Ihr neuntes Helene Beach Festival wäre es in diesem Jahr gewesen. Seinen Jahresurlaub hat der 31-Jährige extra in die Zeit gelegt, am Dienstag wollte die 20-köpfige Truppe anreisen. Aber auch ohne Festival verbringen sie das Wochenende an der Helene, bauen am Donnerstag Zelte und eine ausgefeilte Pavillonkonstruktion auf, wollen eine schöne Zeit mit Freunden verbringen, neue Leute kennenlernen, baden und Musik hören – diesmal nur aus den eigenen Boxen.
Das erste Helene Beach Festival
Vor neun Jahren: "Sommer – Sonne – Strand" steht auf der Eintrittskarte zum allerersten Helene Beach Festival 2011. Das wichtigste am Outfit des Wochenendes vom 29. bis 31. Juli sind jedoch nicht Sonnenbrille, Bikini und Sonnencreme, sondern Gummistiefel. Statt Strand gibt es ein Schlammfeld. Auf die gute Stimmung der 10 000, die eine "Regen-Party an der Helene" feiern, wirkt sich das Wetter nicht aus. Selbst um 3 Uhr nachts wird unter Regencapes vor der Hauptbühne zu elektronischer Musik von Northern Lite getanzt. Mit dabei sind auch Jennifer Rostock, die schon mehrfach in Frankfurt aufgetreten sind, und Rapper Marteria. Insgesamt 50 Bands auf drei Bühnen, "das gab es am Helenesee noch nie", schreibt die MOZ. Es gibt am Tag vor Festivalstart sogar noch eine Art Abendkasse am Campingplatz – in späteren Jahren undenkbar. Doch schon im Gründungsjahr ist das Festival ausverkauft.
Veranstalter Daniel Grabow wünscht sich für die zweite Auflage, mit doppeltem Etat und Musikern wie Bosse, Kraftklub und KIZ, besseres Wetter. Letztere stimmen "Urlaub fürs Gehirn" an, Kraftklub sagen "Ich will nicht nach Berlin" und Bosse, der schon als kleiner Knirps in den Helenesee gesprungen ist, besingt "Frankfurt (Oder)" – alles irgendwie passend zum Urlaubsfestival bei Frankfurt. Doppelt so viele Künstler und fünf Bühnen sind es 2012, 13 000 Besucher, eine Autoschlange bildet sich bis zur Autobahn. Diesmal Must-Have: Sonnenbrille, die verdeckt die Augenringe nach zehn Stunden Schlaf an vier Tagen.
Für Fans von härterer Musik
Im September findet als "kleine Schwester" des Helene Beach das Festival Beach Rock statt, für Fans etwas härterer Musik. Das Format setzt sich nach nur drei Ausgaben letztlich aber nicht durch.2013 zeichnet sich ab, dass einige Künstler immer wiederkommen. Marteria etwa tritt zum zweiten Mal auf. Die Elektropop-Band Mia ist zum ersten Mal dabei und wird fünf Jahre später wieder an den Helenesee kommen. Auch Jennifer Rostock, Bosse und Sido gehören zu den Helene-Beach-Wiederholungstätern. Einen Favoriten unter den vielen Künstlern will Daniel Grabow nicht nennen. Für ihn ist eher ein markanter Wendepunkt der Umstieg auf eine größere Hauptbühne.
Das Festival wächst und lockt mehr Gäste
Schon 2013 ist sie größer, drei Jahre später dann nochmals breiter und höher und bekommt einen neuen Standort mit mehr Platz zum Tanzen. Damit werden Standards für große Festivals erfüllt, Grabow hat "das erste Mal das Gefühl, man spielt mit in der ersten Reihe." Was er aber betont: "Eine große Bühne gibt es überall. Aber einen Strand, sauberes Wasser, im Schatten campen..." Das loben auch die Besucher, die nicht nur aus Frankfurt und direkter Umgebung kommen, sondern auch aus Sachsen-Anhalt, aus Moers – "von der holländischen zur polnischen Grenze" sagen ein 50-jähriger Besucher und sein Sohn – und auch aus Österreich oder Polen. Von Anfang an ist ein großer Teil der Besucher aus Berlin.
"Die Leute kommen nach Frankfurt mit einer geringen Erwartungshaltung", sagt Grabow. Diese werde übertroffen, es gebe einen Überraschungseffekt, auch bei den Künstlern, die immer wieder mit Booten auf den See gefahren werden. Der Stadtbote bekommt in einem Leserbrief das Feedback: "Tausende von jungen Menschen verlassen Frankfurt mit einem positiven Eindruck." Ein Blogger kürt das Helene Beach auf Platz 6 der beliebtesten Festivals Deutschlands. Den Dauercampern gefällt, dass die jungen Leute so ausgelassen sind. Einige spazieren trotz oder gerade wegen des Festivaltrubels von ihrem Bungalow die Strandpromenade entlang, "um alles anzuschauen".
Festival-Müll und Seebesuche
Aber es gibt auch immer wieder Diskussionen, weil die Tagesgäste teilweise eine Woche lang nicht an den See kommen. Die 27. Auflage des Helene-Triathlons muss kurzfristig abgesagt werden, weil die Aufräumarbeiten nach dem Festival noch nicht abgeschlossen sind. Besucher kritisieren die Toilettensituation. Genauso gibt es aber auch jedes Jahr Verbesserungen: Müll wird öfter abgeholt, es gibt mehr Dixiklos, nach den ersten Staus erfolgt der Autoeinlass über ein Feld. Die Ticketpreise steigen von Jahr zu Jahr, genauso die Zahl der Besucher (2015 sind es zum ersten Mal 25 000) sowie Bühnen und Künstler (2018 sind es bereits 150, darunter der internationale Topstar Paul Kalkbrenner, bekannt durch "Sky and Sand"). Das Rahmenprogramm wird ausgebaut, es gibt 2017 ein 38 Meter hohes und 125 Tonnen schweres Riesenrad. Besucher reisen immer eher an. "Jedes Jahr gibt es eine Weiterentwicklung, bei Technik, Booking, Deko", sagt Daniel Grabow. Die Besucher sind gut gewappnet: Mit 100 Suppenterrinen (zu Siebt) oder Dosenravioli, die eben auch mal kalt gegessen werden, wenn ein Gaskocher durch die höchste Waldbrandstufe eher ungeeignet ist.
20 der 40 Unternehmen, mit denen man zusammenarbeitet, sind aus der Region, sagt Grabow 2018. Der Stadtbote schaut sich an, wie viel Geld die Besucher im Vorfeld in Frankfurt ausgeben: bis zu 300 Euro für Essen und Trinken. 2018 gibt es eine Sturmwarnung, für anderthalb Stunden wird das Festival unterbrochen. Im Jahr zuvor verzögert sich die Genehmigung fürs Festival durch die Stadt, es gibt neue Lärmschutzauflagen. Auch deshalb führen nun neue Partner, die auch andere erfolgreiche Festivals organisieren, das Helene Beach weiter.