Feines blaues Sakko, glitzernde Paillettenbluse, adrett-getuschte rote Lippen. Der Theatervorhang faltenfrei, der Fußboden lupenrein, die Sektgläser gefüllt. Ein Knistern in der Luft – im Niemegker Kulturhaus standen am Freitagabend alle Zeichen auf Showtime. Die Mitglieder des Neuen Volkstheaters Fläming hatten sich und ihr Spielhaus ordentlich herausgeputzt, um dem gespannten Publikum die neue Eigenproduktion zu kredenzen. Auf die Bühne kam ein Stück aus der Feder von Michael Krämer, der „Helden im Wartezimmer“ während der vergangenen Coronazeit verfasst hat.

Alle sechs Vorstellungen und die Zusatztermine waren sofort ausverkauft

Die Premiere der neuen Eigenproduktion war zugleich auch der Beginn einer langen coronabedingten Spielpause, deren Ende Schauspieler und Publikum gleichermaßen entgegen fieberten. Nach anderthalb Jahren, in denen die Bühne nicht bespielt werden durfte, waren die Karten für die Aufführungen heiß begehrt. „Alle sechs Vorstellungen ausverkauft in nur einer Woche“, berichtete Regine Pietrucha. Karten für die beiden Zusatztermine im Februar 2022 seien ebenfalls vergriffen. „Ihr seid ein verrücktes Publikum!“, brachte das Vereinsmitglied es in ihrer Begrüßungsansprache auf den Punkt. „Endlich dürfen wir wieder“, freute sich Ensemblemitglied Verena Anhalt, die die 140 Gäste am Theatereingang in Empfang nahm. Hier wurden die Impfnachweise kontrolliert, die Veranstaltung lief unter 2G-Regeln – und das funktionierte.

Eine Theateraufführung im Wartezimmer einer Arztpraxis

Die Stimmung im Theatersaal war ausgelassen. Der frenetische Applaus des Publikums mündete um 20.08 Uhr in den Takt von Katja Ebsteins Theater-Song: „Sie setzen jeden Abend eine Maske auf, und sie spielen, wie die Rolle es verlangt. An das Theater haben sie ihr Herz verkauft, sie steh`n oben und die unten schaun` sie an“ sang die Schlagerfrau und der Vorhang im Kulturhaus ging auf. Und treffender kann man nicht formulieren, was die Laiendarsteller an diesem Abend auf die Bühne gebracht haben: Das Wartezimmer – der Herrschaftsbereich von Sprechstundenhilfe Frau Eberlein (Doreen Schumann) – ist ein Ort des Hoffens und Bangens, der Freude und der Verzweiflung.

Ein Wartezimmer voller wahnsinniger Charaktere

Für den werdenden Vater (Daniel Geißler), dem allmählich dämmert, dass vielleicht auch der smarte Tennislehrer (Sven Schüler) seine Frau (Beate Ulrich) beglückt haben könnte. Für den hypochondrischen Hobbyjäger (Bernd Fredrich) oder seine Bekannte (Sandy Boldt) mit fast verlorenem Daumen. Für die 81-jährige Dame (Carola Hausig), die ihren goldenen Herbst erlebt oder die Freundin (Jutta Linthe) der werdenden Mutter, die ein gastroenterologischer Notfall in die Praxis zwingt. Da muss selbst die Reinigungskraft (Verena Anhalt) mit ran, um den Haufen zu bändigen.

Neun Laienschauspieler spielen unter Anleitung des Regisseurs Christian Pietrucha

Dass gerade einmal drei Monate für das Theaterstück geprobt wurde, merkte man der Aufführung nicht an. Regisseur Christian Pietrucha hat bei der Rollenverteilung ein gutes Händchen bewiesen. „Er hat ein tolles Gespür dafür“, verrät Verena Anhalt. Die neun Laienschauspieler agierten mit Leidenschaft und erweckten damit authentische Figuren, mit denen sie sich fix in die Herzen der Zuschauer spielen konnten. „Die Premiere verlief sehr gut. Aus meiner Sicht als Regisseur hat alles wunderbar funktioniert“, resümiert Christian Pietrucha. „Es war eine riesige Freude, wieder vor vollem Haus spielen zu können. Die Resonanz hat uns voll und ganz überwältigt!“