Traditionsbewusstsein und Bodenständigkeit sind ein kostbares Gut geworden in der immer konsequenter vermarkteten Welt des professionellen Fußballs. Auch der FC Bayern hat mit der Debatte rund um sein Engagement mit WM-Ausrichter Katar zu kämpfen. Jahrestage erden, machen demütig und werfen einen Blick zurück, wie es früher war. Zum 70. Todestag des Vereinsgründers Franz John kommen Mitglieder des FC Bayern Fanclubs „Wir sind wir – die Spreeadler“ zum Fürstenwalder Friedhof, legen Blumen nieder und gedenken dem Fußballvisionär. Unter dem ersten Präsidenten Franz John zeigte sich der FC Bayern bereits weltoffen, tolerant, zielstrebig, Neuerungen gegenüber aufgeschlossen, aber auch bodenständig.
Obwohl John nur von 1900 bis 1903 in seinem Amt blieb, prägte er den Club mit seinen Vorstellungen enorm. Doch wer war der Gründer und Namensgeber des FC Bayern München?
Es ist der 28. September 1872, als in Pritzwalk, im Nordwesten der preußischen Provinz Brandenburg, Franz Adolf Louis John das Licht der Welt erblickt. Mit seinen Eltern kam er zunächst in die am Rande Berlins gelegene Gemeinde Pankow, wo er sich als Elfjähriger der Fußballmannschaft des VfB Pankow anschloss. Im Verein machte er die Bekanntschaft mit Gustav Manning, dem späteren Schriftführer des DFB, der Franz John später in München maßgeblich unterstützen sollte.

Zeit in München und Gründung des FC Bayern

Nach einer Ausbildung zum Fotografen in Jena zog es ihn schließlich nach München, wo er sich im Stadtteil Schwabing niederließ und Mitglied der Fußballabteilung des MTV München wurde.
Beim Turnverein wurden die Kicker von der turnenden Mehrheit eher herablassend behandelt. Und als am 27. Februar 1900 bei einer Mitgliederversammlung das Thema Fußball von der Tagesordnung abgesetzt wurde, verließen elf Herren wutschnaubend den Versammlungssaal, gingen vom Gasthaus „Zum Bäckerhöfl“ in das Restaurant „Gisela“ und beschlossen dort die Gründung des Münchener Fußballclubs „Bayern“. „Um den Namen wurde noch hart gekämpft. Ich und andere waren für BAYERN, andere fürchteten eine Verwechslung mit Bavaria“, heißt es in einem erhaltenen Brief von Franz John.
John wurde gleichzeitig zum ersten Vereinspräsidenten gewählt. Unter seiner Führung entwickelte sich der Verein binnen kürzester Zeit zur stärksten Kraft im Münchener Fußball. 1901 qualifizierte er sich mit der Mannschaft erstmals für das Halbfinale um die süddeutsche Meisterschaft.

Zurück nach Pankow

1903 verließ er den FC Bayern München und kehrte nach Pankow zurück. Warum, ist nicht bekannt. Sein Nachfolger wird Willem Hesselink, als Holländer nach bayerischem Geografieverständnis ebenfalls „a Preiß“, ein Preuße. In Pankow erwarb der gelernte Fotograf John ein Fotolabor. Später engagierte er sich auch wieder bei seinem Stammverein VfB Pankow und übernahm auch dort für zwei Jahre das Präsidentenamt. Später sagte er: „Meine Münchener Jahre, sie waren doch meine schönsten.“ 1925 wurde John in seiner Abwesenheit zum Ehrenpräsidenten des FC Bayern München ernannt, der Kontakt zum FCB gestaltete sich in Berlin immer loser.
1947 richtete Präsident Kurt Landauer folgende Zeilen an ihm: „Wie Sie den Club geleitet haben in den ersten Jahren seines Bestehens, so ist das für fast alle späteren Vorsitzenden richtungsgebend und maßgebend gewesen. Ihr Vorbild war der Leitstern und die Erfolge haben bewiesen, dass wir auf dem richtigen Wege gewesen sind.“
Doch die Bayern verlieren ihren ersten Präsidenten aus den Augen – oder er sie. Erst 47 Jahre nach seinem Tod kam der Stein wieder ins Rollen. Zum 100. Jubiläum des Klubs ließ der FC Bayern, auf Initiative von Fans des Vereins, auf Franz Johns verfallenem Grab auf dem Neuen Friedhof in Fürstenwalde einen neuen Gedenkstein im Andenken an seinen Gründungspräsidenten aufstellen.

Wer in Fürstenwalde dem Vereinsgründer gedenkt

Das Grab liegt heute versteckt hinter einer hohen Hecke, aber die Erde ringsum ist frisch geharkt. In den Vereinsfarben rot, weiß und blau sind die Gestecke nicht gehalten, die auf dem Grab des ersten Präsidenten des FC Bayern München liegen, sondern sind eher dezent, in Orange- und Brauntönen.
Auch Ronny Meyer ist an diesem Tag auf dem Friedhof. Erst hat der 45-jährige Seelower die Grabstelle seiner Mutter besucht, dann tritt er an das Grab von Franz John. „Ich war damals mit im Fürstenwalder Fanclub des FC Bayern München“, sagt Meyer. Das war in den 1990er Jahren. „Wir waren so 20 bis 30 Leute und sind mit zu den Spielen nach München gefahren“, weiß er noch gut. Zunächst habe sich das Vereinsheim in der August-Bebel-Straße in Fürstenwalde befunden, direkt neben der Polizei, wo heute der Lidl steht. Als klar war, dass der Discounter die Fläche bekommt, sei das Vereinsgebäude abgerissen worden und auch das benachbarte Opelhaus, das die Fußballfans gesponsert habe, sei verschwunden.
Der Fanclub „Bayernfreunde `96“, der damals von Hans-Jürgen Leopold geleitet wurde, zog um nach Langewahl. „Dort hatten wir im Kulturhaus noch einen Raum“, erinnert sich Ronny Meyer. Er selbst sei jedoch irgendwann ausgetreten, als er aus Fürstenwalde wegzog.
Franz John kann Ronny Meyer natürlich nicht persönlich gekannt haben – dafür ist er zu jung. Warum der Bayern-Präsident in Fürstenwalde bestattet ist, hat er aber noch vage im Hinterkopf. „Ich glaube, seine Schwester hat hier gelebt“, sagt Meyer.
Um das Grab von Franz John kümmert sich am Jahrestag auch der Bayern Fanclub „Wir sind wir – die Spreeadler“ aus Tauche. „Wir fahren jedes Jahr hin, legen einen Kranz nieder und pflegen das Grab“, sagt Martin Kränke vom Fanclub.