"Die kriegen sie sowieso nicht", dachte sich Marco Ludwig von der Fürstenwalder Helmut Schmidt GmbH. Im vergangenen September kamen Diebe auf eine Baustelle des Straßen- und Tiefbauunternehmens. "Ein zwei Monate alter Bagger mit Anhänger wurde entwendet", berichtet Ludwig. 38 000 Euro einfach so weg, plus 2000 Euro für den Anhänger. Ludwig glaubt, die Maschinen würden in Container verfrachtet, oder in Einzelteilen verkauft. Mit einem Fahndungserfolg der Polizei rechnete er damals nicht. Das Fahrzeug sei natürlich versichert gewesen. Doch den Betriebsleiter kann das nicht wirklich trösten. "Das Ding ist trotzdem weg."

Firmen ziehen Konsequenzen

Anfang der 2000er Jahre hätten sich die Diebe eher ruhig verhalten, so die Einschätzung von Ludwig. "Jetzt scheint es wieder loszugehen." Die Helmut Schmidt GmbH hat daher Konsequenzen gezogen. "Die Geräte werden von der Baustelle wieder in die Firma zurückgebracht", sagt Ludwig. Anhänger würden mit einer Klaue und der Bagger mit einem Codier-Schlüssel gesichert. Nur GPS-Tracking nutzt die Firma nicht. Das sei oft zu teuer und Ludwig glaubt: "Die Diebe sind sowieso einen Schritt voraus."
Worauf genau es die Kriminellen auf den Baustellen abgesehen haben, variiert dabei. "Grundsätzlich ist kein besonders bevorzugtes Diebesgut erkennbar", erklärt Bernd Böttcher, Sprecher der Polizei in Fürstenwalde. Es sei zwischen Diebstählen zu unterscheiden, die aufgrund günstiger Gelegenheit, wie zum Beispiel einer schlechten Baustellensicherung, begangen werden und solchen, die gezielt ausgeführt werden. "Diebstähle aufgrund günstiger Gelegenheiten betreffen eher leicht bewegliche Güter wie kleinere Baumaschinen oder Baustoffe", sagt Polizeisprecher Böttcher. Gezielt und organisiert durchgeführte Diebstähle würden eine besondere Spezialisierung oder Ausrüstung der Täter bedingen. Dabei seien oft Treibstoffe aus Baumaschinen, größere Baumaschinen selbst, deren Anbauteile oder Baustoffe in größerer Menge oder Gewicht das Ziel der Täter.
Das Phänomen ‚Baustellendiebstahl’ zieht sich durch die gesamte Branche. Im Landkeis Oder-Spree wurden laut Kriminalitätsstatistik 2019 56 "Diebstähle aus beziehungsweise in überwiegend unbewohnten Neu- oder Rohbauten und Baustellen" erfasst. In Fürstenwalde selbst wurden 14 solche Delikte gemeldet. 2018 waren es nach Angaben der Polizei noch 20 Baustellendiebstähle. Laut Böttcher schwankt die Zahl sowohl im Kreis als auch in Fürstenwalde von Jahr zu Jahr.
Ebenfalls betroffen ist das Haus- und Wohnungsbauunternehmen Bonova mit Sitz in Fürstenwalde. "Auch auf unseren Baustellen kommt es ab und an zu Diebstählen", sagt Unternehmenssprecherin Katja Kargert. Gestohlen wurden vor allem Baumaterialien, Maschinen und Geräte. Es käme auch vor, dass Büro- und Werkzeugcontainer aufgebrochen werden, sagt Kargert. Auch zu Kabeldiebstählen sei es schon gekommen. Um die Straftaten so weit wie möglich einzudämmen, wurden auch bei Bonova Vorkehrungen getroffen. "Wir schützen unsere Baustellen auf verschiedenen Wegen", erklärt die Sprecherin. Eine Möglichkeit sei der Einsatz eines Personenwachschutzes oder von elektronischen Überwachungssystemen. Letztere seien direkt mit einem Sicherheitsdienst oder der Polizei verbunden. "Wir setzen ebenfalls auf Kameraüberwachung mit Bewegungsmeldern. Und wir sichern unsere Baucontainer mit speziellen Vorrichtungen geben Einbrüche ab", betont Kargert.
Wenig betroffen zu sein scheinen dagegen die Baustellen von Miwe Massivhaus. "Vor 15 Jahre wurde uns eine Leiter gestohlen", sagt Firmenchef Michael Weidner. Alle Geräte werden im Transporter wieder mitgenommen. "Wir lassen nichts auf der Baustelle liegen", sagt Weidner und fügt hinzu: "Das sollte man auch nicht."

Verlust wird einkalkuliert

In der Branche hat man gelernt, mit dem Risiko von Diebstählen umzugehen. "Sicherlich ist es bitter, wenn Material geklaut wird", sagt Marco Ludwig, "aber das kalkuliert man mit ein." Alles könne man nicht absichern. In fest verschlossene Container werde kaum eingebrochen. Wo das Diebesgut am Ende verbleibt, ist hingegen oft unklar. "Die Wege der Hehlerei sind wenn überhaupt nur bei individuell gekennzeichnetem Diebesgut nachvollziehbar", sagt Polizeisprecher Bernd Böttcher Es sei davon auszugehen, dass ein Großteil unterschwellig veräußert werde.