181 Stolpersteine wurden seit 2006 in Frankfurt verlegt. 29 der darauf benannten Opfer kamen zwischen 1942 und 1944 in Auschwitz ums Leben. Zuletzt Else Nathan am 30. Oktober 1944. Von 2056 Menschen, die mit ihr im Zug saßen, wurden 1689 sofort vergast, darunter auch sie selbst. Kurz darauf wurde das Töten mit Giftgas in Auschwitz eingestellt.
Weitere 30 Opfer, an die in der Stadt mit Stolpersteinen erinnert wird, starben in Warschau. 22 in Theresienstadt. 46 in anderen Ghettos und Lagern wie Treblinka, Sachsenhausen, Ravensbrück. 52 überstanden die Lagerhaft. Oder überlebten, weil sie auswanderten. Für zwei Opfer wurden in Frankfurt je zwei Steine verlegt.
Fünf Frankfurter Transporte
Die bisher bekannten 179 Namen bilden nur einen Bruchteil des Ausmaßes an rassischer und politischer Verfolgung in der Oderstadt ab. 1933 gab es in Frankfurt die mit Abstand größte jüdische Gemeinde in der Region. Sie hatte, je nach Quelle, zwischen 568 und 680 Mitglieder. "Potenziell Betroffene aber gab es mehr. Man kann von einer vierstelligen Zahl ausgehen", erklärt Konrad Tschäpe, Historiker in der Gedenkstätte in der Collegienstraße.
1939 kategorisierten die Frankfurter Behörden willkürlich 298 Mitbürger als "Volljuden", "Halbjuden" oder "Geltungsjuden". Bis dahin hatten viele Verfolgte bereits die Stadt, das Land verlassen. Zahlreiche jüdische Familien suchten noch in der Anonymität der Großstadt Berlin bei Verwandten Zuflucht – um später von dort aus deportiert zu werden. Die Novemberpogrome 1938, als auch in Frankfurt die Synagoge brannte, führten schließlich noch einmal zu einer Massenflucht. Das jüdische Hospital in der früheren Rosenstraße 36 (heute Dr. Hermann-Neumark-Straße) war einer der letzten Zufluchtsort für viele Frankfurter Juden, die sich 1942 noch in der Stadt aufhielten.
In dieser Zeit organisierte die Frankfurter Gestapo fünf Deportationstransporte, durchnummeriert von "Frkf. I" bis "Frkf. V". Sie umfassten jeweils mehrere Hundert Menschen aus dem preußisch-brandenburgischen Regierungsbezirk Frankfurt, der bis nach Landsberg (Gorzów) und Cottbus reichte. Ein Transport, am 2. April 1942, wurde nach Warschau geleitet, mindestens zwei nach Theresienstadt. Ein weiterer, am 19. April 1943, fuhr über Berlin nach Auschwitz. Das Ziel des Transportes Frkf. mit der Nummer II ist nicht überliefert.
Auch viele andere Deportationszüge in den Tod führten über Strecken im Regierungsbezirk bzw. das Territorium der Reichsbahndirektion Osten, deren Amtssitz sich seit 1923 in Frankfurt befand. "Frankfurt hatte eine Mittäterrolle beim Holocaust. Die Bahndirektion und andere in der Stadt ansässige Behörden wie die Polizei leisteten mindestens logistische Zuarbeit", sagt Tschäpe.
Gestapo-Akten verschollen
Wie die Verwaltungsapparate der Stadt und des Regierungsbezirkes strukturell in die Durchführung des Holocaust eingebunden waren, sei bisher wenig erforscht. "Von den Akten der Gestapo in Frankfurt sind nur ganz wenige überliefert", sagt der Historiker. Einige Namenslisten von Frankfurter Deportationszügen existieren nur deshalb noch, weil die Finanzdirektion der Bezirksregierung eine Kopie von der Gestapo erhielt – um ganz sicher zu gehen, dass enteignete Juden keine Ansprüche mehr stellen werden.
Anders stelle sich die Quellenlage für regionale Tatorte wie das KZ Sonnenburg dar, einem der frühesten Lager überhaupt und nur knapp 35 Kilometer von Frankfurt entfernt. In der Nacht vom 30. zum 31. Januar 1945 erschoss die SS hier 819 Häftlinge – am Freitag wird daran erinnert. Doch sowohl das Lager selbst als auch das Massaker in der Endphase  des Krieges "sind aus dem nationalen Gedächtnis herausgefallen. Dabei gibt es das Wissen darüber. Es muss nur abgerufen werden", sagt Konrad Tschäpe.

Gedenkveranstaltungim Kleist Forum

Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus lädt die Stadt heute um 15 Uhr zu einer Veranstaltung in das Kleist Forum ein. Matthias Diefenbach vom Institut für angewandte Geschichte berichtet über das Arbeitserziehungslager in Swiecko (Schwetig). Schätzungsweise 10 000 Menschen durchliefen das Lager, das der Gestapo in Frankfurt unterstand, mindestens 1000 starben. Zu den Opfern gehörten insbesondere ausländische Zwangsarbeiter. thg