Bürgerinnen und Bürger hatten sich am Montagabend vor dem Rathaus eingefunden, um in einer stillen Kundgebung ihren Wunsch nach einer Abwahl des Bürgermeisters Roland Leisegang zu bekräftigen.
Der Bad Belziger Paul Weise organisierte die Demonstration und erklärte im Vorfeld: „Nicht im Ansatz wurden wichtige Ziele, die in der Wahlerklärung von 2016 noch klar kommuniziert wurden, umgesetzt. Nicht nur nachweislich ein schlechter Job, der hier gemacht wurde, sondern auch ein Vertrauensbruch. Auch Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung bekunden öffentlich, dass das Vertrauen zerstört sei. Eine Zusammenarbeit sei so nicht mehr möglich.“

Nicht eingehaltene Wahlversprechen und Verhalten im Stadtwerkeskandal verärgern die Teilnehmenden

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren gekommen, weil sie mit dem Verhalten des Bürgermeisters beim Skandal um die Stadtwerke unzufrieden waren. Für Organisator Weise war der Stadtwerkeskandal jedoch nicht der ausschlaggebende Punkt für den Vertrauensbruch, obwohl dieser aktuell in aller Munde ist: „Letztendlich sind es die nicht eingehaltenen Wahlversprechen: barrierefreies Bad Belzig, altersgerechtes Wohnen, Sport- und Freizeitangebote der Jugend unterstützen… davon wurde gar nichts gemacht.“
Weiter sagte er: „Klar kann man sagen, aus xy Gründen ließ sich dieser und jener Punkt nicht realisieren. Aber das sich überhaupt nichts bewegt, das geht einfach nicht.“ Unter die Demonstrantinnen und Demonstranten hatten sich auch einige Stadtverordnete gemischt.

Bürgerinnen und Bürger wollen Zeichen ihrer Unzufriedenheit setzen

So Mancher zeigte sich enttäuscht, seinen Frust nicht lauthals kundgeben zu dürfen. Familie Grimm aus Bad Belzig wunderte sich: „So stellen wir uns Widerstand nicht vor.“ Später ergriff Karl-Heinz Reinicke kurz das Wort, aber einzig, um die Menschen zu begrüßen: „Wir wollen unseren Frust nicht mit Gewalt zeigen, sondern hiermit ein stilles Zeichen setzen, dass wir mit der Arbeit des Bürgermeisters nicht zufrieden sind“.

„Wir sind alle nur Menschen und niemand muss alles können.“

In den Gesprächen der Anwesenden war nicht nur Unmut zu hören, vor allem Enttäuschung. „Wenn man darüber nachdenkt, was in den letzten Jahren mit unserer Stadt passiert ist, dann könnte man heulen“, sagte etwa Simone Fröhlich. Die Bad Belzigerin stört sich nicht nur an den Entwicklungen in ihrer Heimat, sondern auch am Umgang des Bürgermeisters mit seinen Mitmenschen. „Mich ärgert vor allem, dass kein Herankommen an Herrn Leisegang ist. Er hat bisher keine Stellung bezogen. Bei den wichtigen Themen in den vergangenen Monaten lässt er sich in den Sitzungen tatsächlich entschuldigen und fährt lieber in den Urlaub.“ Sie bekräftigte: „Wir sind alle nur Menschen und niemand muss alles können. Ich hätte mir einfach etwas Menschlichkeit gewünscht, dass er auch mal eingestehen kann, was er vielleicht nicht so gut gemacht hat. Aber diese Unnahbarkeit…“ Der Umgang mit der Bürgerschaft und den eigenen Fehlern ist es auch, der Organisator Paul Weise aufstößt: „Wie Roland Leisegang mit Fehlern umgeht, diese Ignoranz, die ist fehl am Platz. Die ist unmenschlich.“

