Aya T. ist 1999 in Syrien geboren. Sie kam 2015 nach Brandenburg an der Havel: „Seit 2019 studiere ich an der Fachhochschule Potsdam Bauingenieurwesen. Ich habe dieses Fach bewusst gewählt, denn sollte in Syrien der Bürgerkrieg ein Ende haben, kann ich helfen, das Land wieder aufzubauen. Bildung ist meiner Meinung nach die Basis für das Leben, auf sie kann ich mich verlassen. Durch die Bildung öffnen sich viele Türen.“
Kristhild K., geboren 1924 in Dürrlettel/Lutol Suchy im Kreis Meseritz, heute Polen: „Am 26. Juni 1945 kam der Aufruf, die Glocken haben geläutet, da mussten sich die Dorfbewohner bei uns vorm Haus versammeln. Die polnische Miliz befahl, das Dorf innerhalb von zwei Stunden zu verlassen. Kein Wagen, kein Kinderwagen durfte mitgenommen werden, nur Handgepäck.“
Eine Welt ohne Migration?
Kein Staat, kein Land auf dieser Welt würde ohne Migration in seiner heutigen Form existieren. Mehr als 14 Millionen deutsche Kriegsflüchtlinge und Vertriebene gab es 1945 nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland, zwei Drittel von ihnen kamen aus den ehemaligen Ostgebieten, darunter Posen, Nordböhmen, Schlesien und Galizien. Die Flucht aus dem Osten kennen viele nur noch vom Hörensagen und aus dem Geschichtsunterricht. Und dennoch ist die Flucht aus der Heimat und Ankunft in einem fremden Land noch heute allgegenwärtig.
Hoffnung auf eine bessere Zukunft
Niemand verlässt seine Heimat, Familie, seine vertraute Umgebung ohne Grund. Mit dem Verlust des vertrauten Umfeldes und der Aufgabe kultureller Bindungen verbinden beispielsweise die Flüchtlinge von 2015 die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Ein durch die Stadt Brandenburg an der Havel gefördertes Ausstellungsprojekt der Ev. Kirchengemeinden der Region Brandenburg im Ev. Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk e.V./Flüchtlingsnetzwerkkoordination Brandenburg an der Havel, des Fördervereins Akademie 2. Lebenshälfte im Land Brandenburg e.V. und synopsisfilm Berlin porträtiert zehn Menschen, die auf verschiedensten Wegen in die Havelstadt kamen.
Sechs Flüchtlinge kommen zu Wort
Erstmalig kommen sechs Flüchtlinge zu Wort, die 1945 und 2015 in Brandenburg an der Havel und Umgebung angekommen sind. Vier weitere Interviews mit einer Familie wolgadeutscher Aussiedler, einem vietnamesischen Vertragsarbeiter, einer Schwäbin und einer Uckermärkerin, die nach 1989 nach Brandenburg kamen. Alle haben eines gemeinsam: Sie berichten davon, wie sie es geschafft haben, hier Fuß zu fassen, wo sie gescheitert sind und wo sie Erfolg hatten. In den Antworten finden sich Parallelen zu der Frage, wie das Ankommen und die Integration 1945, nach 1989 und 2015 möglich war und ist. Das biografisch angelegte Projekt wird in Form von Bild und Text präsentiert.
Für Austausch und Begegnung
Die Ausstellung „Losgehen und Ankommen – Menschen in Brandenburg an der Havel und Umgebung zwischen 1945 und 2015“ soll Austausch und Begegnung ermöglichen und ein generationenübergreifendes Interesse am Thema Migration und Ankommen wecken. So erhalten Flüchtlinge ein Gesicht, und anhand ihrer persönlichen Geschichten bekommen die Betrachter*innen die Möglichkeit, sich ein differenziertes Urteil zu bilden.
Erstmals als Open-Air-Ausstellung
Die Ergebnisse werden zum ersten Mal in einer Open-Air-Ausstellung auf dem Gelände der St. Petrikapelle des Doms gezeigt. Aufgrund der Corona-Pandemie gibt es keine offizielle Eröffnung, stattdessen sind das Ausstellungsteam und ein Teil der Veranstalter*innen am Freitag, 21. Mai, in der Zeit von 16 bis 18 Uhr vor Ort. Gleichzeitig erscheinen der Katalog zur Ausstellung und ein Film (sechs Minuten) zum Ausstellungsprojekt (https://www.dom-brandenburg.de).
Sodann kann die Open-Air-Ausstellung an der St. Petrikapelle auf der Dominsel, Burgweg, montags bis samstags zwischen 10 und 17 Uhr sowie sonntags von 12 bis 17 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.