„Bilder können gar nicht vermitteln, was man dort vor Ort zu sehen bekommt. Die Zerstörung ist unvorstellbar“, erzählt Daniel Tille. Die Eindrücke nach dem Hilfseinsatz im Katastrophengebiet im Ahrtal werden ihn und seine Kameraden von der Feuerwehr aus Frankfurt (Oder) so schnell nicht loslassen.
Neben Daniel Tille waren in den letzten Tagen mit Torsten Müller, Andreas Fuhlbrügge, Christian Göge, René Gremblewski und Felix Pahl sechs Feuerwehrleute aus der Oderstadt im Landkreis Ahrweiler, um nach der Jahrhundertflut beim Aufräumen zu helfen. Wolfgang Welenga koordinierte den Einsatz für den Stadtfeuerwehrverband und war ebenfalls zweimal vor Ort. Vier Frankfurter Feuerwehrmänner sind mittlerweile wieder zurück, am Montag reisen die noch verbliebenen beiden Kameraden aus dem Ahrtal ab.
Spendenkonto Hochwasserhilfe
Für die Spenden aus Brandenburg wurde ein Konto eingerichtet: Landkreis Märkisch-Oderland, IBAN: DE39 1705 4040 0020 0662 95, Stichwort: Spenden Hochwasserhilfe 2021
Einsatz in Ahrbrück und in Kreuzberg (Gemeinde Altenahr)
Bereits kurz nach der Flut hatte Welenga in enger Abstimmung mit dem Leiter des Amtes für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen, Helmut Otto, dem Innenministerium Unterstützung aus Frankfurt (Oder) angeboten. Nachdem das Land Rheinland-Pfalz Hilfe aus Brandenburg anforderte, reisten dann am 6. August auch rund 20 freiwillige Einsatzkräfte aus dem Leitstellenbereich Oderland (Märkisch-Oderland, Oder-Spree und Frankfurt) in Kolonne von Freienbrink aus in die Hochwasserregion. Insgesamt halfen und helfen noch rund 240 Feuerwehrleute aus dem Land Brandenburg bei den Aufräumarbeiten mit.
Die sechs Kameraden aus Frankfurt (Oder) kamen in Ahrbrück und Kreuzberg (Gemeinde Altenahr) zum Einsatz. Mit ihrem mitgebrachten Wechsellader fuhren sie vor allem Schutt und Sperrmüll zu einem zerstörten Campingplatz, der zu einem Recyclinghof umfunktioniert wurde.
„Und dann waren die Autos weg“
„Der erste Eindruck hat mich persönlich überwältigt. Wenn man neben einem Haus steht und die Wasserkante stellenweise vier Meter über sich siehst, fühlt man sich sehr klein“, sagt Torsten Müller. Er berichtet von Straßen und Brücken, die weggespült wurden. Von Häusern, die abgerissen werden müssen. Und von den Begegnungen mit Anwohnern, „die sich ihre Erlebnisse einfach von der Seele reden wollen. Viele sind noch immer in Schockstarre.“
Ins Gespräch kamen sie unter anderem mit einer Frau aus Ahrbrück, die direkt an der Ahr wohnt. Sie habe erzählt, dass am frühen Abend des 14. Juli zunächst ein Hochwasser mit einem Pegel von knapp 3 Metern angesagt wurde. „Dann wäre ihr Rasen nass gewesen“, so Torsten Müller. Wenige Stunden später rollte eine doppelt so hohe Flutwelle durch den Ort. Die Anwohnerin wollte auf einem nahen Supermarkt-Parkplatz ihr in Auto in Sicherheit bringen. Als auch dort das Wasser kam, rettete sie sich mit anderen auf einen nahen Hügel. „Und dann waren die Autos weg.“
„In der Nacht war die Ahr noch breiter als die Oder“
Andere traf es noch schlimmer. Andreas Fuhlbrügge zeigt auf seinem Telefon das Bild eines VW T5. Oder vielmehr das, was von dem Wagen auf dem Recyclinghof noch übrig ist – ein einziges Knäuel aus Blech. „Und das ist ein Transporter“, unterstreicht er. Man möchte sich nicht vorstellen, sagt Fuhlbrügge, was die Flut mit denen gemacht hat, die mitgerissen wurden und teilweise bis heute als vermisst gelten. Ein Mann, dessen Haus das Wasser fortspülte, sei zwei Kilometer flussabwärts gefunden worden, berichtet Andreas Fuhlbrügge. „Er hat sich mit einem Gürtel an einem Baum festgemacht, damit er nicht mehr loskommt, und seinen Sohn im Arm gehalten. Der Arm war mehrfach gebrochen. Beide hingen dann in zwei Meter Höhe, als man sie gefunden hat – sie haben überlebt“. Die Frau des Mannes und sein zweites Kind aber hätten es nicht geschafft.
An vielen Stellen sei die Ahr keine zwei Meter breit, „ein kleiner Bach“, wie Daniel Tille sagt. „Aber in der Nacht war die Ahr noch breiter als die Oder. Stellenweise kamen 300 Liter Wasser von oben. Und das Ahrtal ist ja wie ein Trichter.“
Die Dankbarkeit der Menschen für die Hilfe ist groß
Was alle hervorheben, ist die gute Organisation und Zusammenarbeit vor Ort. Untergebracht waren die Frankfurter Feuerwehrmänner zunächst in einer Zeltstadt am Nürburgring, der Zentrale für den Hilfseinsatz im Katastrophengebiet. Von hier aus starteten Einsatzkräfte der Feuerwehr, des THW aber auch der Bundeswehr. Als am Nürburgring wieder für die DTM Platz gemacht wurde, zogen die Frankfurter in eine Jugendherberge um, die näher an Ahrbrück und Kreuzberg liegt.
Die Unterstützung aus ganz Deutschland mache den Menschen Mut, sagt Wolfgang Welenga. „Wenn man von der Autobahn runterfährt, hängen dort schon Transparente von den Brücken, auf denen sich die Bürger für die Hilfe bedanken.“ Bedanken möchte sich der Vorsitzende des Stadtfeuerwehrbandes auch bei Unternehmen wie Becker & Armbrust und Veolia und ebenso bei der hauptamtlichen Feuerwehr, die ihre Beschäftigten ohne Zögern für den Hilfseinsatz von der Arbeit freigestellt hätten.
Wolfgang Welenga will sich möglicherweise noch einmal in das Katastrophengebiet aufmachen. Denn: „Gebraucht werden dort unten vor allem Trockner. Wenn jemand einen hat oder spenden möchte, dann kann er ihn vorbeibringen. Kommen ein paar Geräte zusammen, bringe ich sie persönlich dorthin“, sagt er. Zu erreichen ist er unter der 0151 17455388.
Neben der Feuerwehr waren vom 2. bis 10. August auch der Zugtrupp sowie die Fachgruppe Notversorgung, Notinstandsetzung des THW Frankfurt (Oder) in Rheinland-Pfalz im Einsatz. Dort unterstützten die Einsatzkräfte die Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten in den Gebieten Adenau, Schuld und Ahrweiler.
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