Wäre der Abbau nicht bereits um 1960 eingestellt worden, dann wäre sicherlich spätestens jetzt, im Zuge der Energiewende, Schluss mit der Braunkohle. Doch mangels Ergiebigkeit war die letzte Grube bereits vor mehr als 60 Jahre geschlossen worden. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts war Kohle unter Tage bei Bad Freienwalde gefördert worden. Und auch bei Hohenfinow gibt es Vorkommen. Allerdings eben nicht in jener Stärke wie in der Lausitz oder in Mitteldeutschland. Wobei es in den 1980er Jahren noch einmal Versuche gegeben haben soll, bei Bad Freienwalde möglicherweise eine Lagerstätte zu erschließen. Was bekanntlich nicht von Erfolg gekrönt war. An diesen Teil Oberbarnimer Regionalgeschichte erinnert heute noch der Flurname „Schwarzes Loch“.
Und: Die Braunkohle ist keineswegs der einzige Bodenschatz in der Region. Es gibt Eisenerz, Alaun, Ton und Moor, auch als Schwarzes Gold bekannt. Zu danken ist dies unter anderem der eiszeitlichen Prägung. Im Detail informiert darüber das Heft „Die Freienwalder Höhen und das nördliche Oderbruch“, das die Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Märkischen Eiszeitstraße gerade herausgegeben hat. Es ist die 25. Ausgabe in der Reihe „Entdeckungen“. Also eine Jubiläumsausgabe. Diese beschäftigt sich gewissermaßen mit der gesamten „Ostflanke des Barnim“, sagt Präsident Gerd Lutze.
Bergbau nach Zweitem Weltkrieg wieder aufgenommen
Gespickt ist der Band mit jeder Menge Informationen über die Sehenswürdigkeiten am Wegesrand sowie die Geschichte. Etwa die des Bergbaus, incl. Kohledeputat und Bergmannschnaps „Kumpeltod“. Laut Heiko Walther-Kämpfe, einer der Autoren, wurde seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Bad Freienwalde unter Tage Kohle gefördert. Wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit 1902 geschlossen, seien die Kumpel aber nach Ende des Zweiten Weltkrieges aus der Not der kalten Winter wieder in den Berg gefahren.
Tiefer als früher, neue Stollen wurden erschlossen. 1960 jedoch war endgültig Schluss. Die Grube „Friedensschacht“ wurde dichtgemacht. Zum einen wegen zu geringer Ergiebigkeit der Vorkommen, zum anderen soll das Wasser, das aus dem Schacht abgeleitet werden musste, immer wieder Probleme bereitet haben.
Die „Ostflanke des Barnim“, das ist eine Landschaft, die durch große Höhenunterschiede, infolge „heftiger Gletscherstauchungen“, geprägt ist – zwischen dem Hohen Barnim und dem flachen Oderbruch. Incl. des Semmelbergs bei Torgelow, mit 158 Metern die höchste Erhebung in Ostbrandneburg. Das Gelände „stürzt“ förmlich ab. „Nirgends anderswo gibt es in Brandenburg derartige Kontraste im Geländerelief auf so kurzer Entfernung“, sagt Lutze. Und genau diese Kontraste würden in besonderer Weise den natürlichen Reiz der Landschaft befördern. Weshalb die Gesellschaft die Bad Freienwalder Höhen und das nördliche Oderbruch zur „Landschaft des Jahres 2023“ im Raum Nordostbrandenburg gekürt hat.
13 spannende Beiträge über die Landschaft um Bad Freienwalde
Über das Oderbruch gebe es bereits viele Veröffentlichungen und Publikationen, so Lutze. „Was bislang fehlte, war eine naturräumliche Beschreibung des Bruchs.“ Diese Lücke habe die „Eiszeitstraße“ mit Heft 25 geschlossen. Überdies finde sich in der Broschüre ein Beitrag von Professor Joachim Quast darüber, wie das Oderbruch „hydrologisch funktioniert“.
Und selbstverständlich erfahre der Leser auch, was sich in Sachen Schutz nach dem Oderhochwasser 1997 getan hat. Das 120-seitige Heft spannt, wie alle bisher erschienenen, thematisch den Bogen von der Geologie über die Siedlungsgeschichte bis hin zum Tourismus heute. 13 Beiträge unterschiedlicher Autoren, allesamt Experten auf ihrem Gebiet und zugleich profunde Kenner der Region, sorgen so für Kurzweil sowie Unterhaltung. Und manch neue Information.
Gipfelstürmerpfad beginnt in Falkenberg
Martin Rudolf berichtet etwa über den Deichbau, einst und heute. Kerstin Götter stellt Erna und Kurt Kretschmann vor, was freilich – zumindest für Kenner der Naturschutzszene – ein Stück weit bedeutet, Eulen nach Athen zu tragen. Gleichwohl: Die Autorin beleuchtet auch weniger bekannte Seiten des „Erfinders“ der Naturschutzeule und seiner Frau. Reinhard Schmook erzählt unter anderem über Hans Ohnesorge. Und Autor Heiko Walther-Kämpfe empfiehlt den Gipfelstürmerweg. Er geht mit dem Leser quasi auf Wanderschaft.
Getreu den Worten Theodor Fontanes: „Freienwaldes Reiz liegt draußen auf den Bergen. Diesen Bergen verdankt es alles, was es ist: von dort aus kommen seine Quellen und von dort aus gehen die Fernsichten ins Land hinein.“ Die Tour führt von Falkenberg, vorbei am Paschenberg, über den „Märkischen Watzmann“ zum „Thüringer Blick“ und zur Sprungschanzenanlage.
Tipp: Europabrücke Neurüdnitz
Gerade auf dieser Wanderung sei die „Stufenlandschaft“ hervorragend erlebbar, lädt Lutze dazu ein, die Region auf Schusters Rappen zu erkunden. Und der Präsident hat noch einen Ausflugstipp parat: die 2022 eröffnete Europabrücke Neurüdnitz-Siekierki. Von der dortigen Aussichtsplattform haben die Besucher einen phantastischen Blick dies- und jenseits der Oder, schwärmt der Eberswalder. Eindrucksvoll zeigen ebenso die Visualisierungen von Sophie Ludwig, Absolventin der Eberswalder Hochschule HNE, die Morphologie und damit die Besonderheit der Landschaft zwischen Falkenberg und Wriezen in der Publikation.
Das erste Heft in der „Entdeckungen“-Reihe war 1999 erschienen (Norbert Schlaak „Nordostenbrandenburg – Entstehungsgeschichte einer Landschaft“). Zu wahren Bestsellern seien im Laufe der Jahre vor allem zwei Ausgaben geworden: die Veröffentlichung über die Schorfheide, die ausverkauft ist, und jene über das Biesenthaler Becken. Weshalb der Verein, der in Kürze seinen 30. Geburtstag feiert, über Neuauflagen nachdenkt.
Nächste Veröffentlichungen über Uckermark in Vorbereitung
Die voraussichtlich nächste, die 26. Ausgabe, werde sich mit der nordwestlichen Uckermark beschäftigen, kündigt Lutze an. Überdies sei eine Abhandlung über die Bronzezeit fast fertig.
„Die Freienwalder Höhen und das nördliche Oderbruch: erhältlich in der Gutenberg-Buchhandlung Eberswalde (Rathaus-Passage) und direkt über den Verein.