In der Berichterstattung über die Erdbeben und ihre Folgen geht es vordergründig um die Türkei – in dem Land lag das Epizentrum des Bebens, die Türkei hat mehr Todesopfer zu beklagen als das benachbarte Syrien. Doch auch dort ist die Zerstörung groß – gleichzeitig ist es schwer für Journalisten und vor allem auch für Hilfsorganisationen, das Gebiet zu betreten.
Unter anderem aus diesem Grund haben sich Menschen in Frankfurt (Oder) dazu entschieden, Spenden für Syrien zu sammeln. Omar Alsebae kennt eine Familie, die in einem Fünf-Etagen-Haus wohnte – das ganze Haus sei zerstört, die Menschen alle gestorben. Und Anika Breetsch hat eine syrische Praktikantin, die im Moment nicht arbeiten kann, weil sie direkt betroffen ist und private Verluste zu beklagen hat.
Sachspenden sind nur schwer an die richtigen Stellen zu bringen
Alsebae arbeitet als Presse- und Öffentlichkeitsmitarbeiter bei der Lebenshilfe in Frankfurt, Breetsch ist Kosmetikmeisterin in der Stadt. Beide betonen: Syrien leidet gerade doppelt. Dort herrscht seit 2011 Krieg, das Land ist dreigeteilt: die Gebiete unter Kontrolle des Diktators Baschar al-Assad, die Rebellenregion im Nordwesten und die kurdischen Gebiete. „Für Privatpersonen ist es eigentlich unmöglich, dorthin zu kommen“, sagen sie. Würde man Sachspenden mit dem Auto oder Lkw bringen wollen, wäre die Grenze ein Problem. „Fliegt man mit dem Flugzeug, würden die Spenden bei Assad oder Erdogan landen“ – und dann würde man beispielsweise keine kurdischen Gebiete erreichen.
Deshalb sammeln sie statt Sachspenden Geld. Die Lebenshilfe arbeitet mit dem Verband Deutsch-Syrischer Hilfsvereine zusammen, der wiederum mit Hilfsorganisationen vor Ort kooperiert, um von den Spendengeldern Hilfsgüter wie Lebensmittel, Decken oder warme Kleidung kaufen zu können. Die Vereine haben seit 2011 bereits Erfahrung vor Ort, erklärt Omar Alsebae. „Es ist eine Katastrophe“, sagt der junge Mann, dessen Eltern in Aleppo und Schwester in Idlib leben. Den Menschen, berichten ihm Familie und Bekannte, fehle es an schweren Maschinen. Sie versuchten, die Verletzten und Toten „mit bloßen Händen aus den Trümmern zu holen“, erzählt er.
So kann man für Syrien spenden
■ Die Lebenshilfe leitet Spenden mit entsprechendem Verwendungszweck an den Verband Deutsch-Syrischer Hilfsvereine weiter.
Lebenshilfe Frankfurt (Oder)
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE42 1002 0500 0001 2828 08
Verwendungszweck: Erdbeben Syrien
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE42 1002 0500 0001 2828 08
Verwendungszweck: Erdbeben Syrien
■ Wichtig: Name, Anschrift und Verwendungszweck angeben.
■ Wer eine Spendenquittung benötigt, kann Kontakt mit der Lebenshilfe aufnehmen.
Es sind Regionen, in denen laut EU-Kommission ohnehin Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. „90 Prozent der Menschen leben unter der Armutsgrenze“, sagt Omar Alsebae. Er erzählt, dass viele Menschen durch den Krieg ohnehin in kaputten oder komplett zerbombten Häusern gelebt hätten, manche vor wenigen Jahren neu bauten – und nun erneut ihr Haus verloren hätten. Er weiß von Menschen zu berichten, deren halbe Familie gestorben sei und die jetzt auf der Straße lebten.
Auch bei den Opferzahlen ist es schwierig, eine Angabe aus Syrien zu bekommen, die stimmt. Gesprochen wird von über 36.000 Toten in der Türkei und knapp 6000 in Syrien. Anika Breetsch betont, dass die Organisationen vor Ort jedoch gar nicht in der Lage seien, genaue syrische Zahlen zu benennen. „Ich will es auch gar nicht wissen, es macht mich nur traurig“, sagt Omar Alsebae.
Komplette Einnahmen der Massagen und Maniküre/Pediküre gehen nach Syrien
Um ebenfalls zu helfen, hat Anika Breetsch eine dreigeteilte Spendenaktion in ihrem Studio „Die Kosmetik-Eule“ ins Leben gerufen: Am Freitag, 17.02., bieten sie und ihre Kolleginnen von 14 bis 20 Uhr Fußpflege, Maniküre oder Rückenmassagen an. Am Montag, 20.02., sind Maniküre und Rückenmassagen im Programm, von 8 bis 14 Uhr. Und am Samstag, 04.03., können Kunden zwischen Fußpflege, Maniküre und Rückenmassage auswählen (9 bis 14 Uhr). Termine – einige sind noch frei – müssen vorher gebucht werden (Tel. 0335 6659703; info@kosmetik-eule.de).
Die kompletten Einnahmen gehen an Organisationen vor Ort. „Das war mir auch wichtig“, sagt Anika Breetsch, die das Geld an die Menschenrechtsorganisation Medico International weiterleiten wird, die wiederum vor Ort mit der Hilfsorganisation Kurdischer Roter Halbmond kooperiert – für Erdogan eine Terrororganisation, wie sie betont. Auch das zeigt, wie kompliziert sich die Hilfe für Syrien gestaltet.
Auch muslimische Gemeinschaft und Blaue Brücke in Frankfurt (Oder) sammeln Spenden
Ihre Aktion hatte sie eigentlich zusammen mit ein paar Kollegen geplant. Viele spürten aber nach wie vor die Nachwirkungen von Corona beziehungsweise hätten keine Kapazitäten, um ihre Kosmetikleistungen kostenlos anzubieten, erklärt Anika Breetsch. Erst habe sie selbst auch gedacht, sie könne gar nicht helfen. „Aber das berührt einen schon“, sagt sie. Dann sei ihr die Aktion in den Kopf gekommen und sie sagte auch ihrer Praktikantin: „Das ist ein Teil, den du von hier aus beitragen kannst.“
Das möchten auch andere in der Stadt. Die muslimische Gemeinschaft hat in ihrem Gebetsraum in der Leipziger Straße Geld und Kleidung für die Opfer des Erdbebens gesammelt. Daran hat sich auch der Verein Helping Hands Blaue Brücke beteiligt, der in der vergangenen Woche Kleidung übergeben hat. „Es wurde ein Weitertransport nach Berlin organisiert und von dort ging es weiter mit dem Flugzeug“, erklärt Vereinsvizepräsidentin Lisa Gregor. Auch das Sammeln von Spendengeldern plant der Verein, weil es anders sei als in der Ukraine und man nicht einfach mit einem Transporter oder Laster voll Generatoren und Lebensmittel hinfahren könne, betont sie.
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