazu detailliert in einer seiner nächsten Ausgaben, ebenso wie über seine späteren Aktivitäten. Am 1. Oktober 1876 verstarb der ehemalige Oberbürgermeister.
NOTDIENSTE auf S. 10