Der Zirkus ist in der Stadt. Nun wäre das noch kein Grund ausführlicher darüber zu berichten. Ein Zirkus ist im Laufe des Jahres häufiger in der Stadt. Circus Voyage, der auf dem Platz am Familiengarten in der Heegermühler Straße sein Zelt aufgebaut hat, ist zum ersten Mal in Eberswalde und er wirbt mit Tieren, wie sie in anderen Zirkussen, die in der Region gastieren, nicht zu sehen sind: Elefanten, Giraffen und sogar ein Flusspferd.
Das bringt dem Unternehmen auch die Kritik von Tierschützern ein. Die Organisation Peta fordert längst ein generelles Tierverbot in Zirkussen. 2016 schrieb die Münchner Abendzeitung darüber, dass die bayerische Landeshauptstadt ihren Platz nicht mehr an Voyage vermietet, da dieser mit Wildtieren arbeitet. Eine ähnliche Kontroverse um den Zirkus aus Berlin gab es 2018 in der Hauptstadt, als die Innenverwaltung insbesondere die Haltung des Flusspferds kritisierte. Mehrere Medien berichteten.
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Unangemeldeter Besuch
Der Zirkus hat den Umgang mit solcher Kritik professionalisiert und kontert mit Gegenmeinungen. Auf seiner Internetseite sind Links zu Artikeln unterschiedlicher Zeitungen und Online-Medien zu finden, in denen sich positiv über die Tierhaltung geäußert wird. Wir wollen uns selbst ein Bild machen. Da wir telefonisch niemanden erreichen, schlagen wir unangemeldet auf dem Festplatz auf. Viele der Tiere, wie Kamele, Zebras, Giraffen und zwei Elefanten halten sich an dem sonnigen Tag unter freiem Himmel auf. Ein Mitarbeiter holt Vanessa Spindler. Die 24-Jährige, die seit sechs Jahren mit dem Zirkus tourt, in der Manage mit einer Hula-Hoop-Reifen-Nummer auftritt, sich um die Showtechnik kümmert und einen der Lkw von Ort zu Ort fährt, ist obendrein Pressesprecherin.
Regelmäßige Kontrolle
In knapp zwei Stunden beginnt die Show. Die Frau vom Zirkus nimmt sich Zeit. Sie sei überrascht, dass noch keine Tierschützer da waren, sagt sie. Protestieren sie friedlich, habe sie kein Problem damit. Allerdings hätten andernorts während des Finales im Zelt schon Farbbomben den Kassenwagen getroffen.
Der Transportwagen für die Giraffen, erklärt sie, ist nach oben höher und nach unten abgesenkt. Den Giraffen mache der Transport nichts aus. Beim Rundgang verweist Vanessa Spindler auf das geräumige mobile Elefantenhaus, in dem die vier Dickhäuter untergebracht sind und mit ihren Rüsseln neugierig über den Zaun langen. Zwei stehen gerade im Außenbereich. Im Elefantenhaus, ein großes Zelt, befindet sich auch das Becken von Flusspferd Jedi, davor ein Gehege, zu dem es Zugang hat. "Wenn es keine Lust hat, muss es auch nicht in die Manege", sagt Vanessa Spindler. Das komme selten vor. Doch wenn, zeige das Publikum Verständnis. Es kann Jedi zur Tierschau während der Pause ganz nah sein.
An den Auftritt in der Manege werde jedes Tier durch jahrelanges Training behutsam herangeführt. Das Tierwohl werde jede Woche durchs Veterinäramt geprüft. "Der Zirkus ist der meist kontrollierte Betrieb", sagt Vanessa Spindler. Bisher sei nie etwas beanstandet worden, die Gehege absichtlich größer als gefordert. Was die amtlichen Kontrollen zu Tierschutz- und Tiergesundheitsrechtlichen Schwerpunkten durch den Veterinär im Landkreis Barnim betrifft, teilt die Pressestelle dort auf Anfrage mit, dass diese noch ausstehen, aber zeitnah durchgeführt werden sollen.
Kommentar: Hingehen, hinschauen
Wie fühlt sich Flusspferd Jedi wohl so ganz ohne Artgenossen in seinem Wassertank und sind die immer etwas traurig wirkenden Augen von Elefanten ein Spiegelbild ihrer Seele? Das kann ich Ihnen leider auch nicht sagen. Ich kann Ihnen auch nicht sagen, ob der Wellensittich, der im Käfig an einer Müslistange knabbert unter Freiheitsentzug leidet, was der Hund an der Leine denkt oder ein Pferd, dem ein Hufeisen unter die Sohle genagelt wird.Ich bin kein Veterinär, will damit aber auch sagen, dass die Kritik an Zirkussen meist eine Doppelmoral enthält. Wenn das Pferd jedes Wochenende mit dem Hänger zur Galopprennbahn gebracht wird, gilt das als okay, der Transport einer Giraffe aber wird kritisiert. Das Pferd ist domestiziert. Doch auch exotische Zirkustiere sind in der Regel dort geboren und nicht aus freier Wildbahn importiert. Wäre das anders, würden sie vermutlich auch mehr Scheu zeigen.Ich gebe zu, dass mich ein Flusspferd auf Reisen durchaus stutzen lässt. Allerdings haben mich Tiere im Zirkus als Kind immer fasziniert. Wenn Sie möchten, gehen Sie deshalb ruhig in den Zirkus und schauen sie hin. Das ermöglicht letztlich ein besseres Urteil. Marco Marschall