Stadtverordnetensitzung im Rathaus mit akutem Platzmangel

Das Ende der Kundgebung war zugleich der Beginn der 26. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung – hier machte sich gleich neuer Unmut breit. Denn nur ein Bruchteil der Menschen hatte die Möglichkeit, an der öffentlichen Sitzung im Bürgerhaus teilzunehmen. Die Stadtverordneten hatten Bitten der Bürgerschaft, die Albert-Bauer-Halle oder das Kino als Sitzungsort zu wählen, damit möglichst viele Bürgerinnen und Bürger der Sitzung beiwohnen können, abgelehnt. Letztendlich konnten nur 60 Gäste der Versammlung beiwohnen, etliche von ihnen waren Verwaltungsmitarbeiter.

Bürgermeister Roland Leisegang gab eine persönliche Erklärung ab

„Demokratie wird anders gelebt, als das, was hier mit den Bürgern gemacht wird“, warf etwa der Bad Belziger Detlef Albrich ein. Als Roland Leisegang an den Wartenden vorbei das volle Bürgerhaus betrat, wurden ihm „Schäm dich“ und „Abwahl“-Rufe hinterhergeworfen.
An siebter Stelle der Tagesordnung stand die Abstimmung über den Bürgerentscheid zur Abwahl des amtierenden Bürgermeisters. Vor der entscheidenden Abstimmung gab der Bürgermeister eine persönliche Erklärung ab, die etwa eine halbe Stunde dauerte. Darin rechnete er mit der in seinen Augen stimmungsmachenden Presse ab und unterstellte den Mitgliedern der Bürgerinitiative „Runder Tisch Energie in Bad Belzig“ ebenso wie dem Sonderausschuss Stadtwerke der Stadtverordnetenversammlung mangelndes Fachwissen. Seine eigene Rolle im Stadtwerkeskandal siehter weitestgehend positiv. Nicht zuletzt mahnte er die anwesenden Stadtverordneten vor einer erheblichen Steuergeldverschwendung, würde es tatsächlich zu einem Abwahlverfahren kommen. Abschließend bedankte er sich herzlich bei seinen Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung: „Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind meine engsten Vertrauten, für diese bisher beste Zusammenarbeit in meinem Leben, für dieses Vertrauen, bedanke ich mich.“

18 von 23 Stadtverordneten stimmten für einen Bürgerentscheid

Genau 18 der 23 Stadtverordneten sprachen sich in der Sitzung für einen Bürgerentscheid aus. Simone Lüdicke und René Zarbock (beide Gewerbeverein/Wir vom Dorf) stimmten gegen den Antrag. Tobias Paul (CDU) – Vorsitzender des Aufsichtsrates der Stadtwerke – enthielt sich, was als Nein-Stimme gewertet wurde. Die ebenso wie Roland Leisegang in Lütte wohnhafte Stadtverordnete Anne Baaske (SPD) fehlte in der Sitzung. Roland Leisegang selbst durfte wegen des sogenannten Mitwirkungsverbotes nicht abstimmen.

Bürgermeister Roland Leisegang muss sich am 11. Dezember einem Bürgerentscheid stellen

Damit ist es entschieden: Der Bad Belziger Bürgermeister Roland Leisegang (parteilos) muss sich einem Bürgerentscheid über seine Abwahl stellen. Laut Wahlleiterin Petra Isa Tersch muss der Bürgerentscheid binnen zwei Monaten, d.h. bis zum 11. Dezember, abgehalten werden. Roland Leisegang gilt als abgewählt, wenn „eine Mehrheit der abstimmenden Personen, mindestens jedoch ein Viertel der wahlberechtigten Personen, für die Abwahl des Amtsinhabers stimmt“ (Auszug Kommunalwahlgesetz).
Eine ausführliche Stellungnahme des Bürgermeisters Roland Leisegang zur Insolvenz der Stadtwerke nebst zeitlichem Ablauf lesen Interessierte auf der Homepage der Stadt: www.bad-belzig.de.