Ob im Supermarkt oder beim Hofladen − wer regional erzeugte Lebensmittel einkaufen möchte, kann das auch in der westpolnischen Grenzregion Lubuskie tun. Während man im Supermarkt dafür aufmerksam die Etiketten studieren muss, hilft eine Themen-Karte der Woiwodschaft dabei, die herstellenden Betriebe direkt aufzusuchen.
Seit 2018 beschäftigt sich das Lebuser Zentrum für regionale Produkte (Lubuskie Centrum Produktu Regionalnego) in Zielona Góra mit der regionalen Lebensmittelproduktion in Lubuskie. Sie erstellen jedes Jahr eine Online-Karte mit Links zu den einzelnen Kreisen, allerdings auf Polnisch. Aktuell sind da fast 150 regionale Produzenten aufgeführt, die vor Ort Honig, Wein, Stoffe, Fleisch oder Gebäck herstellen.
300 regionale Erzeuger in Lubuskie
Insgesamt arbeite das Zentrum bereits mit 300 Produzenten zusammen, so Justyna Gray vom LCPR auf Anfrage. Aufgrund des steigenden Interesses, das die Institution natürlich auch selbst fördert, entstehen immer mehr Verkaufsstellen in der Woiwodschaft sowie Online-Verkauf und Socialmedia-Werbung, beispielsweise über die Facebook-Gruppe „Bazarek Lubuski” („Märktchen Lubuski”).
Seit drei Jahren lobt das Zentrum den Wettbewerb „Lebuser Lieblingsproduzent” aus. 2020 gewann die Bäckerei Zdrowy Bochen in Zielona Góra, im Folgejahr die Speiseeis-Manufaktur Mr. Lodzik in Szprotawa und 2022 der Hof Malinówka in Drągowina bei Zielona Góra, den das Ehepaar Świderski mit Kindern, Enten, Schafen, Bienen, Brotbäckerei und Gästezimmern direkt in der Agroturystyka seit 2015 bewirtschaftet. Ihre Produkte sind in Bio-Geschäften in Zielona Góra und vor Ort erhältlich.
„Viele Bauern nicht in Feierstimmung”
Einmal pro Jahr findet im Herbst das Erntedankfest der Woiwodschaft statt, immer im Wechsel zwischen Norden und Süden der Region: im Frühherbst 2023 in Świebodzin. 2022 in Zwierzyn waren auch die aktuellen Herausforderungen für die Landwirtschaft ein Thema. Vize-Marschall Stanislaw Tomczyszyn nannte die Situation in der Landwirtschaft schwierig. Stanisław Mysliwiec, Präsident der Lebuser Landwirtschaftskammer, konkretisierte: „Dies ist das fünfte Jahr in Folge, in dem in unserer Region Dürre herrscht”. Lubuskie sei „Trockenheit-Spitzenreiter” in allen landesweiten Statistiken. „Viele Bauern wollen gar kein Erntefest mehr, weil sie nichts zu feiern haben. Manche Betriebe haben Verluste von 80 oder gar 100 Prozent”, so Mysliwiec im August 2022.
Am 21. Januar dieses Jahres tauschten sich Tomczyszyn und Kollegen auch bei der „Grünen Woche” in Berlin zu diesen Themen mit dem Brandenburgischen Umweltminister Axel Vogel aus, denn die Probleme haben beide Regionen gemeinsam.
Süß, sauer bis alkoholisch
Wer nun gern die regionalen Produkte vom Nachbarn probieren möchte, kann einige auch in den großen Supermärkten der Grenzorte finden, beispielsweise im Słubicer Intermarché. Die dutzenden Honigsorten der Imkerei Dutkowiak in Sulęcin sind dort in mehreren Regalreihen zu finden, ebenso eingelegte Gurken von „Rico” und Meerrettich-Wurstaufstrich der Firma „Gospoda Zacisze” in Zielona Góra.
Die hügelige Gegend um das frühere Grünberg entwickelt sich seit Jahren wieder zu einer Wein-Region. Diese Tradition war im späten Mittelalter entstanden, im 19. Jahrhundert soll es noch Hunderte Weinbauern hier gegeben haben, die damals auch mit einem Winzer-Umzug das „Winobranie”-Fest begründeten. 2023 wird das Weinfest „Winobranie” bei den Winzereien rund um Zielona Góra vom 9. bis 17. September 2023 stattfinden. Außerhalb des Weinfestes kann man lokale Weine beispielsweise im Palmenhaus im Weinpark Zielona Góra probieren und kaufen.
Echtes Lebuser Bier kommt indes aus der Brauerei Witnica, wo seit 1848 gebraut wird. Im damaligen Vietz vor dem Zweiten Weltkrieg hieß die Hausmarke „Sternbräu”. Heute werden hier rund 20 verschiedene Sorten hergestellt, vom klassischen Pils bis zu aromatisierten Sorten mit Schokolade oder Blaubeere sowie alkoholfreier Brot-Kwass. Brauereiführungen können auch über die deutschsprachige Tourismusinfo in Kostrzyn organisiert werden.
Versteckte Möchtegern-Lebuser
Die regional erscheinenden Pralinen der Marke „Odra” kommen indes aus dem Ort Otmuchów in der Oppelner Region, gelegen an der Glatzer Neiße statt der Oder. Die Gemüse-Delikatessen von „Nadwarciańskie Specjały” kommen zwar aus einem Warthe-Ort, allerdings aus Radoszewice in Zentralpolen, am Oberlauf des Flusses.
Der Lebuser Gin („Gin Lubuski”) wiederum, der heute in all farbigen Ausführungen im pommerschen Toruń produziert wird, stammt tatsächlich aus Lubuskie. Und zwar aus dem Spirituosenwerk in Zielona Góra, das hier nach 1945 unterschiedliche Alkohole produzierte. Das Rezept soll Ende des 19. Jahrhundert entwickelt worden sein, die serielle Produktion begann erst gut 100 Jahre später. Später wurde auch der Luksusowa-Wodka hier hergestellt, der mittlerweile in Poznań produziert wird, gemeinsam mit Edel-„Wässerchen” wie „Pan Tadeusz” und „Paderecki”.
Am 26. März 2023, 11 bis 16 Uhr, findet auf dem Gelände des Ethnografischen Freilichtmuseums in Zielona Góra-Ochla der Regional-Markt „,Kaziuki” statt, wo sich zahlreiche Produzierende der Region Lubuskie präsentieren werden.
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